1.9 Loewe

1926 gab es auf dem Radiomarkt eine kleine Sensation: Loewe schuf die Dreifachröhre mit der integrierten Schaltungstechnik. Das war nicht nur eine entwicklungstechnische Meisterleistung (bei der Manfred von Ardenne einen gebührenden Anteil hatte), diese Konstruktion ermöglichte auch sehr billige Empfangsgeräte für Lautsprecherbetrieb.

Kosteten die zuvor trafogekoppelten Apparate dieser Art annähernd 100 Mark, so konnte das Loewe Gerät OE333 für weniger als die Hälfte – nämlich 39.50 Mark angeboten werden. Nur – Radiohören konnte man damit noch nicht. Ganz abgesehen von den Batterien waren noch die Steckspu-len erforderlich und natürlich der Lautsprecher. Trotzdem – die ganze Branche wurde durch diesen sensationell niedrigen Preis aufgeschreckt. Graf Arco besuchte den als Verursacher ausgemachten Baron von Ardenne in seinem Labor, konnte sich aber nicht zu einer Zusammenarbeit entschließen. Doch der Schock tat seine Wirkung – Telefunken hatte schon nach dem Erscheinen des NF333 ihre an Schlichtheit nicht zu überbietende „Arcolette“ entwickelt und reduzierte nun deren ursprünglichen Preis von 49.50 Mark. Jetzt kostete sie – wie viel wohl? – natürlich 39.50 Mark.

 

 radiochronik zwanzigerjahre 130

 

Der äußerst schlichte Telefunken Dreiröhren Widerstandsverstärker Arcolette wurde durch Aufstecken eines Spulen Variometers zum Ortsempfänger. Es gab jede Menge Konkurrenten, deren Geräte gezwungenermaßen auf diesem Preis landeten, z.B. Blaupunkt (mit dem Typ VII), Brandt (mit dem B3), Fernfunk (mit dem D17), Schneider Opel (mit dem EOSII) und Seibt (mit dem EA349) – alle mit drei Einzelröhren. Und weil TeKaDe auch schnell eine Dreifachröhre (ohne integrierte Schaltungstechnik) auf den Markt brachte, konnte man die damit bestückten Gerätchen zum gleichen Preis in den Fertigungsprogrammen der Firmen Brandt (D3), Kramolin (RDV40), Radio Amato (Type 3033) und Schneider-Opel (EOS1) finden.

 

radiochronik zwanzigerjahre 129

 

Der Loewe-Ortsempfänger OE 333 wurde zwischen 1926 und 1928 zum meistverkauften „Volksradio“. Mehrere hunderttausend OE 333 verließen die Firma Radiofrequenz bzw. Loewe – so etwas gab es nicht zuvor, und (bis 1933) auch nicht danach.

 

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Roland Brandt offerierte seine 39.50 Mark Gerätchen wahlweise mit drei Einzelröhren oder mit der TeKaDe Dreifachröhre

 

radiochronik zwanzigerjahre 131

 

Nach den großen Verkaufserfolgen der billigen Empfänger dieser Art wurden sie 1928 in Bakelit Gehäusen geliefert. Brandt verkaufte davon 40.000 Stück und konnte den Preis für dieses Modell (mit drei Röhren ohne Spulen) auf 37.50 Mark reduzieren. Die ersten, alle nach dem gleichen Schema aufgebauten „Volksradios“ waren jetzt zu haben – Loewe sei‘s gedankt.

 

radiochronik zwanzigerjahre 133

 

1927 gab es in Deutschland schon über 1,7 Millionen Radiohörer – die billigen Ortsempfänger ermöglichten nun manchem „Detektorhörer“ das „Lautsprecher Hörerlebnis“. Und es gab eine weitere Marktbereinigung. Zahlreiche Firmen, auch solche, die 1925/26 noch Marktgeltung gehabt hatten, gaben auf, die verbleibenden fanden aber noch nicht zu industriellen Konzeptionen für rationelle Serienfertigungen. Auch die Größeren nicht.

 

Und es existierten 1927/28 noch alle Gerätebauformen nebeneinander:

1. der Detektorapparat sowie einfache Audions bis zum 39,50 Mark-. Ein Gerät mit außen aufgesteckten Spulen und Röhren,

2. pultförmig aufgebaute Geräte, meist noch batteriebetrieben, die teils aber bei Verwendung eines Netzanschlussgerätes auch auf Wechselstrombetrieb umgestellt werden konnten,

3. das Truhengerät (amerikanische Bauart), jetzt meist mit Zwischenboden bzw. unterseitiger Verdrahtung,

4. Großgeräte, bis zum Acht­ oder Neun­ Röhren ­Superhet, überwiegend noch batteriebetrieben,

5. Kleine Orts.-­ und Bezirksempfänger, welche bereits (durch Verwendung der neuen, indirekt geheizten Röhren) ohne Zusatzgerät am Wechselstromnetz betrieben werden konnten.

 

radiochronik zwanzigerjahre 135

 

Das primitivste von 1928: Der Lorenz Volksfreund 2, dessen Netzanschluss Gerät (66.- Mark) viel teurer war als der Empfänger.

 

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Der Telefunken 4 war noch ein Batteriegerät, das aber als Type T4 a auch mit Netzteil betrieben werden konnte.

 

radiochronik zwanzigerjahre 136

 

Der erste Zweikreis Netzempfänger von 1927 mit eingebautem Lautsprecher: Huth Radiozirk. Das Trichtersystem ist erkennbar.

 

radiochronik zwanzigerjahre 134

 

Den Vogel abgeschossen hatte wohl die Firma Tefag, die 1927 ein Exklusivmodell nach dem Entwurf des berühmten Möbel­ und Raumgestalters Prof. Bruno Paul auf den Markt brachte: den Acht­ Röhren Supertefag (siehe auch Abb. in 3.99) zum sagenhaften Preis von 1084.- Mark, ohne die Röhren und den Lautsprecher, welcher noch nicht ins Gerät eingesetzt wurde.

 

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