Willi Studer - Revox
Willi Studer, geboren als Wilhelm Mosimann, war ein einflussreicher Schweizer Unternehmer und Pionier in der Audiotechnik. Er gründete die Unternehmensgruppe Studer-Revox, die für ihre Innovationen in der Tonaufzeichnung und -wiedergabe weltweit bekannt wurde.
Willi Studer, um 1980
Inhaltsverzeichnis:
1. Frühes Leben und Bildung
2. Unternehmensgründung
3. Innovationen
4. Geschäftsausweitung
5. Vermächtnis und Anerkennung
1. Frühes Leben und Bildung
Wilhelm Mosimann, später bekannt als Willi Studer, wurde am 17. Dezember 1912 in Zürich geboren. Seine Kindheit war geprägt von Unsicherheit und Veränderungen. Er wurde unehelich geboren und kurz nach seiner Geburt von einem kinderlosen Ehepaar adoptiert, das ihm den Namen Studer gab. Studer zeigte früh ein ausgeprägtes Interesse für Technik und Elektronik, eine Leidenschaft, die durch den Besuch der ersten Radioausstellung der Schweiz in Zürich im Jahr 1925 verstärkt wurde. Seine schulische Laufbahn war von akademischer Exzellenz geprägt; er beendete seine Grundschulzeit mit Bestnoten. Im Alter von 15 Jahren begann Studer eine Lehre als Elektrofeinmechaniker, eine Entscheidung, die seinen weiteren Lebensweg maßgeblich beeinflussen sollte. Schon früh experimentierte er mit Radiotechnik und entwickelte eine Faszination für das, was damals eine revolutionäre Technologie war.
2. Unternehmensgründung
Willi Studer's unternehmerische Reise begann ernsthaft in den frühen 1930er Jahren, markiert durch mehrere wichtige Meilensteine und einige Rückschläge, die seine Entschlossenheit und Innovationskraft nur stärkten. Im Juni 1932, während einer globalen Wirtschaftskrise, gründete Studer in Lotzwil die Einzelfirma Helvetia Radioapparate-Fabrik. Dieses erste Unterfangen konzentrierte sich auf die Herstellung des Tell-Radioempfängers, unterstützt durch ein Startkapital von 3.000 Schweizer Franken, das ihm von der Familie seiner Verlobten Margrit Beck bereitgestellt wurde. Margrit war die Tochter des Zürcher Schreinermeisters Hermann Beck, und ihre Unterstützung spiegelte das persönliche Vertrauen und die Hoffnung wider, die sie in Studers visionäre Ideen setzten. Trotz seiner ambitionierten Bemühungen und der Qualität seiner Produkte führte die schwierige wirtschaftliche Lage zu schleppenden Verkaufszahlen, was letztendlich am 14. April 1934 zum Konkurs seiner Firma führte. Dieses frühe Scheitern hinterließ einige unverkaufte Geräte und einen kleinen Schuldenberg, den Margrit Beck, Studers Verlobte, übernahm. Diese Erfahrung war zweifellos prägend, doch sie schwächte seine Entschlossenheit keineswegs.
Umsatz und Mitarbeiter von Revox
Nach diesem Rückschlag fand Studer eine Anstellung bei seinem Freund Hermann Holzheu, der ihn 1938 als Chefkonstrukteur in seine Firma Sondyna AG holte. Diese Position erlaubte Studer, wertvolle Erfahrungen in der Entwicklung von Audiotechnik zu sammeln und seine Fähigkeiten weiter zu schärfen. Sein Engagement und seine Fachkenntnisse wurden während des Zweiten Weltkriegs weiter auf die Probe gestellt, als er im Juli 1942 als Rechnungsführer in einem Auffanglager für Kriegsflüchtlinge tätig wurde. Nur wenige Wochen später wurde er von dem Nachrichtendienst-Offizier Hans Hausamann in das Büro Ha abkommandiert, wo er bis Dezember 1942 für den technischen Unterhalt der umfangreichen Sende- und Empfangsanlagen an den Standorten Teufen und Kastanienbaum verantwortlich war.
Studer / Revox Firmenstruktur im Jahr 1973
Die nächste wichtige Phase in Studers Karriere begann im April 1943, als er zusammen mit seinem Freund Berthold Suhner die Firma Metrohm gründete, die sich auf die Entwicklung und Herstellung von Messgeräten für Strom, Spannung und Leistung spezialisierte. Obwohl diese Partnerschaft Ende 1947 aufgrund von Meinungsverschiedenheiten endete, legte sie den Grundstein für Studers nächstes und bedeutendstes Unterfangen. Am 5. Januar 1948 gründete er in Herisau die Einzelfirma Willi Studer, Fabrik für elektronische Apparate. Anfänglich in den Räumlichkeiten der Metrohm untergebracht, begann Studer hier mit der Auftragsproduktion von 30 Hochspannungs-Oszillographen für die Firma Emil Haefely. Im September 1948 verlegte er seine wachsende Firma nach Zürich in die Wehntalertrasse, wo er mit drei Mitarbeitern die Produktion von Hochspannungs-Oszilloskopen fortsetzte und seine ersten Schritte in die Welt der Audiotechnik unternahm.
3. Innovationen
Der Wendepunkt in Studers Karriere kam mit seiner Begegnung mit den ersten amerikanischen Tonbandgeräten nach dem Zweiten Weltkrieg, speziell dem Soundmirror-Recorder der Brush Development Company, eingeführt durch den Unternehmer Hans Caspar und seine Firma Traco Trading Co. Ltd. in Zürich. Diese Begegnung markierte den Beginn einer neuen Ära in der Geschichte der Audiorecorder. Obwohl Willi Studer zunächst keine Ambitionen hatte, eigene Tonbandgeräte zu entwickeln, änderte sich seine Perspektive, als er sich intensiv mit der Technik des Soundmirror auseinandersetzte. Er begann, Vorträge über die neuartige Tonbandtechnik an der Gewerbeschule Zürich zu halten und bildete Elektriker in Elektronik weiter. Seine Fähigkeit, komplexe technische Inhalte verständlich zu vermitteln, zeigte sich sowohl in seiner Lehrtätigkeit als auch in seiner Fähigkeit, innovative Lösungen für technische Probleme zu entwickeln.
Aufnahmegerät Studer Revox F 36 (1957)
Im Januar 1949 bot sich Studer die Gelegenheit, seine technischen Kenntnisse praktisch umzusetzen. Hans Caspar präsentierte ihm ein Soundmirror-Gerät mit der Herausforderung, dieses für den europäischen Markt tauglich zu machen. Studer erkannte schnell die technischen Mängel des Geräts und modifizierte es erfolgreich für das europäische 50-Hz-Stromnetz. Diese Modifikation verbesserte nicht nur die Leistungsfähigkeit der Geräte, sondern ebnete auch den Weg für Studer, eigene Tonbandgeräte zu entwickeln. 1950 war ein entscheidendes Jahr, als Studer das erste Tonbandgerät unter dem Namen Dynavox vorstellte. Dieses Gerät zeichnete sich durch ein einfaches Einmotorenlaufwerk aus, das in späteren Jahren durch ein wesentlich ausgefeilteres Drei-Motoren-System ersetzt wurde. Diese Entwicklung führte zu einer erheblichen Verbesserung in der Robustheit und Präzision der Geräte. Das Drei-Motoren-System, bestehend aus einem Capstan-Motor und zwei Wickelmotoren, ermöglichte eine gleichmäßigere Bandbewegung und präzisere Geschwindigkeitskontrolle, was es ideal für professionelle Anwendungen machte.
Studiomaschine STUDER C37 2-Spur-Stereo (1969)
Die Einführung der ReVox-Marke im Jahr 1951, abgeleitet von den lateinischen Wörtern "Re" (zurückgeben) und "Vox" (Stimme), markierte Studers Eintritt in den Consumermarkt, während die Marke Studer sich auf professionelle Studioausrüstung konzentrierte. Die Studiotonbandmaschine Studer A27, eingeführt im selben Jahr, und ihre Nachfolger setzten neue Maßstäbe in der Aufnahmequalität und Zuverlässigkeit. Die A27 wurde erstmals während der Internationalen Musikfestwoche in Luzern eingesetzt, wo das Radiostudio Basel beeindruckende Live-Aufnahmen machte. Diese Veranstaltung demonstrierte eindrucksvoll die Überlegenheit der Studer-Technik und festigte Studers Ruf als Pionier in der Aufnahmetechnologie.
Revox A77MK III
In den folgenden Jahrzehnten führte Studer kontinuierliche Verbesserungen und Innovationen ein, wie die hochmodernen Studiotonbandmaschinen A80 und später die A820. Diese Maschinen wurden zur Grundausstattung in professionellen Tonstudios weltweit und spielten eine zentrale Rolle in der Musikproduktion während der analogen Ära. Die Einführung der digitalen Tonbandmaschinen in den 1980er Jahren markierte einen weiteren Meilenstein, obwohl sie den Übergang zu vollständig digitalen Aufnahmemethoden nicht aufhalten konnten. Willi Studers Engagement für Innovation und Qualität fand 1989 ein abruptes Ende, als er sich aus dem Unternehmen zurückzog und es an die Holding Motor-Columbus AG verkaufte. Der Versuch des neuen Eigentümers, die Studer-Revox-Gruppe in das digitale Zeitalter zu überführen, war von erheblichen Schwierigkeiten und letztlich von einem Niedergang des Unternehmens begleitet. Studers Vision und seine Erfindungen haben jedoch einen unauslöschlichen Einfluss auf die Welt der Audiotechnik hinterlassen, der bis heute anhält.
4. Geschäftsausweitung
Die Expansion und das Wachstum der Studer-Revox Gruppe sind beispielhaft für den Erfolg eines Unternehmens, das sich durch kontinuierliche Innovation und Anpassung an Marktveränderungen auszeichnete. Beginnend in den frühen 1950er Jahren, markiert das Jahr 1953 einen entscheidenden Punkt in der Firmengeschichte, als die Produktionsstätten in der Wehrtalstrasse erweitert wurden. Dieser Schritt war notwendig, um den steigenden Bedarf an hochwertigen Audiogeräten zu decken und die Basis für weitere Innovationszyklen zu schaffen.
Expansion der Produktionskapazitäten
Ab 1954 begann die Produktion des Revox A36, eines Tonbandgeräts, das sich durch hohe Zuverlässigkeit und herausragende technische Eigenschaften auszeichnete. Die Produktion dieser Serie erreichte schnell eine Stückzahl von 2500 Einheiten pro Jahr. Diese Geräte enthielten bereits innovative Features wie separate Aufnahme- und Wiedergabeköpfe sowie getrennte Verstärker für Aufnahme und Wiedergabe, was eine echte Hinterbandkontrolle ermöglichte und die Qualität der Audioproduktion erheblich steigerte.
Technologische Weiterentwicklungen
Die Weiterentwicklung der 36er-Serie zum Modell D36 im Jahr 1960, das Stereo-Aufnahmen in Viertel- und Halbspurtechnik ermöglichte, markiert einen weiteren Meilenstein. Parallel dazu entwickelte Studer erste Tonregiepulte und Mischpulte, die den professionellen Audio- und Studiomarkt adressierten. Die fortlaufende Innovationskraft von Studer-Revox führte zu einem raschen Wachstum der Belegschaft auf 120 Mitarbeiter bis 1958, was die bestehenden Räumlichkeiten in Zürich an ihre Grenzen brachte.
Neue Standorte und Erweiterung der Kapazitäten
Um den Herausforderungen des Wachstums zu begegnen, erwarb Willi Studer ein großes Grundstück in Regensdorf und errichtete dort bis 1960 den neuen Firmensitz. Diese Verlagerung war entscheidend für die weitere Expansion und ermöglichte die Produktion neuerer und technologisch fortgeschrittener Modelle wie der B30 und C37 Tonbandmaschinen sowie des Tonregiepults Studer 69.
Studiotonbandgerät B30
Internationalisierung und Produktdiversifikation
Die 1962 von der Schweizer Behörde verhängte Deckelung der Mitarbeiterzahl zwang Studer dazu, im Ausland zu expandieren. In Löffingen im Hochschwarzwald gründete er die Willi Studer GmbH und errichtete dort Produktionsstätten, die ab 1966 das Revox-Gerät G36 herstellten. Diese Expansion ins Ausland war entscheidend, um auf den internationalen Märkten wettbewerbsfähig zu bleiben und die Firmenkapazitäten angesichts regulatorischer Beschränkungen im Heimatland zu erweitern.
Fortschritt und Modernisierung
Die 1960er und 1970er Jahre waren geprägt von technischen Innovationen und einer ständigen Erweiterung des Produktportfolios. Besonders hervorzuheben sind dabei die Einführung der Studer A62, einer volltransistorisierten Tonbandmaschine, und die J37, eine 4-Kanal-Maschine in Röhrentechnik, die in den berühmten Abbey Road Studios von den Beatles verwendet wurde. Diese Produkte festigten den Ruf von Studer-Revox als Hersteller von Spitzenprodukten im Audiosektor.
Spätere Jahre und Herausforderungen
In den späteren Jahren folgten weitere innovative Produkte wie die A77, die in der Industrie Maßstäbe setzte. Trotz der fortschreitenden Digitalisierung im Audiobereich und dem aufkommenden Wettbewerb durch preiswertere und technisch äquivalente Produkte gelang es Studer-Revox, sich als Marke für höchste Qualität und technische Exzellenz zu behaupten. Die B-Serie, eingeführt 1977, umfasste ein umfangreiches Sortiment an Audiogeräten, darunter das Tonbandgerät B77, den Tuner B760 und den Verstärker B750, ergänzt durch den Tangentialplattenspieler B790, die alle für ihre herausragende Leistung und Zuverlässigkeit bekannt waren.
Revox B77
Die Geschäftsausweitung von Studer-Revox illustriert eindrucksvoll, wie durch visionäres Management, stetige Produktinnovation und internationale Expansion eine kleine Schweizer Firma zu einem global anerkannten Leader in der Audiotechnik heranwachsen konnte.
5. Vermächtnis und Anerkennung
Willi Studer hinterließ eine beeindruckende Legacy in der Welt der Audio- und Aufnahmetechnologie. Seine Pionierarbeit und das Streben nach Perfektion brachten ihm und seinem Unternehmen zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen ein, die seine Stellung als eine führende Persönlichkeit in der Industrie unterstreichen.
Vielfältige Ehrungen und Auszeichnungen
Studer wurde 1970 von der Audio Engineering Society (AES) zum AES-Fellow ernannt, was seine tiefgreifenden Beiträge zur Magnetton- und Studiotechnik würdigte. Fünf Jahre später, 1975, wurde er zum AES-Governor erhoben, was seine kontinuierliche Einflussnahme und sein Engagement in der Audioindustrie weiter bestätigte.
Ehrendoktorwürde und weitere Anerkennungen
Die ETH Zürich verlieh Studer am 1. Dezember 1978 den Doktortitel der Technischen Wissenschaften ehrenhalber, eine Anerkennung, die seine technischen Innovationen und seinen Beitrag zur wissenschaftlichen Gemeinschaft hervorhebt. Diese Ehrung unterstreicht die akademische Anerkennung seiner technologischen Durchbrüche und theoretischen Beiträge.
Internationale Würdigungen
Am 1. September 1979 erhielt Studer die Ehrenbürgerschaft von Nashville, Tennessee, verliehen vom Stadtpräsidenten Mayor Richard Fulton. Diese Auszeichnung wurde ihm aufgrund seiner Verdienste um die Musikindustrie verliehen, ein Sektor, der durch seine Innovationen maßgeblich geprägt wurde. Ebenfalls 1979 wurde ihm in Belgrad das Goldene Mikrofon von Radio Belgrad für seine herausragenden Beiträge zur Entwicklung professioneller Studiogeräte überreicht.
Weiterführende Ehrungen und bleibendes Erbe
In den frühen 1980er Jahren setzte sich die Anerkennung fort: Am 6. März 1982 erhielt er die Goldmedaille der amerikanischen Audio Engineering Society und am 8. Mai 1982 die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg. Diese Ehrungen spiegeln die breite Anerkennung seiner Arbeit und den Einfluss seiner Innovationen weltweit wider. 1988 wurde Studer mit dem Michael-de-Coanda-Preis „im Dienste der Musik“ ausgezeichnet, eine Würdigung seiner lebenslangen Leistungen im Bereich der Tonaufnahme und -wiedergabe. Am 2. Januar 1989 erhielt er die Ehrenmedaille der Stadt Bonndorf, ein weiterer Beweis für die tiefe Wertschätzung seiner Heimatgemeinde.
Dauerhaftes Vermächtnis
Studer's Vermächtnis ist nicht nur in den Produkten und Technologien sichtbar, die er entwickelt hat, sondern auch in den zahlreichen Ehrungen, die ihm zuteilwurden. Die ETH Zürich verleiht jährlich den Willi-Studer-Preis, gestiftet aus seinem Nachlass, an den besten Absolventen jedes Master-Studiengangs, um akademische Exzellenz zu fördern und zu ehren. In Löffingen wurde zu seinen Ehren eine Straße nach ihm benannt, ein symbolisches Zeichen der Anerkennung für einen Mann, dessen Werk die Welt der Tontechnik nachhaltig geprägt hat.
Diese Ehrungen und Auszeichnungen zeichnen das Bild eines Mannes, der nicht nur in der technischen Welt, sondern auch in der gesellschaftlichen Anerkennung große Spuren hinterlassen hat. Willi Studer's Einfluss reicht weit über sein Lebenswerk hinaus und inspiriert weiterhin Generationen von Audioingenieuren und -enthusiasten.
Quellen:
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Willi_Studer
[2] https://www.studerundrevox.de/info-wissenswert/studer-revox-geschichte/
[3] https://www.radiomuseum.org/r/studer_studiotonbandgeraet_b30.html