3.86 SABA, Villingen

 

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„Schwarzwald ­Uhren“ mit dem weltbekannten Kuckucksruf sind im Kreis spezieller Uhren-Sammler begehrt, welcher den der Radioliebhaber mengenmäßig um ein Vielfaches übertrifft. Ob solch ein Sammler im Besitz einer „Jockeles­ Uhr“ aus der Werkstatt des Triberger Unternehmers Benedikt Schwer ist? Wir wissen es nicht. 1835 hatte er sein „Fabrikle“ gegründet und Schwers Nachkommen nahmen dieses Datum zum Anlass, 1935 das „Hundertjährige“ der SABA ­Werke zu feiern. In annähernd 90 dieser 100 Jahre hat aber weder der Großvater Benedikt, noch der Vater August etwas vom Radio geahnt. Und auch der gelernte Uhrmacher Hermann Schwer, der 1905 den Betrieb übernahm, hatte in den ersten 20 Jahren als Prinzipal noch seine Sorgen mit der Fertigung von Uhren, Metallwaren und Fahrrad­ Klingeln.

 

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Für ihre elektrische Klingeln warb SABA letztmals 1924/25. Ob es ein besonderer Vorteil war, dass sie „geräuschlos“ arbeiteten?

 

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Inserat aus: „Der Radio-Amateur, Februar 1924

 

Schwer hatte 1918 die „Waldmühle“ – ein früheres Landgasthaus – erworben und umgebaut. Das gehörte zur kleinen Stadt Villingen, die damit zur Heimat der SABA ­Werke, genauer: der Schwarzwälder Apparate ­Bau ­Anstalt, werden sollte. Das Fertigungsprogramm wurde durch Schwachstromartikel erweitert und 1924 kam SABA mit Kopfhörern auf den Markt. Der Kopfhörer-Markt war 1924/25, als die meisten Besitzer von Detektorapparaten oder Einröhren-Audions noch am so genannten „Doppel-Kopf-Telefon“ lauschten, hart umkämpft. Rund hundert Firmen wollten mit noch mehr verschiedenen Modellen ihre Geschäfte machen. 

SABA-“Radio-Fernhörer“ genossen schon 1924 einen guten Ruf. NF­-Trafos, „Low­ Loss“­ Spulensätze und die schönen „Orthometer“ ­Drehkondensatoren folgten den Kopfhörern und SABA wurde schnell zum Begriff für Radio­teile in Schwarzwälder Präzisions ­Qualität. 1926 stellten die Villinger in Selbstbausätzen alle Teile zum Aufbau hochwertiger Geradeausempfänger zusammen. Die Modelle AN, MAN und vor allem HANN 26, 27, 28 und HANN 2000 stehen auf der Wunschliste des Radiosammlers – der Leser findet sie im Kapitel 18.7. Nachdem SABA 1927 – als einzige Firma in diesem Jahr – die Telefunken-Bauerlaubnis erworben hatte, konnten die Bausätze auch im Werk montiert und die Empfänger betriebsfertig ausgeliefert werden.

 

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Vor 1927 konnte die "Schwarzwälder-Apparate-Bau-Anstalt" nur Einzelteile zum Selbstbau verschiedener Empfänger liefern (siehe auch „Der Radiobastler“). Nachdem schließlich die Telefunken Bauerlaubnis erteilt wurde, durfte Hermann Schwer endlich betriebsbereite Geräte auf den Markt bringen. Zu den ersten SABAs zählte das hier abgebildete Modell H 27. Es war auch in einem normalen Holzgehäuse zu haben, besonders aber schätzt der Sammler dieses gläserne. „Wenn schon die Orthometer und Low-Loss-Spulensätze so schön sind“ – das meinten 1927 nicht nur ihre Hersteller – „dann muss man sie doch nicht verstecken“.

Mancher Sammler hat seinen „Glas-Hann“ (als Bausatzgerät ohne SABA Firmenschild) selbst aufgebaut. 1927/28 offerierte SABA einen Einkreiser mit 3 Röhrensystemen – den Gulliver für Batterie- oder Wechselstrombetrieb. Die SABA - Kunden ließen ihn links liegen. Für den Sammler hingegen wäre der sehr interessant, weil er mit einer Zweifachröhre (die W-Type mit RENZ 2104) ausgestattet war. Danach (1929) gab‘s die 2- Röhren- Typen WN 2 / GN 2 (siehe Anhang A I, R-Z, S. 16).

 

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Universum hießen 1928/29 die in hochwertige Edelholz-Gehäuse eingebauten SABA­ Zwei­ und Dreikreis ­Batterie­ und Netzempfänger. Zu Ihnen gesellte sich der Kurzwellenempfänger KE und als preiswerte Zweikreis-Variante gab‘s noch den Oekonom. Für den SABA Freund mit unbegrenztem Budget schufen die Villinger den 1750.- (mit Röhren 1976.- ) RM teuren Musikschrank „Orgon“.

 

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Der Kundenkreis für die 1928er SABA Radioapparate, insbesondere für die aufwendig verarbeiteten „Großen“ und für den teuren Musikschrank Orgon hielt sich in Grenzen und damit auch der Umsatz. Aufgrund einer zu dünnen Finanzdecke war Hermann Schwer in den Zwanzigern stets auf Fremdkapital angewiesen. Neben Banken und einem Teilhaber hatte sich auch der vielseitig engagierte „Schiele & Bruchsaler Industrie-Konzern“ (SBIK) an SABA beteiligt.

 

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Dieser Dreikreis-Neutrodynempfänger Universum 6 WN war 1928 – vom Musikschrank Orgon abgesehen – Hermann Schwers Prunkstück. Fünf Röhren REN 1104 (von SABA geprüfte, und für jede Stufe ausgewählte Einzelstücke), eine Kraft-Endröhre RE 604 und eine Gleichrichterröhre RGN 2004 enthält das 410 Mark teure Luxusmöbel. Auch der 12 kg schwere „Rice-Kellogg“- Lautsprecher DG 2 kam nicht von schlechten Eltern.

 

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Ebenfalls zu den Sammler-Schätzchen zählt dieser SABA- KE, welcher ein „Kurzwellen-Orthometer“ (Endkapazität 110 cm) enthält. Mit der kleinsten Steckspulenkombination sind die Wellen von 15 bis 45 m zu empfangen, es gab aber auch mehrere Wechselspulen für den Empfang längerer Wellen.

 

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Inserat aus: „Die Sendung“, 1928 

 

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Unter den 1928 und 1929 entwickelten neuen Gerätetypen ist insbesondere der hier abgebildete SABA Oekonom 2300 u erwähnen.

 

Nur das Blechgehäuse macht einen billigen Eindruck, der Blick ins Innere dieses Vierröhren­ Zweikreisers lässt (mit Ausnahme der kleineren NF-Trafos) die hochwertigen SABA ­Bauteile erkennen, wie sie auch in den teuersten Modellen eingebaut wurden. Der Oekonom war 40 Mark billiger als der Universum 4 – er kostete 170.-, mit Röhren 192,- Mark. Auf dem Trichterlautsprecher steht SABA, fabriziert wurde er jedoch bei Lenzola.

 

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„Der Sieger“ – so betitelte Hermann Schwer das SABA ­Erfolgsmodell S 35 von 1930. Mehrere 10.000 Stück dieses mit drei Schirmgitterröhren bestückten Zweikreis ­Netzanschlussgerätes wurden in kurzer Zeit verkauft. Es katapultierte SABA in den Kreis der umsatzstärksten Rundfunkwerke.

 

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Für die Saison 1929/30 brachte SABA eine Palette mit preiswerteren Musikgeräten auf den Markt. Es gab verschiedene Ausführungen mit Zwei- und Dreikreiser-Chassis. Dieser Sabaphon A mit dem Zweikreis-Empfangsteil kostete nur 880.- Mark. Zeitweise wurden Schwers Abhängigkeiten von den Geldgebern so groß, dass sogar mit Telefunken über ein Engagement gesprochen wurde. Im Nachhinein war man froh, dass damals diese Verhandlungen zu keinem Ergebnis geführt hatten. 1930/31 nämlich ging es steil aufwärts – SABA konnte mit dem Zweikreisgerät S 35 W einen ähnlichen Erfolg verbuchen, wie ihn 1929 Lumophon mit dem Gloria oder Mende mit dem kleinen E 38 erlebt hatte.

Wenn es auch nicht 100.000 Stück dieses Typs waren (SABA rechnete zuvor gebaute Geräte dazu), so wurden bis Ende 1931 doch mehrere 10.000 des dann als „Sieger“ bezeichneten Empfängers abgesetzt. Endlich konnte Hermann Schwer wieder aufatmen und sich aus Abhängigkeiten befreien. Der Züricher Eugen Leuthold war seit 1929 für die Technik verantwortlich. Ansonsten hörte man – wie Hans Georg Brunner­-Schwer, der spätere technische Geschäftsführer, als Kindheitserinnerung zu berichten wusste – im Villinger Labor vor allem den sächsischen Dialekt. Aus Berlin, Dresden, Leipzig und Staßfurt, wo die bedeutende Radioindustrie zuhause war, holte sich SABA ihre Fachleute. Es war eine erfolgreiche Mannschaft, die den Ruf der Schwarzwälder Präzisionserzeugnisse ins rechte Licht zu rücken verstand. Primitive Empfänger, wie den Detektorapparat oder die „39,- Mark Gerätchen“ mochten die Villinger nicht – hatten sie auch in ihren Bausatz-Serien von 1927 nie angeboten. Sie ließen auch den magnetischen Lautsprecher links liegen und bauten von Anfang an in ihre Geräte nur den „Dynamischen“ ein.

 

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Drin war dasselbe wie im vorjährigen Modell S 35, aber er bekam ein gefälligeres Gehäuse und es gab ihn auch mit eingebautem Lautsprecher. Den Zweikreiser 31 W mit getrenntem Lautsprecher Dino P sowie den 31 WL mit eingebautem Lautsprecher konnte man auch für Gleichstromanschluss bekommen.

 

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Eine Neuentwicklung war 1931 der Vierröhren-Dreikreiser 41 W. Auf dem deutschen Markt war es der erste mit einer bedingt wirksamen Schwundregelung.
Hinter ihm steht wieder der elektrodynamische SABA-Lautsprecher Dino P. Viel verkauft – deshalb heute noch nicht selten – waren die Bakelit­ Modelle von 1931, 1932 und 1933, unter denen sich nur ein einziges Einkreisgerät befand – die Fertigungs-Schwerpunkte bei SABA waren stets Zwei­- und Dreikreiser.

 

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Das Bakelitgehäuse wurde verändert, die Skala neu gestaltet – jetzt mit Stationsnamen. SABA blieb auch 1932 bei der Strategie: „Großserienproduktion marktgerecht geplanter Empfänger zu konkurrenzlosen Preisen“. Von den Geradeaus-Empfängern verblieben nur die Zweikreisgeräte im Fertigungsprogramm.

Im Bild links: Dreiröhren-Zweikreiser 310 W mit getrenntem Lautsprecher DWP 33, rechts: die Kombination 310 WL. 1932 brachten die Villinger außer dem Zweikreisgerät ihren ersten Superhet 520 W auf den Markt. Mit fünf Röhren war er bestückt, und mit fünf Kreisen, und er kostete (ohne Röhren) nur 225.- Mark.

 

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Klein war die Auswahl unter den SABA ­Modellen von 1932, groß der Umsatz: SABA wurde damit nach Mende zum Marktführer. Andere Radiohersteller brachten pro Saison ein halbes Dutzend verschiedener Modelle auf den Markt, SABA beschränkte sich auf zwei Grundtypen: die 310er Zweikreiser und die neuen 520er-Superhets.

Links steht der 1932 erschienene SABA ­Fünfröhren ­Super 520 WL, das Gerät mit der unterschiedlichen ZF für den Mittel­ und Langwellenempfang (175 / 52 kHz). Auch mit getrenntem Lautsprecher war er zu haben – als 520 W.

Rechts im Bild: der 1933er Superhet 521 W mit vergrößerter Skala und „Wellenvisierlampe“, dahinter der passende Lautsprecher DWP 20. 1933 hatte man letztmals die Wahl unter SABA­ Geräten ohne, oder mit eingebautem Lautsprecher.

Nach Mende wurde SABA von 1932 bis 1934 Marktführer unter den „Bauerlaubnisnehmern“. Die beiden Konkurrenten waren sich nicht nur in ihrer Marktbedeutung ähnlich: Beide wurden durch ein bestimmtes Modell erfolgreich. Bei Mende konstruierte es Günther, bei SABA Leuthold. In beiden Betrieben wurde viel sächsisch gesprochen (SABA holte sich die Fachleute aus Dresden, was die Inhaber nicht hinderte, zeitweise sogar freundschaftliche Beziehungen zu pflegen). Ende der Fünfziger versuchten beide Firmen, durch Aufkäufe der vertragswidrig in die Kaufhäuser gelangten Geräte, ihre Fachhandelstreue zu beweisen; und beide erstickten schließlich – SABA über den „GTE ­Umweg“ (siehe Kapitel 9) – in der ausgedünnten Atmosphäre des französischen Thomson­Brandt-Staatskonzerns.

 

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Mit den Zweikreisern hatten die Villinger den Markt erobert, mit ihren (wenigen) Einkreis-Empfängern lagen sie meistens schief. Dies betrifft insbesondere das Modell 211 WL, welches SABA 1933 offerierte. „Das beste Einkreisgerät, das je gebaut wurde“ – ließen seine Schöpfer verlauten – doch das war’s wirklich nicht. Selbst im Werk war man über den mit zwei Trioden und einer Endpentode bestückten Empfänger so unglücklich, dass schnell das Nachfolgemodell 212 WL mit Eingangsbandfilter und Schirmgitterröhre entwickelt wurde, welches, als es geliefert werden konnte, zum gleichen Preis zu haben war. Klammheimlich strich man den 211 WL aus allen Listen und manche glaubten, er sei überhaupt nicht auf den Markt gekommen. Eben das ist der Grund, warum dieser äußerst seltene SABA-Einkreiser von Sammlern so gesucht ist.

 

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Innenansicht des SABA Einkreisers 211 WL, Baujahr 1933

 

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1934 offerierte SABA den Synchron ­Selektiv 330 WLP (rechts im Bild) wahlweise in einem Bakelit­ oder Holzgehäuse. Das Bandfilter zwischen der ersten und zweiten Stufe dieses Dreiröhren-Gerätes verhilft dem Empfänger zu der bemerkenswerten Trennschärfe. SABA entwarf, dem Trend entsprechend, weniger hohe Gehäuse und verwendete deshalb einen ovalen „Parabol­ Lautsprecher“ mit Nawi­Membran.

Links steht der Super 630 WLK, ein Vierröhren Siebenkreiser, der auch als „Weltsuper“ bekannt ist. Er hat neben dem Mittel­ und Langwellen- noch einen Kurzwellenbereich.

 

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„Ich will den besten Radio“ – unter diesem Titel verfasste Otto Kappelmayer eine Werbeschrift für die "Schwarzwälder Apparate-Bau-Anstalt". Drei Argumente fand er, die für den Kauf eines „SABA“ sprachen:

1. Weil der Saba-Apparat formschön ist

2. Weil unsere Nachbarn den Saba-Empfänger loben

3. Weil Saba-Apparate die geringsten Reparaturen haben!

 

Und weil diese Argumente nicht unbedingt überzeugend wirkten, schob er noch vier SABA-Qualitätsmerkmale nach:

1. Guter Klang

2. Scharfe Trennung der Sender

3. möglichst viele Stationen

4. Einfache Bedienung

 

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Nach heutigen Maßstäben würde Kappelmayer der Klasse ideenreicher Werbetexter nicht zugerechnet werden. Doch er machte sich noch weitergehende Gedanken und kam zu ganz wunderbaren Erkenntnissen, die hier dem Leser nicht vorenthalten.

 

Zitat: "Jetzt wissen wir’s: die Schwarzwaldluft ist’s, wonach die Röhren lechzen!"

 

Auch SABA selbst war die gute Schwarzwaldluft in diesen Jahren gut bekommen. Mit den Bakelit-Modellen hatte man gutes Geld verdient, und steigenden Ansprüchen, verbunden mit dem Wunsch nach edlen Holzgehäusen war mit den 1934er Modellen Rechnung getragen worden. Sie ließen sowohl die Gestaltung als auch die Technik betreffend, nichts zu wünschen übrig. Nun galt es, mit der weiteren Entwicklung Schritt zu halten. Auch die Gehäuseformate sollten eine Veränderung erfahren.

 

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„In der kommenden Saison werden die führenden Firmen mit Radios im Querformat auf den Markt kommen“, hörte man 1934 in Fachkreisen, und SABA wollte unter den ersten sein. Also setzten die Villinger kurzerhand das Chassis des Dreiröhren-Dreikreisers 330 WL in ein flaches Gehäuse, in dem links der Lautsprecher seinen Platz fand. In der Zwischensaison, im Frühjahr 1935, erschien dieses hier abgebildete Modell 332 WL, dessen Front den stilistisch unbefriedigenden Übergang von Hoch- zum Querformat veranschaulicht.

 

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Links im Bild der Dreiröhren ­Dreikreisempfänger 335 WL. Rechts der Vierröhrensuper 530 WL (der 531 WL hatte auch Kurzwelle). Das Gerät hat eine HF­ Vorstufe, aber bei Rundfunkempfang keine NF­ Verstärkung. Der Vorstufenkreis ist kapazitiv über einen Festkondensator von nur 8 pF angekoppelt.

 

Mit den Apparaten des Modelljahres 1935/36 hatte SABA nicht das „glückliche Händchen“. Diese Geräte verlangten nach einer gehörigen Portion Antennenenergie. An der Zimmerantenne fühlten sie sich nicht wohl und brachten bei Fernempfang als akustischen Hintergrund gratis „das Rauschen des Schwarzwaldes“ ins Heim. Die von Professor Lamprecht gestalteten Gehäuse gefielen nicht so recht und auch die relativ kleinen Ovallautsprecher entsprachen nicht der von SABA erwarteten Tonqualität. Eugen Leuthold, unter Fricker langjähriger Chef­Entwickler, musste sich gewaltig anstrengen, um den Glanz der lädierten „Königin des Rundfunks“ wieder aufzupolieren.

Dass das Modell 332 WL nicht den Vorstellungen einer zukunftsweisenden Gestaltung Rechnung tragen konnte, war den Villingern schon bewusst. Es war offensichtlich, dass man nicht einfach die Skala eines Hochformat-Gerätes in ein Querformat übernehmen konnte. Um kein Risiko einzugehen, beauftragte Hermann Schwer den renommierten Gestalter Professor Lamprecht mit dem Entwurf moderner Gehäuseformen. Nachdem die neuen Formate und ihre Bemessungen vorgegeben waren, musste der Lautsprecher verkleinert werden. Auch die technische Ausstattung glaubte man, in wesentlichen Punkten verändern zu müssen. Was dabei heraus kam, war alles andere als eine zukunftsweisende Konzeption. SABA hatte sich mit der neuen Geräte-Generation ganz schön in die Nesseln gesetzt – nicht nur die Gestaltung betreffend.

Nachdem die Empfangs­ und Tonqualität der 1935er Serie erstmals zu wünschen übrig ließ, klingelten im SABA ­Werk alle Alarmglocken. Für das Modelljahr 1936/37 aber wurden wieder sehr gute SABA Radios konstruiert. Die größten, die Typen 441 bis 444 mit der Skalen Abdeck­klappe, errangen sogar eine Goldmedaille für die formschöne Gehäusegestaltung.

 

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Bei SABA begannen die Baureihen in der Regel mit dem Zweikreiser. Mit nur einem Kreis mussten sich der Gulliver von 1927, die billigen Typen GN 2 / WN 2 von 1929 und der zuvor beschriebene 211 WL von 1933 begnügen. Nach zweijähriger Pause erschien 1936 das hier abgebildete Einkreis­ Modell 241 GWL bzw. die Wechselstrom- Ausführung 240 WL. Es waren die letzten Einkreiser aus dem Hause SABA.

Acht Schalt­ und Drehknöpfe verpasste man diesem Zweiröhrengerät. Seine drei Wellenbereiche waren nicht Kurz, Mittel und Lang – es hatte einen zweigeteilten Mittel­ und einen Langwellenbereich. Mit dem Wellenschalter konnte auch der eingebaute Sperrkreis umgeschaltet werden, und wer mit den Einstellknöpfchen richtig zu spielen verstand, erzielte die Trennschärfe eines Zweikreisers. Der Schaltknebel links (wohl ein Überbleibsel aus 1933) war übrigens nicht nur ein schlichter Netzschalter, er fungierte (beim Einkreiser!) auch als Umschalter für Nah­ und Fernempfang. SABA selbst war – die Verkaufsaussichten betreffend – skeptisch und legte das Modell nur in kleiner Stückzahl auf. Natürlich findet man es heute seltener als die größeren 1936er aus dem Schwarzwald – deshalb wird das interessante Stück in Sammlerkreisen besonders geschätzt.

 

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Mit diesem Vierröhren­ Siebenkreis­ Vorstufen Super – in den 1936er Katalogen fälschlicherweise zum „Dreikreiser“ degradiert – gelang SABA wieder ein großer Wurf. Es gab das Modell als 441 WL, 442 WLK, 443 GWL und auch als den hier abgebildeten 444 GWLK, also in Wechsel­ und Allstromausführung ohne und mit Kurzwellenbereichen. Die Gehäusegestaltung wurde 1937 auf der Pariser Weltausstellung mit einer Goldmedaille honoriert. Heute bedauert der Sammler, dass bei den mit Zink ­Druckguß aufgebauten Dreifach­ Drehkos die Leibesfülle zugelegt hat. „Wachstum“ ist bei solchen Präzisionsteilen nicht eben erwünscht.

Die Erfolgsserie sollte sich fortsetzten (wer wünscht sich das nicht); 1937 aber mit einer revolutionären Neuentwicklung: mit dem SABA­ Vollautomat – einem „Rundfunkempfänger mit Wellenfühler“.

 

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Einen Drehknopf für die Sendereinstellung hat dieser SABA 980 WLK aus dem Baujahr 1937 nicht. Man brauchte nur den Hebel (Mitte unten) anzutippen, um den Motor des Suchlaufs in Bewegung zu setzen. Alles andere – so hieß es – besorgt „Der Rundfunkempfänger mit Wellenfühler“ ganz alleine: Beim nächsten stärkeren Sender stoppt der Motor (wenn’s funktioniert) und die Motor-Abstimmautomatik sorgt für die Scharfabstimmung der (zusammen drei) Eingangs- und Oszillatorkreise. Mutig waren die Villinger da schon. Hätte es ein Flugzeugkonstrukteur gewagt, gleich den Steuerknüppel wegzulassen, wenn ein neuer Flieger mit automatischer Steuerung ausgestattet wurde. Beim SABA 980 aber war die Sendereinstellung von Hand nicht mehr möglich. Es kam, wie es kommen musste: nach der Erstserie wurde das SABA-Spitzenmodell nur noch in der Normalausführung ausgeliefert; das war die Type 680 WLK.

Zur Ausstattung des 980 WLK: In dem 30 kg schweren Gerät steckt ein Vorstufensuper mit neun Kreisen und elf Röhren (drei davon dienen der Automatik): AF 3, AK 2, AF 3, AF 7, AF 7, AF 7, AB 2, AB 2, AF 7, die AL 5 und eine RGN 2004. Dieses Modell 980 WLK wäre sicher noch von seinen Mängeln befreit worden, wenn nicht Rüstungsaufgaben die Zurückstellung solcher Arbeiten erzwungen hätten. So konnte das Sendersuchlauf­-Verfahren erst zum Modelljahr 1954 perfektioniert werden und blieb dann für mehrere Jahre die weltberühmte SABA­ Domäne.

1937 fand zwar der „Vollautomat“ die größte Beachtung, gekauft aber wurde der 516.75 RM teure Spitzensuper nur von wenigen Kunden. Die großen Umsätze wurden mit den Geräten der unteren und mittleren Preisklasse getätigt, das waren die Zweikreiser (195.75 RM) und Superhets (233.50 RM) mit je drei Röhren sowie ein Vierröhren Hochleistungs Super (288.– RM). Die Preise gelten für die Wechselstrom-Modelle einschließlich Röhren.

 

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„Die neue Feinbau-Serie“ – so warb SABA 1937 für seine Geräte. Zehn Modelle – sechs in Wechselstrom- und vier in Allstrom-Ausführung – derart viele hatte SABA noch nie im Katalog. 

Der kleinste unter ihnen war dieser Zweikreiser 243 WL mit dem Bandfilter im Eingang und den Röhren 2 x AF 7 (die zweite arbeitete in Audion-Schaltung), AL 4 und AZ 1. Klein ist aber nur die Kreiszahl, das Gerät hat die Maße 48,5 x 37 x 28 cm und wiegt mehr als 15 kg. Radios, welche der Luxusklasse zuzuordnen sind, wie sie etwa von den Firmen Blaupunkt, Körting oder den drei Branchengrößen AEG, Siemens und Telefunken gebaut wurden, kamen aus dem Schwarzwald nicht. SABA hatte kein Gerät mit Gegentakt­ Endstufe, lag mit seinen „Großen“ zwischen denen der genannten Fabrikate und solchen von Mende.

 

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Der 1938er SABA 455 WK – ein Entwicklungssprung von der Glas- zur Stahlröhre. Aber nicht nur die neuen Röhren zeichnen dieses preiswerte Gerät (280.- RM) aus, es hat acht Kreise (Eingangsbandfilter und Dreifach-ZF-Filter) und das magische Auge in der EFM 11. Die Abstimm-Drehkos der 1938er Modelle bleiben, im Gegensatz zu zahlreichen „Zink-Druckguß-Kranken" aus den Vorjahren, wieder in Form.

 

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Die schlichte Gehäusegestaltung des 581 WK zeugt von Bescheidenheit. Und doch darf man dieses letzte, wunderschön aufgebaute SABA­ Vorkriegsmodell zu den Spitzensupern aus dem Modelljahr 1939/40 rechnen. Wie der Telefunken D 860 WK hatte er sechs Röhren und acht Kreise, die EF 13 in der Vorstufe und eine EL 12 als Endröhre. Es fehlen ihm zwar Sendertasten, dafür hat er zwei Kurzwellenbereiche und war mit 295 RM besonders preiswert. In den Kriegjahren musste SABA Militärgeräte fertigen – UKW-Empfänger für Panzerfahrzeuge. Dann wurde das Werk zerstört – noch brauchbares Material beim Einmarsch der Franzosen geplündert; verbliebene Fabrikationseinrichtungen demontiert und abtransportiert.

 

Die Geschichte des Unternehmens ab 1945 wird im Kapitel 9 – Chroniken westdeutscher Nachkriegs-Radiofirmen – unter „SABA“ fortgesetzt.

 

 

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