Von der Tonwalze bis zum Streaming heute
Inhaltsverzeichnis der umfangreichen Dokumentation, Teil 2
11. Dimensionen im Wandel
12. Die Elektroindustrie wird aktiv
13. Aufkommen der Patente
14. Die neue Ära beginnt
15. Schellackplatten im Wandel
16. Der Traum wurde wahr
17. Verbreitung der Langspielplatte
18. Doch nur Pseudostereophonie?
19. Die Entwicklung ist nicht zu stoppen
11. Dimensionen im Wandel
Lautsprechertrichter mit großem Durchmesser
Das Bild zeigt einen Lautsprechertrichter mit großem Durchmesser, der für die Abstrahlung tiefer Frequenzen benötigt wird. Für die ersten Tonfilme wurden solch riesige Lautsprechertrichter konstruiert und mit Hilfe eines Mikrofons vermessen.
In den frühen 1920er Jahren, als Trichter mit elektromechanischen Wandlern und Mikrofonen verwendet wurden, konnte man messen und eine gute Bestätigung der von Burstyn vorhergesagten Regel für den minimalen Durchmesser von etwa 1/3 der unteren Grenzwellenlänge feststellen, die auch für den Grammophontrichter galt. Gute Grammophontrichter zeigten einen steilen Abfall der Abstrahlung bei etwa 250 Hz, obwohl die Frequenzkurve sonst näherungsweise linear verlief.
Um diesen Bereich nach unten hin zu erweitern, waren Trichter mit einem Durchmesser von mindestens 1 m erforderlich. Solche Durchmesser waren jedoch beim Grammophontrichter nicht realisierbar, insbesondere da damals auch tiefe Frequenzen nicht aufgezeichnet werden konnten. Erst mit der Entwicklung elektromechanisch aufgenommener Platten und der Erfindung der Gegenkopplung wurde dies später möglich.
Einfache Trompete
Es zeigt, wie die einfache Trompete als Vorbild für die Trichter der ersten Grammophone diente. Damals musste der drehbar gelagerte Trichter noch der Bewegung der Schalldose folgen.
Trichtergrammophon
Im Bild ist ein Trichtergrammophon aus dem Jahr 1909 zu sehen. Der mit Rippen versteifte Trichter ist bereits ein Exponentialtrichter und bewegt sich nicht mehr mit der Schalldose. Über einen Hohltonarm wird der Schall zugeführt, und die Schalldose mit Glimmermembran wird zum Nadelwechsel hochgeklappt. Durch Kunstgriffe wie die Faltung des Trichters, die bereits beim Schrankgrammophon angewendet wurden, konnte die Lautsprechertiefe auf die verfügbare Raumtiefe beschränkt werden.
Trotzdem kehren wir zum Grammophon zurück: Der typische Blechklang war nicht ausschließlich auf die Ausführung des Trichters aus Blech zurückzuführen. Vieles davon konnte man durch Versteifungsrippen mindern, und auch durch Bekleben mit schalldämmendem Material ließ sich das Klirren erheblich reduzieren. Der blecherne Ton wurde jedoch weitgehend durch die Frequenzbegrenzung nach unten bedingt, die auf den viel zu geringen Durchmesser des Trichters zurückzuführen war.
Schema der Schalldose
Als man sich dem Exponentialtrichter mit größerem Trichterausgang näherte, ohne zunächst die mathematischen Gesetze dafür zu kennen, war man bei der Einführung von Versteifungsrippen zur Verminderung des Klirrens noch sehr zurückhaltend. Das Bild 114 zeigt deutlich, dass der ganze Trichter von der Schalldose in der Schallrille geführt und mitgedreht werden musste.
Deshalb blieb man noch länger beim Blechton, bis eine Erfindung von Eldridge R. Johnson und Wilburn N. Dennison im Jahr 1902 das Grammophon vollkommen machte. Sie entwickelten eine aufklappbare Schalldose in Ergänzung zu dem von Bell und Tainter bereits erfundenen Hohlrohrtonarm. Dieser Durchbruch ermöglichte eine verbesserte Klangqualität und trug dazu bei, den blechernen Ton zu reduzieren. Die hochklappbare Schalldose war ein bedeutendes Patent und trug zur weiteren Entwicklung des Grammophons bei.
Das obere Bild zeigt eine Werbung der Deutschen Grammophon Gesellschaft für den Trompetenarm, bei dem die hochklappbare Schalldose deutlich zu erkennen ist.
Die zum Nadelwechsel hochklappbare Schalldose war akustisch mit dem Hohlrohrtonarm gekoppelt, der den Schall zum nunmehr feststehenden Trichter transportierte. Da der Trichter nicht mehr der Schalldose folgen musste, konnte er getrennt auf die Zuhörer zugedreht werden, selbst während des Abspielens, da Tonarm und Schalldose mechanisch vollständig entkoppelt waren. Aufgrund seiner unabhängigen Lagerung durch den Tonarm konnte der Trichter viel stabiler gemacht werden als bei den ersten Grammophonen. Das bedeutete, dass der Trichter eine größere Austrittsöffnung erhalten und durch mehr Versteifungsrippen klirrfreier gemacht werden konnte.
Die Deutsche Grammophon Gesellschaft hatte dank der Patente eine führende Rolle inne und warb ausgiebig dafür. Das einfache Auswechseln der Nadel wurde inzwischen wichtig, um die nun schon sehr guten Platten möglichst oft in bester Qualität abspielen zu können. Nach dem Abspielen jeder Plattenseite sollte die Nadel erneuert werden, da sie durch den Gebrauch stumpf geschliffen wurde und anderen Platten schaden könnte.
In den USA nannte man den geschwungenen Trompetenarm der zweiten Generation auch "Goose-Neck", also Gänsehals. In Deutschland wäre wahrscheinlich "Schwanenhals" für die Form des Trichterhalses verwendet worden, da sein Schwerpunkt etwa über dem Drehlager lag, um bei Schwenkbewegungen keine instabile Position des Gerätes zu erzeugen.
Schalldose über einen Hohltonarm
Das Bild zeigt, dass auch Edison später die Schalldose über einen Hohltonarm mit dem Trichter koppelte. Die Nachführung erfolgte jedoch bei ihm nicht durch eine Rille, sondern durch eine Schraubspindel. Edison verzichtete auf die Notwendigkeit einer hochklappbaren Schalldose, da er bereits frühzeitig die Diamantdauernadel eingeführt hatte.
Die einfache Konstruktion der akustisch an einen Hohlraum angekoppelten hochklappbaren Schalldose wurde von allen Grammophonen übernommen. Edison führte den Hohlrohr-Tonarm später auch bei seinem Phonographen ein und profitierte von der Diamantdauernadel, die eine hochklappbare Schalldose überflüssig machte.
Die Gehäuse mussten sich anpassen
Nachdem der Trichter nun in einer festen Position bleiben konnte, beschäftigten sich die Erfinder und Konstrukteure damit, wie man ihn getarnt in einem Gehäuse unterbringen konnte. Die Pionierzeit des Grammophons, in der man stolz darauf war, eine solche technische Neuheit zu besitzen und sie seinen Besuchern vorführte, war vorbei.
Von nun an sollte das Grammophon möglichst als Ziermöbel in der Wohnung stehen und nicht mehr als demonstratives Wunderwerk präsentiert werden. Es war schon lange keine Sprechmaschine mehr, die man von seinen Besuchern bestaunen ließ.
Das erste Grammophon mit einem getarnten Trichter, das den Trichter in einem eleganten Gehäuse verbirgt.
Eine weiterführende Erfindung, die dazu beitrug, das Grammophon noch mehr zu einem ästhetischen Möbelstück zu machen.
Originell ist das von der Firma Holzweissig in Leipzig 1904 auf den Markt gebrachte Gerät Hymnophon
Es gab einige Zwischenstufen bis zum Musikschrank der 1920er Jahre:
Das Gerä, das ab 1904 auf den Markt kam. Der Trichter wurde in ein Gestell eingebaut, was zum Grundmodell des Tischgrammophons wurde. Die Firma Holzweissig in Leipzig ließ sich diese Geräte patentieren und brachte sie in fein verzierter Ausführung auf den Markt.
Hier wird gezeigt, wie das Tischgerät später auch einen Exponentialtrichter erhielt, wie in dem Patent DKP 425 367 vom 30. Mai 1923 der Columbia Graphophone Ges. beschrieben.
Ein Schrankgerät, das zur Zierde eines jeden Wohnzimmers wurde. Die Musikschrank-Grammophone wurden in den 1920er Jahren beliebt und integrierten den Trichter und das Abspielgerät in einem schmucken Möbelstück.
Vor allem amüsant war das "Sprechende und singende Bierfass", von der Firma Holzweissig als "Hymnophon" hergestellt, bei dem der Trichter in einem Fass getarnt war. Solche ungewöhnlichen Designs wurden damals entwickelt, um das Grammophon als unterhaltsame und kuriose Attraktion zu präsentieren. Auch Eldridge Johnson beteiligte sich zusammen mit seinem Mitarbeiter English an den Entwicklungen. Er umging das Grundpatent für das Tischgrammophon (Bild 159) von 1910, indem er einen Trichter im Klappdeckel einbaute. Erst 1923 folgte ein Patent für ein Tischgerät mit einem akustisch optimierten Exponentialtrichter. In dieser Zeit gab es bereits die Musiktruhe, ein wohlklingendes und je nach Gehäuseausführung mehr oder weniger teures Möbelstück.
Auch Edison baute solche Truhen für seinen Phonographen und später auch für seine Schallplatten-Truhen mit einem hervorragenden Klang. Das Vordringen von Tanz- und Unterhaltungsmusik-Platten nach dem Ersten Weltkrieg (1914-1918) führte zur Einführung eines neuen Gerätetyps, dem Koffergrammophon. Fast jede junge Familie besaß in den 1930er Jahren ein solches Koffergrammophon, und bei Partys brachte man entweder sein eigenes mit oder zumindest eine Aktentasche voller Platten.
Die Geräte hatten einen recht guten Klang, der auf Tanzmusik abgestimmt war. Viele von ihnen wurden später mit einem elektrischen Tonabnehmer versehen, der anstelle der Schalldose an das Radiogerät angeschlossen werden konnte. Der Autor Walter Bruch erinnert sich an seine eigenen Erlebnisse und berichtet, dass die Geräte ein Federwerk hatten, das je nach Preisklasse einmaliges Aufziehen ermöglichte, um eine oder zwei Plattenseiten abzuspielen. Die Truhen konnten mit Federwerk (Bild 159) sogar bis zu drei Plattenseiten mit einmaligem Aufziehen abspielen.
Typisches Federwerk
Typisches Federwerk
Typisches Federwerk
Die oberen Bilder zeigen verschiedene typische Federwerke, die in Grammophonen und Koffergrammophonen verwendet wurden. Das Koffergrammophon ermöglichte es, das Gerät überall im Freien aufzustellen. Der Trichterklang des Koffergeräts war jedoch Gegenstand von Verbesserungsversuchen. Einer der berühmtesten Erfinder seiner Zeit, Louis Lumiere, versuchte, den Trichter durch eine große Fächermembran zu ersetzen. Das untere Bild zeigt das Koffergrammophon, bei dem der Trichter geschickt in dem kleinen Gehäuse untergebracht ist. Der aufgeklappte Deckel dient als zusätzlicher Schallreflektor. Dieses tragbare Grammophon eröffnete ganz neue Möglichkeiten und wurde bei den Menschen sehr beliebt, da sie es leicht überallhin mitnehmen konnten.
Ein Koffergrammophon, das eine bahnbrechende Innovation in der Welt der Musikwiedergabe darstellte. Es eröffnete ganz neue Möglichkeiten, da es tragbar und leicht zu transportieren war.
Das Koffergrammophon ist so konstruiert, dass der Trichter geschickt in dem kleinen Gehäuse untergebracht ist. Der aufgeklappte Deckel des Koffers dient dabei als zusätzlicher Schallreflektor. Durch diese intelligente Gestaltung wurde der Klang des Grammophons verbessert und die Schallwellen wurden effizienter in den Raum abgestrahlt.
Diese mobilen Grammophone ermöglichten den Menschen, ihre Lieblingsmusik überallhin mitzunehmen, sei es zu Picknicks, Ausflügen oder anderen Freizeitaktivitäten im Freien. Das Koffergrammophon war ein bedeutender Schritt in der Entwicklung der Musikwiedergabe und trug dazu bei, die Musik in das Leben der Menschen zu integrieren und sie noch stärker zu genießen.
Das obere Bild zeigt einen anderen Ansatz, der als Vorläufer des späteren trichterlosen Lautsprechers betrachtet werden kann. Hier wird der Schall über eine Fächermembran abgestrahlt. Der berühmte Sänger Fedor Schaljapin hört sich eine seiner Platten auf dem von Louis Lumiere erfundenen Gerät an.
Diese Fächermembran-Technologie war ein experimenteller Ansatz, um den Klang zu verbessern und den traditionellen Trichter zu umgehen. Statt den Schall durch einen Trichter zu leiten, wurde er über eine große, fächerartige Membran abgestrahlt, um eine breitere und gleichmäßigere Schallverteilung zu erreichen.
Obwohl sich diese Technologie nicht so weit verbreitete wie der traditionelle Trichterlautsprecher, legte sie den Grundstein für spätere Entwicklungen in der Lautsprechertechnik. Heutzutage werden trichterlose Lautsprecher, wie zum Beispiel Flachmembran- oder elektrostatische Lautsprecher, in vielen modernen Audio-Systemen eingesetzt, um einen präzisen und detailreichen Klang zu erzeugen.
Bild zeigt das Telefunkengerät Lido, ein Koffergrammophon, das Mitte der 1930er Jahre immer noch sehr beliebt war, obwohl es zu dieser Zeit schon mehr als 10 Jahre Plattenspieler mit elektrischem Tonabnehmer gab. Die Koffergeräte blieben weiterhin Marktführer.
In diesem Bild ist die Schalldose mit der Glimmermembran und dem Halter für die auswechselbare Nadel gut zu erkennen. Dieses System ermöglichte die akustische Abtastung der Schallplatten, bevor elektrische Tonabnehmer weit verbreitet waren. Lumiere hatte bereits lange vor der Erfindung des trichterlosen Lautsprechers für den Rundfunk die Schallabstrahlung tieferer Frequenzen mit einer kreisförmigen, geformten Fächermembran erreicht. Diese innovative Technologie wurde im Bild gezeigt, wo der berühmte Bassist Fedor Schaljapin sich eine seiner Aufnahmen auf einem solchen Gerät anhört.
Pathé hatte eine ähnliche Konstruktion mit einer Konusmembran von 38 cm für seine Platten, die eine Vorlage für den späteren Konuslautsprecher war. Für Platten mit Seitenschrift wurde diese Konusmembran ebenfalls verwendet, wobei über ein Hebelwerk die Bewegung erst in die richtige Richtung auf das Membranzentrum übertragen wurde. Die Schallplättchen in den "Sprechenden Puppen" haben oft Tiefenschrift, was eine besonders einfache Konstruktion für den Membranantrieb ermöglichte, ähnlich wie bei Pathé.
Die Anwendung elektrischer Tonabnehmer blieb bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs in der Minderheit, da die meisten Rundfunkempfänger keinen Tonabnehmereingang hatten. Aus diesem Grund wurden Koffergeräte mit klassischer Technik immer noch in großer Stückzahl verkauft, auch von den Elektrokonzernen, die in dieser Zeit viele der großen Schallplattenfirmen übernommen hatten.
Das Bild zeigt das Luxusgerät von Telefunken, das einen Koffer aus Leder besitzt. Dies war nur eines der vielen Modelle, die vor Kriegsbeginn (1939) auf dem Markt waren.
Eine Werbeanzeige der Firma Telefunken veranschaulicht das breite Angebot an preiswerten Koffergeräten, die damals erhältlich waren. Neben den Geräten mit aufklappbarem "Trichter" gab es auch noch Spieler mit Federwerk und Tonabnehmer, die für den Anschluss an den Rundfunkempfänger gedacht waren.
Es ist interessant anzumerken, dass diese Koffergeräte heutzutage auf Flohmärkten für hohe Preise gehandelt werden, da sie zu historischen Sammlerstücken geworden sind. Viele dieser Geräte wurden im Laufe der Zeit jedoch achtlos weggeworfen und sind nun ein Teil der Geschichte der Schallplattenwiedergabe.
Der Abschied vom Trichter als Hauptlautsprechertechnologie wurde durch den Kriegsausgang in Deutschland verzögert, aber in den 1950er Jahren setzte schließlich der endgültige Übergang zu den vollelektrischen und elektronischen Plattenspielanlagen ein. Die Technologie, die ab etwa 1925 langsam an Bedeutung gewann, führte schließlich zum endgültigen Abschied vom Trichter als Hauptlautsprechertechnologie. Bild 167 zeigt ein Grammophon der Spitzenklasse, das bereits die modernere Technologie repräsentiert, die den Trichter ablösen sollte.
Das Angebot an Plattenspielanlagen, einschließlich der Hi-Fi-Systeme, wurde im Laufe der Zeit immer breiter. Die Bemühungen der Verkäufer richteten sich stets nach der Preislage der gefragten Anlagen. Ein humorvolles Bild ohne Worte aus der englischen satirischen Zeitschrift "Punch" von 1919 zeigt, wie Grammophone damals in London verkauft wurden. Es verdeutlicht, wie sich das Angebot und die Technologie im Laufe der Zeit entwickelt haben und wie sich die Verkaufsstrategien an die Bedürfnisse der Kunden angepasst haben.
12. Die Elektroindustrie wird aktiv
Selbstspielende Musikinstrumente, mechanische Musikdosen und die frühen Phonographen mit ihren Trichtern prägten die Anfänge der Musikwiedergabe. Seit der ersten Schallaufzeichnung im Jahr 1877, als Thomas Edison die menschliche Stimme auf eine Wachswalze aufzeichnete, lieferten die Schallwellen selbst die Energie für den Schnitt der Tonrille. Der berühmte schreibende Engel, das Markenzeichen von Emile Berliner (Bild 169), symbolisierte die Entstehung der Schallplattenindustrie. Jedoch Anfang der 1920er Jahre war die Zeit für eine bahnbrechende Veränderung gekommen. Die Technologie der Elektronenverstärker wurde immer fortschrittlicher und ermöglichte nun den elektromechanischen Schnitt von Schallplatten. Anstatt die Schallwellen direkt für den Schnitt zu nutzen, wurde das Mikrofon verwendet, um den Schneidevorgang elektromechanisch zu steuern. Dies eröffnete neue Möglichkeiten für die Schallplattenherstellung und Wiedergabe, da nun eine präzisere Kontrolle über den Schneideprozess möglich war.
Für die Entwicklung dieser neuen Schneidetechnik waren Ingenieure mit Erfahrung in der Entwicklung von elektronischen Tonverstärkern und Lautsprechern entscheidend. Deshalb verlagerte sich die Schallplattenindustrie in die Laboratorien großer Elektroindustrieunternehmen, die die notwendige Expertise und Ressourcen hatten, um diese technologischen Fortschritte voranzutreiben. Mit der wachsenden Bedeutung der elektronischen Schneidetechnik begann die Elektroindustrie auch die Herstellung von Schallplatten und Abspielgeräten aufzunehmen. Sie erkannten das Potenzial dieser neuen Technologie und investierten in die Entwicklung und Produktion von modernen Schallplatten und Abspielgeräten.
Allerdings gab es auch Herausforderungen. Patentinhaber, die die neuen Methoden der elektromechanischen Schallplattenschnitttechnik entwickelt hatten, meldeten ihre Patente an und blockierten teilweise die Verwendung dieser Technologie durch andere Unternehmen. Dies führte zu Streitigkeiten und Patentverletzungsansprüchen, die die Entwicklung der Schallplattenindustrie beeinträchtigten. Trotz dieser Herausforderungen führte der Übergang zur elektromechanischen Schneidetechnik und den Elektronenverstärkern schließlich zu einem bedeutenden Umbruch in der Schallplattenindustrie. Es markierte den Beginn einer neuen Ära für die Musikwiedergabe und legte den Grundstein für die moderne Audio- und Unterhaltungselektronik, die wir heute kennen. Die Fortschritte in der Technologie ermöglichten eine bessere Klangqualität und trugen dazu bei, dass Schallplatten und Abspielgeräte immer beliebter wurden. Die Musikwiedergabe wurde zunehmend zugänglich und erschwinglich, und die Schallplattenindustrie boomte in den kommenden Jahrzehnten.
Weiterenwickelte Mikrophonograph
Bild 170 zeigt eine Weiterentwicklung des von Frangois Dussaud im Jahr 1897 vorgestellten Mikrophonographen. Dussaud hatte bereits in den 1890er Jahren sowohl die elektromechanische Schneidetechnik als auch die Abnahme durch einen Wandler demonstriert. Dabei verwendete er eine Nadel, um die Stromschwankungen in einem Bell-Telefon aufzuzeichnen, ähnlich wie beim Phonographen, um Rillen in Wachs zu schneiden. Diese Rillen enthielten die aufgenommenen Schallsignale. Später konnte die Nadel wieder über die Rillen laufen und den ursprünglichen Strom des Elektromagneten erzeugen, um die Stimme zu reproduzieren und den Ton wiederzugeben. Durch diese Methode hatte Dussaud die mechanische Aufnahme durch eine elektrische ersetzt.
Obwohl Dussaud diese Techniken bereits in den 1890er Jahren öffentlich vorgestellt hatte, war die damalige Zeit noch nicht reif für die breite Anwendung elektrischer Verstärker und Wandler, da sie zu dieser Zeit noch nicht verfügbar waren. Daher blieben diese Entwicklungen vorerst in der Versenkung. Erst in den 1920er Jahren, als die Technologie der Elektronenverstärker immer weiter fortgeschritten war, konnte die elektromechanische Schneidetechnik endlich realisiert und erfolgreich in der Schallplattenindustrie eingesetzt werden. Dussauds Ideen und Entwicklungen waren jedoch wegweisend und haben die Grundlage für die spätere Entwicklung der elektromechanischen Schallplattenschnitttechnik gelegt.
In den dunklen Gängen des Museums für Kybernetik, dessen Hüterin Madame Dussaud ist, befinden sich zwei faszinierende Relikte vergangener Zeiten: die erste Aufnahmedose, die im Jahr 1892 erschaffen wurde, und der innovative Pick-Up für die Wiedergabe. Ein neugieriger Pariser Wissenschaftler, der Physiologe J. B. Laborde, hatte zufällig von den bahnbrechenden Experimenten des jungen Physikers gehört und teilte seine Entdeckungen mit anderen Kollegen in der Hauptstadt. Dadurch richteten sich die wissenschaftlichen Kreise in Paris auf den faszinierenden Mikrophonographen und seinen Schöpfer.
Im Winter 1896 kam Daussaud persönlich nach Paris, seine kostbaren Apparate stets in der Hand. Empfangen wurde er von Laborde, der ihn an der renommierten Universität Sorbonne vorstellte. Dort führte der Schweizer Gelehrte seine revolutionären Entdeckungen zum ersten Mal vor und begeisterte die medizinische Fakultät in einer Sitzung. Voller Begeisterung enthüllte der Forscher seine Geheimnisse und betonte die Bedeutung dieser elektrischen Phänomene, die nun mit erstaunlicher Präzision aufgezeichnet werden konnten. Die Wissenschaftler aller Richtungen erkannten das Potenzial dieser neuen Wissenschaft, dieses ersten Mikrofons des Tons.
Sogar der einflussreiche Minister des Post- und Telegraphenministeriums, Boucher, verlangte eine Vorführung in seinen Räumlichkeiten. Dussaud erfüllte seinen Wunsch im Oktober 1897, indem er einen seiner Apparate im Arbeitsraum des Ministers und einen weiteren in Lille aufstellte. Das Experiment erwies sich als durchschlagender Erfolg. Besonders beeindruckt war die Regierung von der außergewöhnlichen Empfindlichkeit des Apparates, der selbst aus mehreren Metern Entfernung jedes Wort klar aufzeichnete, ohne dass man wie beim Telefonieren direkt davor stehen musste. Diese Eigenschaft führte zu einer neuen Anwendung: einem versteckten "Spioniergerät" in einem gewöhnlichen, unauffälligen Telefon, das heimlich alles aufzeichnete, was unvorsichtigerweise in seiner Nähe gesprochen wurde. So entstand das Abhörgerät, mit dem sogar der ahnungslose Saint Saens als Pianist bei einem Treffen mit dem türkischen Prinzen Buradin auf einem Zylinder aufgenommen wurde.
Trotz des Aufsehens, das Dussauds Demonstrationen damals in Frankreich erregten, konnte die "elektromechanische" Aufzeichnungsmethode keinen Durchbruch erzielen, ebenso wenig wie eine ähnliche Vorführung, die in Amerika stattfand. Mr. Hammer präsentierte in Philadelphia Aufzeichnungen von Signalen, die vom Phonographen in New York auf die Fernsprechleitung nach Philadelphia übertragen wurden. Es war unterhaltsam, aber letztendlich nur eine technische Spielerei. Die Versuche, Telefontechniken auf die Tonwalze anzuwenden, wurden bald vergessen. Auch gelegentliche Versuche, Schallplatten elektromechanisch zu schneiden, waren nicht erfolgreich und führten lediglich zu einigen Patenten. Die Experten der akustisch-mechanischen Schneidetechnik produzierten Schallplatten von so hoher Qualität, dass kein dringender Bedarf für eine verbesserte Technik bestand. Man hatte sich an das gewöhnt, was auf den Schallplatten aufgezeichnet werden konnte.
Die klugen Schallplattenhersteller beschränkten sich darauf, nur solche Aufnahmen zu machen, die für die akustisch-mechanische Schneidetechnik geeignet waren, und diese betonte die Stimme auf schmeichelhafte Weise, wie ein Experte einmal sagte. Die Plattenkataloge dieser Zeit zeigten eine Vorliebe für Sänger. Die unzureichende Qualität der Begleitmusik führte dazu, dass sie mehr oder weniger im Hintergrund gehalten wurde. So hatte man sich damit abgefunden, bis Mitte der zwanziger Jahre eine sensationelle Verbesserung der Schallplattentechnik aus Amerika kam, ähnlich wie die Tonwalze und die Schallplatte selbst ein Vierteljahrhundert zuvor. Diese Innovation machte alles, was zuvor als vollkommen erschien, über Nacht unvollkommen.
Abbildung zeigt das elektromagnetische Schneidesystem für Wachsplatten, das von Maxfield und Harrison auf der Grundlage mathematischer Berechnungen entwickelt wurde.
Abbildung zeigt das elektrische Ersatzbild für das Schneidesystem, ebenfalls von Maxfield und Harrison erstellt.
Abbildung zeigt die neue Schalldose, die im Vergleich zu den bisherigen Modellen einen wesentlich verbesserten Frequenzgang aufweist.
Abbildung zeigt die bis dahin übliche einfache Schalldose, die im Vergleich zu der technisch raffinierteren Schalldose den Grammophonen der ersten 25 Jahre verwendet wurde.
Fred Gaisberg, der herausragende Experte der akustisch-mechanischen Aufnahmetechnik, beschrieb 1924, inmitten dieser revolutionären Neuerung, wie er erstmals mit den ersten Plattenschnitten aus Amerika in Berührung kam und wie sie ihn damals beeindruckten. Er erzählte, wie die Ingenieure von Western Electric heimlich an der elektromechanischen Aufzeichnungstechnik gearbeitet hatten und dann ihre ersten Aufnahmen in Wachs der Firma Pathe in New York zur Herstellung von Musterpressungen übergaben.
In New York arbeiteten Frank Capp, ein ehemaliger Mitarbeiter von Edison, und Gaisbergs Freund Russel Hunting. Neugierig auf das, was die Außenseiter aufgenommen hatten, spielten die beiden die Platten ab, bevor sie sie weitergaben. Sie waren überrascht von dem, was sie hörten – zum ersten Mal hörten sie Zischlaute und Trompeten in natürlichem Klang.
Gaisberg fuhr fort: "Eines Tages im Herbst 1924 erreichte mich ein Telefonanruf von Russel Hunting, der gerade im Hotel Imperial Russel Square in London angekommen war. 'Fred', sagte er, 'wir haben alle unsere Jobs verloren. Komm her, ich zeige dir etwas, das dich verblüffen wird!' In seinen Räumen angekommen, musste ich Geheimhaltung zusichern, bevor er mir die mitgebrachten Platten vorspielte – unautorisierte Kopien der Western Electric Experimentalaufnahmen. Wie Hunting sah ich ein, dass von nun an keine Schallplattenfirma mehr konkurrenzfähig sein konnte, wenn sie nicht über dieses elektrische Aufnahmeverfahren verfügte.
Was die Western Electric als Nebenprodukt ihrer Forschung im Bereich der Telefon-Nachrichtentechnik erreicht hatte, ließ in meiner Welt eine Bombe platzen. Meine Kollegen, die in der einfachen akustisch-elektrischen Aufnahmemethode erfahren waren, mussten neu beginnen und Elektrotechnik studieren. Mit Bestürzung mussten sie sehen, wie junge Elektrotechniker ihnen ihre Arbeit abnahmen, auf die sie sich in langer Lehrzeit eingearbeitet hatten. Nur einige meiner alten Kollegen meisterten den Übergang."
Und dann, im Jahr 1925, fügte Gaisberg dieser Niederschrift hinzu: "Es gab viele technische Geheimnisse bei der Aufnahme und Herstellung der Matrizen, die nur mir bekannt waren. Von 1889 war ich bei meiner Firma fortlaufend unter Vertrag, bis 1925, bis zu dem Tag der elektrischen Aufzeichnung, da mein Ruhm verblasste." Gaisberg war zu pessimistisch, denn auch wenn andere die Aufzeichnung übernahmen, blieb er selbst noch ein weiteres Vierteljahrhundert in der Welt der Schallplattenaufnahme aktiv. Niemand hätte deutlicher zeigen können, wie gewaltig der Schritt von der alten (mechanischen) Technik der "Probierer" zur mathematisch berechenbaren Elektrophysik war, ein Schritt auf einem Weg, der bis zur heutigen Hi-Fi-Technik geführt hat.
Durch eine mathematische Analyse, basierend auf einem elektrischen Ersatzbild für den elektromagnetischen "Schreiber", lieferte man die Regeln für seine Dimensionierung. In einer wegweisenden Veröffentlichung berichteten Maxfield und Harrison aus den Bell-Laboratorien (Western Electric) darüber im Jahr 1926. An dieser Stelle können wir nur eine Schnittzeichnung des Schreibers und sein elektrisches Ersatzbild wiedergeben (Bild 173 und Bild 174). Mit den neuen Platten, die einen erweiterten Frequenzbereich aufwiesen, benötigte man auch eine verbesserte Wiedergabeapparatur, um das volle Potenzial der Aufzeichnung auszuschöpfen. Maxfield und Harrison widmeten sich dem klassischen Trichtergrammophon und leiteten ein ähnliches elektrisches Ersatzbild dafür ab, ähnlich wie sie es für den Schreiber getan hatten. Die Optimierung der Schaltung führte zuerst zu einer verbesserten Schalldose zurück, wobei zum ersten Mal auch die Nadeleigenschaften in die Berechnungen einbezogen wurden.
Frequenzgang
Bild zeigt die Wiedergabefrequenzkurve des verbesserten Grammophonschrankes (A), der mit der neuen Schalldose geebnet und durch Verbesserungen am Trichtersystem im unteren Bereich erweitert wurde. Diese Kurve wird mit dem Verhalten des zuvor üblichen Schrankes (B) verglichen.
Das Schnittbild der neuen Schalldose entstammt einem daraus resultierenden deutschen Patent. Die daneben gezeigte klassische Schalldose (Bild 174) verdeutlicht, wie komplex die neue Schalldose im Vergleich zur alten ist. Das Erreichte ist bemerkenswert: Durch die Verbesserung der Schalldose und eine Optimierung des Schalltrichters ergab sich die in Bild 175 gezeigte Linearisierung und Erweiterung des Frequenzbereichs. Unter dem Namen "Orthophonic Vitrola" wurde das Gerät in Amerika auf den Markt gebracht.
13. Aufkommen der Patente
Bild zeigt eine Zeichnung aus dem Vorbeck-Patent, das einen Mikrophonverstärker (k, l, m) darstellt. Einige der deutschen Schallplattenhersteller, die auf die elektrische Aufnahmetechnik umgestellt hatten, gerieten unerwartet in Schwierigkeiten mit den Inhabern von zwei älteren Patenten, die ihnen eine Monopolstellung zusicherten.
Das sogenannte "Vorbeck-Patent" wurde bereits 1913 angemeldet und schützte generell die Einschaltung eines Verstärkers zwischen dem Mikrophon und dem Schreiber. Interessanterweise hatte der Erfinder zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal an einen Röhrenverstärker gedacht, sondern an einen sogenannten Mikrophonverstärker, wie in der Patentzeichnung zu sehen ist.
Das zweite Patent, das als das "Sykes-Patent" bekannt ist, wurde erst 1920 angemeldet und hatte daher noch eine lange Laufdauer, was die Situation besonders unangenehm machte. Dieses Patent schützte die Frequenzlinearität des Aufzeichnungszuges und ihre Erreichung durch Kompensationsmittel im Verstärker. Eigentlich wäre dies eine triviale Selbstverständlichkeit. Dennoch wurden insbesondere um das letzte Patent eine Reihe von Rechtsstreitigkeiten ausgetragen, einer davon betraf die Deutsche Grammophon A.G. und ging sogar bis zum Reichsgericht.
In seinem Gutachten äußerte sich Prof. Dr. Heinrich Barkhausen, der als Verstärker-"Papst" bekannt war, zu den beiden Patenten und zur Rechtssituation aus der Sicht eines Ingenieurs. Er führte aus, dass für die Bewertung eines Patentes drei verschiedene Grundsätze aufgestellt werden können:
1. Die geistige und materielle Leistung, die der Erfinder aufgewandt hat.
2. Der Nutzen, den das Patent der Industrie oder der Allgemeinheit gebracht hat.
3. Der Schaden, den der Besitzer des Patents der Industrie oder der Allgemeinheit zufügen kann.
Barkhausen betonte, dass seiner Meinung nach nur der erste und zweite Grundsatz für die Bewertung maßgebend sein sollten, während der dritte Grundsatz, der die Umgehungsmöglichkeit in sich schließt, nur als juristische Handhabe betrachtet werden sollte. Er merkte jedoch an, dass in der Rechtsprechung und im Geschäftsgebahren der Industrie in den letzten zwanzig Jahren zunehmend der dritte Grundsatz an Geltung gewonnen habe.
Bezogen auf das Vorbeck-Patent erklärte Barkhausen, dass die geistige Leistung darin äußerst gering sei und die materielle Leistung des Erfinders ausschließlich in den Kosten für die Anmeldung und Aufrechterhaltung des Patents bestehe. Er führte weiter aus:
1. Nach dem Grundsatz 1 wäre der Wert des Patents mit 1000 Reichsmark (RM) reichlich bezahlt.
2. Nach dem Grundsatz 2 wäre das Patent völlig wertlos, da die Verwendung elektrischer Verstärker für die elektrische Schallaufzeichnung eine absolute Selbstverständlichkeit war, sobald brauchbare Verstärker entwickelt worden waren.
3. Nach dem Grundsatz 3 war das Patent bis etwa 1919 ebenfalls völlig wertlos, da es bis dahin mangels brauchbarer Verstärker gar nicht umsetzbar war. Erst durch die langjährigen und umfangreichen Bemühungen zahlloser Erfinder, die zu vielen Hunderten von Patenten führten, wurden die Verstärker und damit die elektrische Schallaufzeichnung auf einen solchen Grad der Vollkommenheit gebracht, dass sie die alte, reine mechanische Schallaufzeichnung an Güte weit übertrafen und diese technisch unmöglich machten.
Nach dem Grundsatz 3 muss das Vorbeck-Patent einen ungeheuren und kaum abschätzbaren Wert besitzen, da sein Besitzer die gesamte Schallplattenindustrie und möglicherweise sogar die gesamte Tonfilmindustrie vollständig in der Hand hatte. Mit der heutigen Technologie ist eine Schallaufzeichnung ohne elektrische Übertragung und diese wiederum ohne Verstärker überhaupt nicht mehr denkbar. Der Besitzer des Vorbeck-Patents konnte jeden Schallplattenfabrikanten, der ihm nicht wohlgesonnen war, den Betrieb sperren und von jedem willfährigen Fabrikanten mühelos beliebig hohe Lizenzen erpressen. Offenbar gelang ihm dies mit Unterstützung der Gerichte. Das Patent, das 1917 noch für 1000 Reichsmark seinen Besitzer gewechselt hatte, war 1927 ein Millionenobjekt geworden, weil sein Wert ausschließlich nach dem Grundsatz 3 abgeschätzt wurde.
Grundsätze
Hinsichtlich des Sykes-Patents äußerte Barkhausen, dass die Verhältnisse wesentlich anders lagen:
Grundsatz (Sykes-Patent): Er stellte die Vermutung auf, dass Sykes alle heute bekannten Veröffentlichungen, insbesondere den Rheographen von Abraham, nicht gekannt habe. In diesem Fall müsse man die geistige erfinderische Leistung unvergleichlich viel höher bewerten als die von Vorbeck. Es bedürfe bereits eines hohen Maßes an Scharfsinn und erfinderischer Kombinationstätigkeit, um auf den Gedanken zu kommen, dass ein an sich ungünstig arbeitender Apparat mit sehr tiefer Abstimmung durch Verstärker und eine einfache elektrische Entzerrung vom theoretischen Standpunkt aus besonders günstig und verzerrungsfrei arbeiten könne.
Die Idee der elektrischen Entzerrung, wie sie am deutlichsten von Abraham in seinem Rheographen ausgesprochen wurde, dass Fehler in der mechanischen Apparatur nicht nur angenähert, sondern sogar mathematisch exakt durch geeignete Maßnahmen in der elektrischen Leitung wieder aufgehoben werden können, sei auch heute noch für jeden Ingenieur eine überraschende Erscheinung. Die wertvollen Teile der Überlegungen von Sykes seien abstrakte wissenschaftliche Erkenntnisse, die sich patentrechtlich nur schwer erfassen lassen.
Sykes stritt sich vier Jahre lang mit dem Reichspatentamt, um seinen Gedanken eine patentfähige Form zu geben. Die so entstandene Form sei leider wenig glücklich und ermögliche eine leicht missverständliche Deutung. Falls Sykes jedoch alle Vorveröffentlichungen gekannt hätte, bliebe kaum etwas von wertvoller erfinderischer Leistung übrig. Ob der Erfinder außer den Kosten für die Anmeldung weitere Ausgaben hatte, entzog sich Barkhausens Kenntnis. Sowohl der theoretische erste Teil der Anmeldung als auch die Art der späteren konstruktiven Vorschläge ließen den Eindruck entstehen, dass die Erfindung am Schreibtisch entstanden sei und nicht im Laboratorium oder in der Werkstatt.
Gemäß dem 2. Grundsatz beurteilt Prof. Dr. Heinrich Barkhausen den Nutzen und die technische Anregung, die die deutsche Industrie durch das Sykes-Patent erhalten hat, als nicht besonders hoch. Das Patent wurde erst 1924 bekannt gemacht und war so wenig klar abgegrenzt, dass es auch heute noch Fachleuten Schwierigkeiten bereitet, das erfinderische Neue praktisch zu erfassen.
Er argumentiert weiter, dass ähnliche Gedankengänge im Zusammenhang mit der allgemeinen Entwicklung der Elektroakustik und der Erfindung der Elektronenröhren nicht mehr fernliegend waren. Die experimentelle Forschertätigkeit zahlreicher Ingenieure habe hochwertige Verstärker mit einem den Eigenheiten der verwendeten Mikrophone und Lautsprecher angepassten Frequenzgang geschaffen, wie er für eine verzerrungsfreie Aufzeichnung erforderlich ist. Barkhausen ist der Meinung, dass die technische Entwicklung trotz des Sykes-Patents den gleichen Stand erreicht hätte.
Gemäß dem 3. Grundsatz richtet sich der Wert des Patents danach, inwieweit es möglich ist, die elektrische Schallaufzeichnung nach dem heutigen Stand der Technik zu umgehen. Die Möglichkeit der Umgehung hängt jedoch vollständig von der Art der Auslegung ab. Barkhausen kritisiert die Grammophon-Industrie und wirft ihr vor, ein abgeschlossenes Dasein geführt und sich in einem Stadium ängstlich abgeschlossener Probiertechnik befunden zu haben.
Er beklagt, dass er trotz mehrfacher Bemühungen in früheren Jahren nichts über die Probleme und Methoden der Grammophonindustrie erfahren konnte, obwohl er sich als Lehrer dazu verpflichtet fühlte. Barkhausen hebt hervor, dass die bedeutende Entwicklungsarbeit im Bereich der Schalltechnik seit der Erfindung der Elektronenröhre ausschließlich von elektrotechnischen Firmen mit großen Laboren und einem Stab von hervorragenden Ingenieuren geleistet wurde. Dies habe nicht nur die Grammophontechnik völlig umgestaltet, sondern auch die klangreine Lautsprecherübertragung, den Rundfunk und den Tonfilm geschaffen.
So wurden erste Schallplatten elektrisch geschnitten, noch ziemlich improvisiert. Ein Bild aus der „Illustrierten Zeitung Leipzig" vom Jahre 1927
Prof. Barkhausen hat in seinem Gutachten ein hartes Urteil über die Patente und deren Wert gefällt. Er betonte, dass die geistige und materielle Leistung des Vorbeck-Patents äußerst gering war und dass der Nutzen für die Industrie oder die Allgemeinheit ebenfalls sehr gering war. Er kritisierte auch das Sykes-Patent und zweifelte an seiner großen Bedeutung für die technische Entwicklung, da ähnliche Gedankengänge bereits existierten und die technische Entwicklung sich auch ohne das Patent zum gleichen Stand entwickelt hätte.
Ungeachtet dieser Patentstreitigkeiten ging kein Schallplattenproduzent am elektrischen Aufnahmeverfahren vorbei. Die elektrisch aufgenommenen Platten wurden immer beliebter, und viele Marken betonten dies sogar auf ihren Etiketten oder in ihren Markennamen. Die neue Technik war der Standard für Schallplattenaufnahmen, und es entstanden spezielle Marken wie Elektrola und Elektro-Vox, die die elektrische Aufnahme hervorhoben. Die Tri-Ergon-Platte, die als "photoelektrisch aufgenommen" beworben wurde, spielte ebenfalls eine Rolle in der Geschichte der Schallplattenaufnahme. Obwohl das Unternehmen einige Jahre lang Platten herstellte, schloss jedes Jahr mit einem Verlust ab, was schließlich zur Einstellung der Produktion führte. Trotz der Herausforderungen und Patentstreitigkeiten hat die elektrische Schallaufzeichnung einen enormen Einfluss auf die Schallplattenindustrie gehabt und den Weg für die heutige Hi-Fi-Technik geebnet.
Tri-Ergon und die Pioniere
Die Geschichte von Tri-Ergon ist faszinierend und zeigt, wie die Pioniere der Tonfilmtechnik versuchten, ihre Erfahrungen auf die Schallplattenherstellung zu übertragen. Tri-Ergon war ein deutsches Unternehmen, das in den 1920er und 1930er Jahren bedeutende Fortschritte in der Tonaufzeichnung und -wiedergabe machte. Das von Hans Vogt, Dr. Jo Engl und Joseph Masolle entwickelte Tri-Ergon-Verfahren basierte auf der Verwendung von Lichtton, bei dem der Ton auf einem Filmband fotografisch aufgezeichnet wurde. Diese Technik wurde zunächst für den Tonfilm eingesetzt, aber später auch auf die Schallplattenherstellung angewendet.
Die Methode der Zeitlupe, bei der der Ton mit einer verlangsamten Geschwindigkeit auf die Schallplatte übertragen wurde, ermöglichte eine detailliertere Aufnahme von Schallwellen und feinen Schwingungen. Diese Technik umging das zuvor erwähnte Sykes-Patent, das die Frequenzlinearität des Aufzeichnungszugs schützte. Allerdings stieß die Tri-Ergon-Technik auf Schwierigkeiten, da die damalige Tonaufzeichnung auf Film noch nicht die Qualität erreichte, die für die Übertragung auf hochwertige Schallplatten notwendig war. Die Tonqualität von Lichttonfilmen aus jener Zeit war im Vergleich zu der der damaligen Schallplatten unzureichend. Dies führte dazu, dass bestimmte Tonfilme mit prominenten Schauspielern wie Alexander Moissi nicht den erwarteten Erfolg hatten, da die klangvolle und nuancenreiche Sprachmelodik der Schauspieler nicht angemessen wiedergegeben werden konnte. Obwohl die Tri-Ergon-Platten in der Geschichte der Schallplattenaufnahme eine wichtige Rolle spielten, hatte die Tri-Ergon Musik AG keine langfristige Erfolgsgeschichte. Das Unternehmen schloss jedes Jahr mit Verlusten ab und stellte schließlich die Produktion von Schallplatten ein. Nichtsdestotrotz haben die Bemühungen und Innovationen von Tri-Ergon einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung der Tonaufzeichnungstechnologie geleistet und den Weg für weitere Fortschritte in der Schallplattenindustrie geebnet.
Das Bild zeigt die Arbeitsweise der Tri-Ergon bei der Schallplattenherstellung mit dem Einsatz eines Zwischenträgers. Zunächst wurde der Ton nach dem Lichttonverfahren auf einem Filmband photographisch aufgezeichnet. Anschließend erfolgte die Übertragung dieses Filmbands mit einer stark verlangsamten Geschwindigkeit auf die Schallplatte.
Der Prozess funktionierte folgendermaßen:
1. Tonaufzeichnung auf Film: Der Ton wurde zunächst mit Hilfe des Lichttonverfahrens auf einem Filmband festgehalten. Dabei wurde der Ton in Form von optischen Tonspuren auf dem Film belichtet.
2. Zeitlupen-Abtastung: Das aufgezeichnete Filmband wurde dann mit einer extrem verlangsamten Geschwindigkeit abgetastet. Dies bedeutet, dass der Ton in Zeitlupe wiedergegeben wurde, wodurch die Tonfrequenzen um einen Faktor von 20 bis 100 herabgesetzt wurden.
3. Schneiden der Schallplatte: Die verlangsamten Tonfrequenzen wurden genutzt, um die Schallplatte abzuschneiden. Die Schallplatte lief ebenfalls mit einer entsprechend langsameren Geschwindigkeit.
Durch diese Methode konnte Tri-Ergon Schallplatten herstellen, die feinere Schwingungen und nuancenreichere Tonspuren erfassten, als es mit den herkömmlichen Schneidetechniken möglich war. Die verlangsamten Tonfrequenzen lagen unterhalb möglicher Resonanzen des Schneidesystems und ermöglichten so eine bessere Aufnahmequalität. Obwohl die Tri-Ergon-Technik bahnbrechend war, stieß sie aufgrund der noch begrenzten Qualität der Tonaufzeichnung auf Film auf gewisse Schwierigkeiten. Dennoch leistete Tri-Ergon einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung der Tonaufzeichnungstechnologie und beeinflusste die Schallplattenindustrie maßgeblich.
Die Tri-Ergon-Erfinder haben in der Schallplattenherstellung zwei innovative Prinzipien eingeführt:
1. Einsatz eines Zwischenträgers: Die Tri-Ergon benutzte erstmals ein Filmband als Zwischenträger, das vor dem eigentlichen Plattenschnitt programmgerecht bearbeitet werden konnte. Dies ermöglichte eine gezielte Bearbeitung und Optimierung des Tonsignals auf dem Filmband, bevor es auf die Schallplatte übertragen wurde. Heutzutage wird häufig Magnetband als Zwischenträger für die Schallplattenherstellung verwendet.
2. Verlangsamter Schnitt: Das zweite von Tri-Ergon neu eingeführte Verfahren war der verlangsamte Schnitt. Dabei wurde der Ton auf dem Filmband in einer Zeitlupe, also mit wesentlich verlangsamter Geschwindigkeit, aufgenommen und dann mit derselben langsamen Geschwindigkeit auf die Wachsplatte übertragen. Durch diesen verlangsamten Schnitt wurden die Tonfrequenzen um einen Faktor von 20 bis 100 herabgesetzt, sodass sie unterhalb möglicher Resonanzen des Schneidesystems lagen. Dadurch konnten auch feinste Schwingungen erfasst werden, die bei der herkömmlichen Methode oft unberücksichtigt blieben. Diese Technik ermöglichte eine verbesserte Aufnahmequalität und umging gleichzeitig das Sykes-Patent, das die Frequenzlinearität des Aufzeichnungszugs betraf.
Obwohl die Tri-Ergon-Technik bahnbrechend war, hatte die Tonaufzeichnung auf Film zu jener Zeit noch gewisse Einschränkungen hinsichtlich der erreichbaren Tonqualität. Die Tonfilmtechnologie steckte noch in den Kinderschuhen und konnte nicht mit der Spitzenqualität der damaligen Schallplatten mithalten. Lichttonfilme aus dieser Zeit zeigen im Vergleich zur Tonqualität der damaligen Schallplatten eine bescheidenere Klangqualität. Trotz der Fortschritte durch Tri-Ergon blieb die Tonaufzeichnung auf Film für die Übertragung auf Schallplatten der Spitzenklasse unzureichend. Dennoch legte die Tri-Ergon einen wichtigen Grundstein für die Entwicklung der Tonaufzeichnungstechnologie und ihre Erfahrungen wurden später bei der Entwicklung von Bildplatten und anderen Tonfilmtechniken genutzt.
In den Anfangsjahren der elektrischen Schallplattenaufnahmen waren die Mikrofone noch vergleichsweise primitiv und es wurden sogar Kohlemikrofone verwendet (Bild 181). Diese frühen Mikrofone hatten begrenzte technische Möglichkeiten und konnten nicht die volle Bandbreite der menschlichen Stimme erfassen. Daher konnten einige Künstler, deren Stimme von den Trichtermikrofonen in ihrer begrenzten Bandbreite "geschmeichelt" wurde, bei der Verwendung von elektrischen Mikrofonen enttäuschen und ihre Stimme kam möglicherweise nicht so gut zur Geltung wie erwartet. Ein Beispiel dafür war der Schauspieler Alexander Moissi, dem nach seiner Aufnahme in einem Tonfilm der Erfolg versagt blieb, da die damalige Tontechnik nicht in der Lage war, die nuancenreiche Sprachmelodik seiner klangvollen und weichen Stimme angemessen wiederzugeben.
In der Frühzeit der elektrischen Aufnahmen standen noch keine fortschrittlichen Methoden wie elektrische Filter oder die digitale Bearbeitung zur Verfügung, mit denen man heute eine Stimme oder andere Aufnahmen nachträglich "bearbeiten" kann, um bestimmte Klangcharakteristiken zu verändern oder zu verbessern. Die Technologie für solche nachträglichen Audiobearbeitungen war damals noch nicht entwickelt, und die Aufnahmen mussten weitgehend so bleiben, wie sie ursprünglich aufgenommen wurden. Trotz der primitiven Technik und den Herausforderungen in der Anfangszeit der elektrischen Schallplattenaufnahmen, führten die Fortschritte in der Mikrofontechnik und der Audiotechnologie im Laufe der Zeit zu immer besserer Aufnahmequalität, und die elektrische Schallplattenindustrie setzte ihren Siegeszug fort, veränderte die Musikindustrie und ermöglichte eine ganz neue Ära der Musikwiedergabe und -aufnahme.
Das Mikrofon spielte eine entscheidende Rolle dabei, einige Künstler zu Stars zu machen, die sonst auf der Bühne vielleicht keine Chance gehabt hätten. Ein hervorragendes Beispiel dafür war der Sänger Joseph Schmidt, der klein an Gestalt war und eine vergleichsweise kleine Stimme hatte. Dank des Mikrofons und der entsprechenden Verstärkung konnte seine Stimme jedoch bei der Aufnahme auf Platte wie die eines ganz großen Sängers klingen.
Seine ersten Aufnahmen wurden 1929 mit dem neuen Kondensatormikrofon gemacht, das intern als die "Neumann Flasche" bekannt war und von Georg Neumann in Berlin für Telefunken gebaut wurde. Dieses Kondensatormikrofon revolutionierte die Welt des Rundfunks und der Schallplatte und ermöglichte eine deutlich verbesserte Klangqualität bei den Aufnahmen.
In den folgenden Jahrzehnten bis zur Mitte der fünfziger Jahre wurden viele Schallplatten mit diesem Kondensatormikrofon aufgenommen. Es eröffnete den Künstlern neue Möglichkeiten, da sie nun mit ihrer Stimme oder ihrem Instrument eine viel größere Hörerschaft erreichen konnten. Das Mikrofon half dabei, die musikalischen Darbietungen lebendiger und ausdrucksstärker einzufangen und somit die Schallplattenindustrie zu revolutionieren.
Bild zeigt den berühmten Berliner Kapellmeister Woitschack bei einer Aufnahme für Telefunken mit dem Kondensatormikrofon vor der legendären "Neumann Flasche". Diese Bilder verdeutlichen, wie das Mikrofon die Welt der Musikwiedergabe und -aufnahme verändert hat und viele Künstler zu Weltruhm verholfen hat.
Bild zeigt ein weiteres Beispiel für die primitiven Mikrofon-Setups der damaligen Zeit. Hier ist ein Mikrofon durch einen Tisch erhöht, um die Schallquelle besser aufzunehmen. Im Vergleich zu den heutigen hochentwickelten und empfindlichen Mikrofonen waren die damaligen Modelle weniger raffiniert und erforderten oft improvisierte Lösungen, um optimale Aufnahmen zu erzielen. Trotzdem gelang es den Aufnahmetechnikern und Produzenten, mit den vorhandenen Mitteln bemerkenswerte Aufnahmen zu realisieren.
Bild zeigt eine Schneideapparatur aus den dreißiger Jahren. Hier wird der Schall auf eine Schneidewalze übertragen, um die Wachsplatte für die Schallplattenherstellung zu erstellen. Die Schneideapparatur wurde von der Firma Klangfilm verwendet, einem bedeutenden Hersteller von Tonfilmtechnik in Deutschland.
Diese Bilder illustrieren die technologischen Fortschritte und Herausforderungen, mit denen die Schallplattenindustrie und die Tontechniker zu kämpfen hatten. Trotz der damals primitiven Ausrüstung gelang es ihnen, wegweisende Aufnahmen zu produzieren und die Grundlage für die weitere Entwicklung der Tonaufzeichnung zu legen. Mit der Zeit wurde die Technologie immer fortschrittlicher, was zu einer erheblichen Verbesserung der Klangqualität und Aufnahmetechniken führte. Heutzutage verfügen wir über hochentwickelte Mikrofone, digitale Aufnahmetechniken und digitale Signalverarbeitung, die uns ermöglichen, Klänge in höchster Qualität zu erfassen und zu reproduzieren.
Bis 1945 wurden die Schallplatten, die für die Massenproduktion bestimmt waren, vor allem in Wachs geschnitten, jedoch bereits mit einem aufgeheizten Schneidstichel (siehe Bild 184 und 185). Der elektrisch geheizte Schneidstichel wurde erstmals 1892 von W. Brüning benutzt. Beim Schneiden der Wachsmatrizen für die Schallplatten beschränkte man sich jedoch lange Zeit auf das Anwärmen der Wachsmasse.
Die dicken Wachsplatten wurden kurz vor dem Schnitt sauber plangedreht, und das Wachs wurde für den Schnitt zusätzlich erwärmt. Die Wachsabdrehmaschine auf Bild 185 stammt von der Firma Georg Neumann und wurde im Jahr 1932 gebaut. Für Platten, die zum baldigen Abspielen bestimmt waren oder für Archivzwecke des Rundfunks oder politische Zwecke verwendet wurden, schnitt man vornehmlich in Folie anstelle von Wachs.
Diese frühen Aufnahmetechniken und Materialien waren zwar primitiver als die heutigen Methoden, dennoch gelang es den Tontechnikern, beeindruckende Aufnahmen zu machen, die einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der Schallplattentechnologie und der Tonaufzeichnung insgesamt leisteten. Mit der Zeit wurden die Techniken und Materialien immer weiter verbessert, was schließlich zu den hochwertigen Schallplatten und Tonaufnahmen führte, die wir heute kennen.
Die wirtschaftliche Situation in den zwanziger und dreißiger Jahren hatte einen erheblichen Einfluss auf die Schallplattenindustrie. Nach einem enormen Aufschwung erreichte die Industrie im Jahr 1929 einen Höhepunkt mit einem Plattenabsatz von 30 Millionen Stück. Allerdings wurde die Schallplattenindustrie auch stark von der einsetzenden Weltwirtschaftskrise betroffen, die in den späten zwanziger und frühen dreißiger Jahren begann.
Die Krise führte zu einem drastischen Rückgang der Plattenverkäufe und stellte die Unternehmen vor große Herausforderungen. Das Schaubild des Börsenkurses der Aktien des riesigen Deutschen Carl Lindström-Konzerns (siehe Bild 147), zu dem das Label Parlophon gehörte, veranschaulicht die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise auf die Schallplattenindustrie.
Die schwierige wirtschaftliche Lage führte dazu, dass viele Schallplattenhersteller ihre Produktionsmethoden überdachten und neue Technologien, insbesondere die Elektroindustrie, in den Fokus rückten. Die elektrische Schallaufzeichnung und die Verwendung von elektrischen Verstärkern ermöglichten eine deutlich verbesserte Klangqualität und waren kosteneffizienter in der Produktion.
In den dreißiger Jahren, trotz der wirtschaftlichen Herausforderungen, wurden immer noch bedeutende Fortschritte in der Schallplattentechnologie gemacht, und die Branche erholte sich langsam. Neue Aufnahmetechniken, verbesserte Mikrofone und innovative Schneidetechniken trugen dazu bei, dass die Schallplatte als Medium für die Musikwiedergabe weiterhin beliebt blieb und sich weiterentwickelte. Die Elektrifizierung und technologische Fortschritte hatten einen bedeutenden Einfluss auf die Schallplattenproduktion und verhalfen der Musikindustrie zu neuen Möglichkeiten und Chancen.
Die Weltwirtschaftskrise von 1929 hatte verheerende Auswirkungen auf die Schallplattenindustrie und führte zu einem drastischen Einbruch des Plattenabsatzes. Das Schaubild der Aktienkurse des deutschen Schallplattenkonzerns Lindström verdeutlicht den rasanten Aufstieg der Industrie bis 1929 und den starken Absturz nach dem Beginn der Weltwirtschaftskrise.
Die Aktienkurse von Lindström und anderen Schallplattenunternehmen erlitten massive Kursverluste, und einige Unternehmen mussten sogar Insolvenz anmelden. Die Deutsche Ultraphon, eine große Schallplattenfirma in Deutschland, war Teil des unterkapitalisierten Küchenmeisterkonzerns, der 1931 zusammenbrach. Die Schallplattenindustrie in den USA war ebenfalls stark betroffen. Der Umsatz an Platten sank von 110 Millionen am Ende der zwanziger Jahre auf unter 10 Millionen im Jahr 1934. Die Absatzrückgänge und wirtschaftlichen Herausforderungen zwangen die Unternehmen dazu, ihre Produktionsmethoden zu überdenken und nach kosteneffizienten Lösungen zu suchen.
Eine der Folgen der Krise war die Übernahme des umfangreichen Matrizenlagers der Marken "Ultraphon" und "Musica Sacra" durch die neu gegründete Telefunken Platte GmbH, die aus der Liquidation der Deutschen Ultraphon hervorging. Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage setzte die Schallplattenindustrie ihre technologische Entwicklung fort und arbeitete an neuen Aufnahmetechniken, um die Klangqualität weiter zu verbessern. Die Einführung der elektrischen Schallaufzeichnung und die Verwendung von elektrischen Verstärkern halfen der Branche, sich allmählich von den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise zu erholen und neue Perspektiven zu erschließen.
Die Übernahme der Deutschen Grammophon durch Telefunken im Jahr 1937 markierte eine bedeutende Verlagerung der deutschen Schallplattenindustrie zur Elektroindustrie, insbesondere zu Unternehmen wie AEG und Siemens, den Muttergesellschaften von Telefunken. Nach der Übernahme blieb die Telefunkenplatte bei Telefunken, während die Deutsche Grammophon zu Siemens kam, nachdem AEG und Siemens sich 1941 getrennt hatten.
Die Schallplatteninteressen von Telefunken führten dazu, dass das Unternehmen nun auch in die Forschung und Entwicklung im Bereich der Schallplattentechnik einstieg. Dies umfasste unter anderem die Entwicklung erster elektrischer Tonabnehmer. Die Grundlagen für diese Technologien wurden jedoch bereits in den USA entwickelt, wie es in der weiteren Betrachtung der Geschichte deutlich wird. Der Wechsel zur Elektrotechnik und Elektronik ermöglichte der Schallplattenindustrie weitere technologische Fortschritte und Verbesserungen in Bezug auf die Aufnahme- und Wiedergabetechnik. Dies war ein wichtiger Schritt für die Entwicklung der Schallplatte als Medium für die Verbreitung von Musik und Informationen. Die Forschung und Innovation im Bereich der Schallplattentechnik setzte sich auch nach dem Zweiten Weltkrieg fort, was zu weiteren Verbesserungen der Klangqualität und Haltbarkeit von Schallplatten führte.
In den USA führte ein ähnlicher Trend wie in Deutschland dazu, dass der wichtigste Teil der Schallplattenindustrie in den 1930er Jahren mit der Elektroindustrie verschmolz. Eldridge Johnson, der Pionier der Schallplatte, zog sich aus seinem Unternehmen zurück, das dann von der Radio Corporation of America (RCA) übernommen wurde und den Namen RCA-Victor Corp erhielt.
Im Gegensatz dazu verlief die Entwicklung in England anders. Dort übernahm nicht die blühende Radioindustrie den angeschlagenen Schallplattenbereich, sondern die Grammophone Company (später als EMI bekannt) erweiterte ihr Arbeitsgebiet durch den Zusammenschluss mit elektrotechnischen Firmen, die Radiogeräte, Kühlschränke und andere elektronische Geräte herstellten.
Die Verbindung von Schallplattenfirmen mit Elektronik- und Elektroindustrieunternehmen ermöglichte es, Synergien zu nutzen und die Entwicklung und Verbreitung von Technologien in der Tonträgerindustrie weiter voranzutreiben. Die Elektronik spielte eine wichtige Rolle bei der Verbesserung der Aufnahme- und Wiedergabetechnik und führte zu einer besseren Klangqualität und Haltbarkeit von Schallplatten. Dies trug zur weiteren Popularität und Verbreitung der Schallplatte als Hauptmedium für Musik und Tonübertragung bei.
Der Name "EMI" hat eine interessante Bedeutung, da er für "Elektrische und Musikalische Industrien" steht.
Bild 190
Die Firma, die jetzt unter dem neuen Namen "Elektrische und Musikalische Industrien" (EMI) bekannt ist, ist nicht nur Englands führender Schallplattenhersteller, sondern auch international bekannt für ihre hochwertigen Funkanlagen. Im Jahr 1936 leitete Isaac Shoenberg, später bekannt als Sir Isaac, die Entwicklung des ersten vollelektronischen Fernsehstudios in England, was erneut die enge Verbindung zwischen der Schallplatten- und Elektroindustrie unterstreicht!
14. Die neue Ära beginnt
Ein neues Zeitalter brach an: Die Ära der elektronischen Verstärkung für die Wiedergabe.
In Bild 191 konnte die Lautstärke des Klangs - wenn auch begrenzt - durch die Form und Dicke der Nadeln beeinflusst werden. Der Hersteller empfahl ein Sortiment, das sich besonders für Damenstimmen und Streichinstrumente eignete.
Bild 192 zeigt vier parallel abgespielte Platten, um die Lautstärke zu erhöhen (Foto: Decca).
Auf Bild 193 sehen wir den stolzen Besitzer eines "Kaffeehaus-Grammophons".
Die mechanisch-akustische Wiedergabe hatte dem klassischen Grammophon eine große Verbreitung verschafft, dank seiner beeindruckenden Einfachheit.
Jedoch hatte es zwei unvollkommene Eigenschaften: Die Lautstärke konnte nur unbefriedigend reduziert werden und es war auch nicht einfach, es auf Saallautstärke zu bringen. Die Bewegung der Membran und die damit erzeugte Schallenergie wurden ausschließlich von den Auslenkungen in der Schallrille gesteuert, ohne die Zwischenschaltung einer Verstärkereinrichtung. Die frühen Methoden der Lautstärkeregelung
Die Wiedergabelautstärke konnte man - wenn auch nur in begrenztem Maße - durch die Verwendung spezieller Nadeln verändern (siehe Bild 148).
Bei den Schrankgrammophonen konnte man die Türchen vor dem Trichterausgang schließen, und bei Edisons Spitzentruhe befand sich ein Hebel, um eine Blende zur Lautstärkeregelung mehr oder weniger in den Trichter hineinzuschieben und so den Schallaustritt zu beeinträchtigen. Als Studenten nutzten wir sogar Wollsocken, um den Trichter zu dämpfen, wenn wir uns abends ohne die Einwände der Wirtin mit Musik unterhalten wollten.
Die Anhebung der Lautstärke war jedoch schwieriger. Die Energie, die aus der Schallrille entnommen werden konnte, reichte bei weitem nicht aus, um eine Lautstärke zu erzeugen, die für einen großen Saal ausreichend gewesen wäre. Die Notwendigkeit solcher Vorführungen wurde offensichtlich, wie die Geräte in Bild 149 und Bild 150 belegen. Das gleichzeitige Abspielen mehrerer Platten, um die Lautstärke zu erhöhen, erwies sich jedoch als technische Unzulänglichkeit, eine vorübergehende Lösung, die keinen Erfolg brachte. Was man wirklich brauchte, war eine Verstärkungseinrichtung, die die von der Rille gesteuerte Schallenergie verstärken konnte.
Edisons "Aerophons" - ein pneumatischer Schallverstärker und das Auxetophon
Bereits lange bevor man auch nur an den Elektronenröhrenverstärker dachte, schlug Edison einen pneumatischen Schallverstärker für den Phonographen vor. Das von ihm am 4. März 1878 beim amerikanischen Patentamt angemeldete Prinzip seines "Aerophons" wurde später von Sir Charles Angernon Parsons (1854-1931), dem weltberühmten Erfinder der Überdruckdampfturbine, für die Schallplatte perfektioniert. "His Masters Voice" baute das Gerät unter dem Namen Auxetophon, und es verursachte eine Sensation, als es im Dezember 1906 die riesige Albert Hall in London beschallte.
Am 12. Mai 1912 wurde Tausenden von Besuchern im "Crystal Palace" noch einmal das Abschiedskonzert der Patti von Platten vorgeführt. Das Prinzip bestand darin, dass die Grammophonnadel ein Ventil (eine Blende) bewegte, das einen von einem Kompressor in den Schalltrichter geleiteten Preßluftstrahl in seiner Stärke im Rhythmus der Tonschwingungen steuerte. Das Ergebnis war eine Schallwiedergabe, deren Lautstärke nahezu unbegrenzt gesteigert werden konnte - daher erhielten diese Wiedergabegeräte in Deutschland den treffenden Namen "Starktonmaschine".
Bild 194 Stentorphon / Starkton-Grammophon
Bild 151 zeigt das "Stentorphon", ein Starkton-Grammophon, das durch einen Kompressor mit Preßluft betrieben wird.
Weltweit entstanden Varianten des Auxetophons (siehe Bild 151). Eine solche, von den Berlinern als "Windmusikmaschine" bezeichnete Variante stand lange Zeit im Zirkus Busch in Berlin. In Wien wurde ein Modell namens "Makrophon", das von Pathe gebaut wurde und 1907 aufgestellt wurde, ausführlich beschrieben:
"Gegenwärtig werden in Wien, wo das erste Modell im Kärntnerhof ausgestellt ist, täglich vormittags von 11-12 Uhr und nachmittags von 5-6 Uhr Konzerte gegeben. Diese erfreuen sich stets eines großen Zuspruchs und der Besuch ist für jedermann kostenlos. Der Aussteller hatte die clevere Idee, bei diesen Konzerten nur hochklassische Stücke zur Vorführung zu bringen, um den bloß neugierigen Mob in den ersten Tagen fernzuhalten, und dieser Plan war erfolgreich.
Der Kärntnerhof, dessen Glashalle den Innenraum der größten Wiener Theater noch deutlich übertrifft, ist derzeit eine der Hauptattraktionen in Wien. Fast täglich kommen verschiedene Sänger, deren Stimme aufgenommen wurde, um sich an ihrer eigenen Stimme zu erfreuen, die sie nicht besitzen. Die Töne des Makrophons sind in ruhigeren Stunden, wenn der Wagenverkehr nicht zu lebhaft ist, bis zum Operngebäude hörbar."
Bild 195 zeigt ein Lautsprechersystem, das auf den Grammophontrichter aufgesteckt werden kann (um 1925).
Bild 196 zeigt, wie es 1923 bei einem Radiobastler aussah. Ein elektromagnetisches System (rechts) bewegt im Rhythmus des Radioempfangs die Nadel der Schalldose eines Grammophons und macht es so zum Lautsprecher.
Bereits in den ersten Tagen des Rundfunks fand das Grammophon bei den Amateuren eine ganz andere Anwendung: Man konnte elektromagnetische Schalldosen kaufen (Bild 152) oder sie sich selbst aus einem Telephonhörer zusammenbasteln. Diese wurden dann statt der Schalldose an den Grammophontrichter gesteckt und somit das Grammophon als Lautsprecher genutzt - und das in einer Zeit, als ein Lautsprecher noch eine Seltenheit war (Bild 153).
Der elektromagnetische Tonabnehmer revolutionierte die Situation schlagartig, als er 1926/27 aus Amerika nach Europa kam. Bereits zwei Jahre zuvor war die elektromagnetische Schneidtechnik aus Amerika angekommen, und nun war auch der elektromagnetische Tonabnehmer verfügbar. Dadurch wurde die Einspielung von Schallplatten in Rundfunkprogramme endlich gelöst.
Die Entwicklung des elektromagnetischen Tonabnehmers wurde maßgeblich von Ingenieuren der Forschungsabteilung der General Electric Corp. (GE) vorangetrieben, insbesondere von Edward Kellogg. Er veröffentlichte seine Arbeiten dazu im Jahr 1927. Schon zwei Jahre zuvor, auch für die Schallplattenwiedergabe, hatte er zusammen mit Chester Rice den elektrodynamischen Konuslautsprecher (Rice-Kellogg-Lautsprecher) erfunden. Dieser Lautsprecher nutzte ein Grundprinzip, das heute noch fast ausschließlich verwendet wird.
Bild 197
Abbildung 154 zeigt ein innovatives Grammophon von Pathe mit einem außergewöhnlichen Papierkonus-"Sprecher". Dieses Grammophon war ein Übergang von mechanischer zu elektronischer Technologie, bei dem das bisherige Hebelsystem zwischen Nadel und Konus durch einen mechanisch-elektrischen Wandler, einen Verstärker und ein elektromagnetisches Antriebssystem für den Konus als Lautsprecher ersetzt wurde.
Bild 198 Radiolautsprecher mit einem Papierkonus, hergestellt von Crosley im Jahr 1925.
Während früher beim Pathe-Grammophon die Nadel den Konus durch ein Hebelwerk direkt beeinflusste, wurde dies nun durch eine mechanisch-elektrische Wandlung ersetzt. Ein Tonabnehmer (Pick-Up) mit regelbarem Verstärker und elektrisch-mechanischem Antriebssystem für den Konus übernahm diese Aufgabe.
Bild 199 Anlage aus dem Jahr 1930, die einen Lautsprecher mit Faltmembran sowie als sogenannte Kraftverstärkeranlage mit zwei Rice-Kellogg-Lautsprechern zeigt.
Dieses Tischgrammophon verfügt über einen Tonabnehmer, dessen separater Verstärkungsregler anstelle der Abstimmspule in den Audionempfänger (mit einem Faltmembran-Lautsprecher) gesteckt ist. Durch die Ergänzung mit "Kraftverstärkern" und dynamischen "Kraftlautsprechern" wurde daraus eine Saalanlage, wie sie um 1930 von Telefunken angeboten wurde.
Bild 200 die verschiedenen möglichen Wandler-Systeme laut Kellogg.
Kellogg entschied sich für die elektromagnetische Wandlung, nachdem sein Kollege Rice wenig Erfolg mit der piezoelektrischen Wandlung hatte.
In der Erstveröffentlichung über elektromagnetische Tonabnehmer stellte Kellogg die verschiedenen möglichen Systeme zusammen. Heute, 50 Jahre nach dieser Veröffentlichung, könnte man nur noch dasjenige System hinzufügen, bei dem von der Nadel ein winziges Magnetchen in einer Spule bewegt wird, sodass das äußere Magnetfeld entfallen kann.
Bild 201 links das Grundprinzip des Wandlers mit gesteuertem magnetischem Fluss. In der Mitte und rechts sehen wir die von Kellogg gewählte Vierpolausführung und ihre Funktion.
Bild 202 das deutsche AEG-Patent.
Die engen Beziehungen zwischen der deutschen AEG und der amerikanischen General Electric (GE) - GE war Aktionär der AEG - führten dazu, dass die GE-Patente über die AEG zu Telefunken gelangten. Als Tochterunternehmen der AEG und Siemens wurde bei Telefunken die Weiterentwicklung dieser Patente durchgeführt. Die AEG-Patentschrift von 1926 enthält eine detaillierte Zeichnung des ersten serienmäßig gefertigten Tonabnehmers (Abbildung 202).
Die Schalldose
Bild 203
Die Schalldose, auch als Tondose bezeichnet, war eine innovative Entwicklung, die von der Firma EMT bis heute verwendet wird. Abbildung 203 zeigt das "Arcofar", eine der ersten Kombinationen von Rundfunkgerät mit Plattenspieler, hergestellt von Telefunken um 1930. Interessant ist, dass der Lautstärkeregler für die Schallplattenwiedergabe oben und hinten neben dem Tonarmlager platziert ist.
Abbildung 204 zeigt die ersten Doppelplattenspieler mit eingebauten Verstärkern, die für professionelle Zwecke wie den Rundfunkbetrieb entwickelt wurden.
Es gab verschiedene Firmen, die ähnlich konstruierte Tonabnehmer auf den Markt brachten, meist in Form von Dosen, die man anstelle der Schalldose in das klassische Grammophon einsetzte, sodass dieses dann nur noch als Plattenspieler fungierte. Es wurden auch komplette Kombinationsgeräte entwickelt, die ein Rundfunkgerät mit einem Plattenspieler kombinierten. Die Verbindung eines Plattenspielers mit einem handelsüblichen Rundfunkgerät war anfangs nicht einfach, da die einfacheren Geräte keinen Tonabnehmeranschluss und keinen niederfrequenten Lautstärkeregler besaßen. Bei den Audioempfängern wurde die Lautstärke beim Rundfunkempfang durch unterschiedliche Ankopplung der Antenne oder Rückkopplung reguliert.
Bild 204
Deshalb wurden den ersten Tonabnehmern ein aufsteckbarer Lautstärkeregler beigelegt, während bei kompletten Tonarmen dieser direkt an der Drehlagerstelle des Armes eingebaut war. Für den Rundfunkbetrieb und Großveranstaltungen wurden spezielle Doppelplattenspieler mit eingebauten Verstärkern entwickelt.
Im Zuge der Entwicklung der akustisch-mechanischen Aufnahmetechnik waren zunächst geübte Ohren das Maß der Dinge, um die Aufnahmen zu bewerten. Mit der Beteiligung von Physikern und Elektrotechnikern in der Entwicklung der Aufnahmetechnik und elektromechanischen Wiedergabetechnik gewannen jedoch physikalische Überlegungen und Messmethoden an Bedeutung.
Diese Weiterentwicklung ermöglichte es, nach und nach die Hi-Fi-Technik zu schaffen. Im Folgenden wird ein bisschen elementare Physik erläutert:
Wenn wir im linearen Bereich Sinusschwingungen aufzeichnen und eine Amplitude A betrachten, ist die Geschwindigkeit v, die beim Durchgang durch die Nullinie vorhanden ist, gegeben durch:
Dabei steht f für die Frequenz der Sinusschwingung.
Für Töne unterschiedlicher Höhe, also verschiedener Frequenzen f, steigt bei einer festgehaltenen Auslenkungsamplitude A die Auslenkungsgeschwindigkeit (auch als Schnelle bezeichnet) proportional zur Frequenz f an. Wenn die Schnelle v jedoch konstant bleiben soll, folgt daraus ein Frequenzgang für die Auslenkungsamplitude A, der mit 1/f abfällt.
Ein anschauliches Beispiel ist die Saite einer Geige, die mit dem Bogen gestrichen wird. Alle Töne haben dieselbe Geschwindigkeit, nämlich die des streichenden Bogens. Daher schwingen bei tiefen Tönen die Saiten mit großen sichtbaren Ausschlägen, während die Ausschläge bei hohen Frequenzen so klein sind, dass sie nicht sichtbar sind.
Die maximale Beschleunigung in der Schwingungsmitte berechnet sich zu:
Hier wird die Geschwindigkeit v durch Differentiation der Amplitude A nach der Zeit erzeugt, und die Beschleunigung wird durch zweimalige Differentiation der Amplitude erhalten. Die Differentiation entspricht bei der Sinusschwingung einer Multiplikation mit f. Dann wäre noch die Kraft zu erwähnen, mit der die Masse M hin- und hergezerrt wird. Es ist, wieder im Sinusfall, also bei einer sinusförmigen Kraft p
Die folgende Passage beschreibt die Zusammenhänge zwischen der Frequenz f einer hin- und herzerrenden Kraft p und den resultierenden Werten für Beschleunigung b, Geschwindigkeit v und Amplitude A einer Masse M:
1. Wenn eine Kraft p mit der Frequenz f = 10 Hz wirkt, wird der Masse eine Beschleunigung b verliehen, die gleich ist wie bei einer Kraft der gleichen Größe p, die mit der Frequenz f = 1 Hz eine ganze Sekunde lang wirkt. Allerdings ist die Geschwindigkeit v in diesem Fall 10-mal kleiner und die Amplitude A sogar 100-mal kleiner.
Dies zeigt, dass die Wahl der Schneidkennlinie einer Platte von den oben beschriebenen Zusammenhängen abhängt. Es muss berücksichtigt werden, dass bei elektromagnetischen Tonabnehmern eine Spannung erzeugt wird, die proportional zum Produkt aus Auslenkung und Frequenz ist, wenn die Spule durch die Nadel sinusförmig bewegt wird. Dies ist gleichbedeutend mit der Schnelle oder, auf die Schallrille bezogen, proportional zum Produkt aus Umfangsgeschwindigkeit und maximaler Steilheit der Auslenkung. Ein Schnitt mit konstanter Schnelle würde daher für alle Frequenzen eine konstante Ausgangsspannung bei einem solchen Tonabnehmer ergeben.
Bild 205
Bild 205 zeigt den Schneidfrequenzgang, der 1943 in DIN 6151 für die 78er-Platte festgelegt wurde. Dabei ist die Lichtbandbreite (Schnelle) auf 18 mm bei 800 Hz normiert. In der Zeit, als die Platten noch von mechanischen Geräten mit Schalltrichtern abgespielt wurden, ähnlich einem Schnelletonabnehmer, wurde angestrebt, möglichst wenig von einem Schnitt mit konstanter Schnelle abzuweichen.
Allerdings würde dies bedeuten, dass die geometrische Amplitude nach höheren Frequenzen hin abfällt, um eine konstante Spannungsabgabe zu gewährleisten. Dadurch würden die Ausschläge bei höheren Frequenzen, trotz gewähltem Ausschlag bei der tiefsten Frequenz, in die Größenordnung der Plattenkörnigkeit kommen, sodass die Wiedergabequalität beeinträchtigt würde.
Aus diesem Grund einigte man sich für die 78er Platte auf einen Kompromiss, der schließlich - nach unterschiedlicher Handhabung bei den einzelnen Herstellern - 1943 zu einer ersten Normung führte: DIN 6151. Dieser Normung ist in auszugsweise dargestellt.
15. Schellackplatten im Wandel
Die 78er Schellackplatte wurde oft mit 84, 96 oder 106 Rillen pro Zoll aufgenommen, was zu einem mittleren Schallrillenabstand von etwa 0,25 mm führte. Für 25- und 30 cm Platten ergab dies eine Spielzeit von etwa 3 bis 5 Minuten. Da statistisch festgestellt wurde, dass die größte Schalleistung bei Musik und Sprache zwischen 400 und 1000 Hz auftritt, entschied man sich für eine Frequenz von 800 Hz, bei der die maximal aufgezeichnete Schnelle etwa 30 cm/s betrug.
Dies entspricht einer Sinus-Amplitude von 60 µm und einer Steilheit der Schallrille von etwa 40°. Unterhalb von 300 Hz verzichtete man auf eine konstante Schnelle und wählte stattdessen eine konstante Amplitude für den Frequenzgang. Dadurch vermied man die extremen Auslenkungen bei tiefen Frequenzen. Die Festlegung dieser Schneidkennlinie erforderte jedoch auch eine geeignete Messtechnik.
Bild 206
Bild 207
Es wird noch an einem Versuch gearbeitet, das Leucht-Band darzustellen.
Die Meyer-Breite und Normen
Bild 208
Die "Meyer-Breite" ist ein optisches Verfahren, das 1930 von einem Mitarbeiter von Professor E. Meyer, Herrn G. Buchmann, entdeckt wurde. Bei diesem Verfahren lässt man ein paralleles Lichtbündel nahezu streifend auf eine beschriebene Schallplatte fallen und betrachtet die Platte dann von der Richtung der Lichtquelle aus. Dabei nimmt man ein leuchtendes Band wahr, das als "Meyer-Breite" bezeichnet wird. Die Breite dieses Bandes ist ein direktes Maß für die Schnelle der auf der Platte aufgezeichneten Kurvenschrift.
DIN 6151 schrieb diese Messtechnik vor, und mit ihrer Hilfe konnten einwandfreie Frequenzmeßplatten hergestellt werden.
Zuvor verwendete man elektromechanische Schwingungsgeber, um Tonabnehmer für Meßzwecke an der Nadel mechanisch zu erregen, wie in Bild 208 links dargestellt. Die Frequenzmeßplatten wurden vorher mithilfe dieser elektromechanischen Schwingungsgeber hergestellt.
Bild 209
Bild 209 zeigt die heute für Platten nach DIN 45 541 genormte Schneidkennlinie (Schnelle bei konstanter Eingangsspannung) und die dazu korrespondierende Wiedergabekennlinie.
Die DIN 45541 besteht aus drei Teilkurven, wie in Bild 209 dargestellt. Unterhalb von 500 Hz fällt die Schnelle mit einer Steilheit von 6 dB/Oktave bis 50 Hz ab und steigt dann wieder an. Oberhalb von 2.120 Hz steigt die Schnelle ebenfalls mit 6 dB/Oktave an. Der Wiedergabeverstärker muss eine gegenläufige Frequenzkurve haben, um die gewünschte Wiedergabekennlinie zu erzielen.
Die Absenkung in der Wiedergabekennlinie bei den Höhen reduziert das Plattenrauschen, während die Absenkung bei den tiefsten Frequenzen dazu dient, das Rumpeins des Plattenspielers in der Wiedergabe zu verringern. Die Vorarbeiten in den dreißiger Jahren, damals noch für die 78er Schellackplatte, waren für diese Überlegungen eine wertvolle Hilfe.
Bild 210
Bild 210 zeigt eine Werbung aus dem Jahr 1937 für Tonabnehmer der ersten Generation, die noch mit einem gewichtigen Tonabnehmer arbeiteten und bereits eine Tangentialabtastung aufwiesen. Die Tonabnehmer der ersten Generation wogen etwa 120 Gramm und drückten stark auf die Platte, wodurch Nadel und Platte schnell abgeschliffen wurden.
In der damaligen Zeit wurde das Auflagegewicht angegeben, nicht die Gewichtskraft. Als Maßeinheit wurde das Kilopond (kp) verwendet, bis später das Internationale Einheitensystem (IS) eingeführt wurde, das die Kraft in Newton (N) misst. Ein Newton entspricht der Kraft, die einem Körper der Masse 1 kg auf der Erde eine Beschleunigung von 1 m/s² verleiht. Umgerechnet sind 1 kp ≈ 9,806 N und 1 N ≈ 0,102 kp. Im IS ist 1 p ≈ 10 mN (Millinewton) und 1 mN ≈ 0,1 p. 1932 wurde das Auflagegewicht durch eine Entlastungsfeder am Tonarm auf 100 g vermindert.
Bild 211
Bild 211 zeigt die Frequenzkennlinien von zwei Tonabnehmern aus dem Jahr 1930. Obwohl Schallplatten nun im Rundfunk für Sendungen verwendet wurden, genügte die Qualität der ersten Tonabnehmer mit einem Frequenzumfang von nur 100 bis 5.000 Hz nicht den Anforderungen. Vor allem bei den nutzbaren hohen und tiefen Frequenzen wiesen sie erhebliche lineare Verzerrungen auf, wie in Bild 211 dargestellt.
Die Überhöhung bei den hohen Frequenzen wurde durch die Eigenresonanz des Ankersystems mit der Nadel verursacht. Diese konnte zwar durch Gummi gedämpft werden, aber das System wurde dadurch zu steif und zerstörte die Platten.
Die Überhöhung bei den tiefen Frequenzen, bekannt als "Schüttelresonanz", entstand, weil die für die Massenbeschleunigung des gesamten Tonarms erforderliche Kraft in die Größenordnung der Auslenkkraft des schwingenden Systems kam.
In den frühen 1930er Jahren stellten sich die Telefunken-Ingenieure die Aufgabe, einen Tonabnehmer mit Dauernadel für einen Frequenzbereich von 40 bis 10.000 Hz zu entwickeln. Um einen Saphir als Dauernadel einzusetzen, musste das Gewicht des Systems erheblich reduziert werden, ebenso wie die Rückstellkräfte des Systems.
Das erste Modell, der TO 1000, erreichte eine Auflagekraft von 30g, und schließlich im Jahr 1937 kam man zum endgültigen Modell TO 1001. Seine Schüttelresonanz lag bei 25 Hz und seine Ankerresonanz auf der Platte während des Betriebs bei 14.000 Hz - also in beiden Fällen außerhalb des damals vorgesehenen Frequenzbereichs.
Bei einer Auflagekraft von 30g betrug die Ankerrückstellkraft nur 7g bei einem Ausschlag von 0,06 mm. Dadurch wurde die Platte geschont und erstmals konnte ein Saphirstift als echte Dauernadel ohne nennenswerten Abschliff eingesetzt werden.
Bild 212
Bild 212 zeigt die Frequenzkurven des Leichtgewichtstonabnehmers TO 1001 mit einer Dauernadel aus Saphir, gemessen bei der ersten Abspielung und bei der 2000. Abspielung. Die Abspiellebensdauer einer Platte wurde dabei verzehnfacht, und die Saphiernadel erhielt eine - wie man sagte - "50.000fach" längere Lebensdauer im Vergleich zu einer Stahlnadel. Die Frequenzkurven wurden mit einer Schellack-Frequenzschallplatte ermittelt.
Bild 213
Bild 213 zeigt weitere Details dieses interessanten Telefunken Tonabnehmers. Zusammen mit einer Abspielanlage wurde dieser Tonabnehmer auf der Weltausstellung 1937 in Paris ausgestellt, wo er als eine der sensationellen Entwicklungen Deutschlands präsentiert wurde.
Bild 214
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Bild 222
Der Leichttonabnehmer TO1001 von Telefunken aus dem Jahr 1937 enthält bereits fast alle Merkmale eines modernen, monophonen Tonabnehmers. Die folgenden Texte beziehen sich auf die Bilder 214-222:
• Bild 214) Das System ist geöffnet, um die inneren Komponenten zu zeigen.
• Bild 215) Der zerbrechliche Saphir wird bei hartem Aufsetzen auf die Platte durch eine Gummirolle geschützt. Die rotierende Platte entfernt den Schutz, und die Nadel senkt sich in die Rille.
• Bild 218) Ein kräftiger Magnet ermöglicht große Luftspalte, die einen linearen Wandlungsprozess sichern.
• Bild 219) Nadel und Anker sind auf einer Torsionsfeder befestigt, sodass eine zusätzliche Gummidämpfung nicht mehr notwendig ist. Beim TO1001 ist das schwingende System komplett mit der Nadel austauschbar, ähnlich wie bei modernen Systemen.
• Bild 220) Der Tonarm ist in beiden Bewegungsrichtungen in Spitzen gelagert.
• Bild 221) Eine Entlastungsfeder hebt einen Teil des Tonarmgewichtes auf. Sie liegt auf einer rollenden Kugel, um die Reibung bei der Bewegung in horizontaler Richtung zu verringern.
• Bild 222) Ein Gewicht von 25 g (durch die Entlastungsfeder teilweise aufgehoben) verschiebt die Schüttelresonanz (Bassresonanz) nach unten, sodass sie unterhalb des Übertragungsbereichs bleibt.
Anfang der dreißiger Jahre wurde vom Rundfunk ein Instrument zur Aufzeichnung und Speicherung von Sendungen und Konzerten gefordert. Die Magnetbandaufzeichnung befand sich damals noch im Anfangsstadium und erfüllte die Qualitätsanforderungen noch nicht. Aus diesem Grund griff man auf die Schallplattenaufnahme zurück.
Die Zeit, die für den gesamten Prozess von der Wachsaufnahme bis zur fertig gepressten Schallplatte benötigt wurde, war jedoch zu lang und zu teuer. Daher wagte man sich an das direkte Abspielen von Wachsplatten, was Thomas Edison mit seinen Wachswalzen schon lange zuvor getan hatte, jedoch ohne die Qualitätsanforderungen des Rundfunks zu erfüllen.
Es war eine anspruchsvolle Aufgabe für Telefunken, die leicht formbare Wachsplatte so mit einem Tonabnehmer abzutasten, dass sie nach der Aufnahme im Archiv aufbewahrt und später ohne Qualitätsverlust mehrfach abgespielt werden konnte. Dafür musste ein spezieller Tonabnehmer entwickelt werden, der in der Lage war, die empfindliche Wachsplatte schonend abzutasten. Gleichzeitig war es erforderlich, die Schneidetechnik zu vereinfachen, um eine optimale Wiedergabequalität zu gewährleisten. Diese herausfordernde Aufgabe wurde im Telefunken-Laboratorium durchgeführt, wo umfangreiche Forschungs- und Entwicklungsarbeiten stattfanden, um die gewünschte Technologie zu realisieren.
Wachs als Plattenmaterial?
Bild 223 Frequenzgang Tonabnehmer
Bild 171 zeigt den Frequenzgang des Tonabnehmers für Wachsplatten bei der ersten und zehnten Abspielung. Es war eine Herausforderung, die zulässige Flächenbelastung und die Wärmebelastung des Wachses genau zu studieren und daraus die Daten für die zulässige Auflagekraft, die Rückstellkraft, die Massenbeschleunigungskräfte und die erforderliche Auflagefläche in der Rille zu bestimmen. Das Wachs besitzt eine statische Druckfestigkeit von etwa 70 kg/cm2 bei 35°C. Um sicherzustellen, dass das Wachs nicht übermäßig beansprucht wurde, sowohl im Rillengrund (durch die Auflagekraft) als auch in der Rillenflanke (durch die Massenbeschleunigungs- und Rückstellkraft), musste die Nadel eine genau zum Rillenprofil passende Form haben.
Bild 224 Zwei Waschschreiber
Bild 224 zeigt zwei Arten von Wachsschreibern: links den Zungenschreiber und rechts den Vierpolschreiber. Diese speziellen Schreibwerkzeuge wurden verwendet, um die Tonaufzeichnungen direkt auf die Wachsplatte zu schreiben und ermöglichten die Überbrückung der Zeit, bis die Magnetbandaufzeichnung weiterentwickelt wurde.
Die Kurven in Bild 223 zeigen, dass es mit dem neu entwickelten Wachstonabnehmer praktisch nicht mehr zu Beschädigungen von Wachsplatten im oberen Frequenzbereich kam, selbst wenn diese mit voller Amplitude geschnitten wurden. Früher war es nicht möglich, derart geschnittene Wachsplatten ohne Zerstörung der Schallrille auch nur einmal abzuspielen. Das gewählte Schreibsystem, der sogenannte Zungenschreiber, ermöglichte eine deutliche Verbesserung der Aufnahmeeigenschaften und eine längere Haltbarkeit der Wachsplatten.
Trotz ihrer Unpraktikabilität für den Rundfunkbetrieb, da sie schwer, umfangreich und zerbrechlich waren und ein hohes Gewicht erforderten, hatten sich die Wachsplatten dennoch für die Speicherung von Rundfunkaufnahmen im großen Umfang durchgesetzt. Um mobiler zu sein, suchte man jedoch nach einem leichteren Schallträger als Schellack oder Stahldraht. Hierfür wurden Schallfolien entwickelt, die zuvor von Amateuren für ihre Aufnahmen verwendet wurden. Diese Schallfolien wurden dann weiterentwickelt, um den Anforderungen des Rundfunks gerecht zu werden.
Bild 225 Kleiner transportabler Wachs- plattenschneider
Bild 226
Bild 225 zeigt einen Folienschneider als Koffer für Reportagezwecke, der auch als Spieler verwendet werden kann. Er ist mit einem Wachs- oder Folientonabnehmer ausgerüstet. Bild 226 zeigt eine Kombination von Wachsplattenschneider und -Spieler, die 1934 von der Firma Georg Neumann geliefert wurde.
Die neuen Platten bestanden meist aus einem Trägermaterial wie Metall, Glas oder Kunstharz und einer darauf befindlichen Schicht aus Gelatine oder Nitrolack. Diese schneidbare Schicht war deutlich härter als Wachs, wodurch der Schneidstichel einer starken Abnutzung unterlag. Versuchsweise wurden Diamanten eingesetzt, aber aufgrund der hohen Kosten ging man wieder zu Stahlsticheln über, die nach jedem Schnitt ausgewechselt werden mussten. Die Geräte wurden transportabel, um den mobilen Einsatz zu ermöglichen.
Bild 227 Die Firma Georg Neumann lieferte 1934 diese Kombination von Wachsplattenschneider und -Spieler
Die Schallplatten, insbesondere die Wachsplatten und Schallfolien, spielten eine bedeutende Rolle bei der Aufzeichnung und Speicherung von Rundfunkaufnahmen, vor allem in der Hitlerzeit. Die Schallplatte ermöglichte eine breite Palette an Aufnahmen und Reden, die Historikern heute wertvolle Informationen liefern.
Die Verbreitung und Kommerzialisierung der Schallplatten verlief jedoch nicht immer reibungslos. In Deutschland kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Rundfunk und der Schallplattenindustrie, da Letztere glaubte, dass der Rundfunk ihren Absatz beeinträchtigte. In den USA gab es auch eine Auseinandersetzung zwischen der Gewerkschaft der Musiker und der Schallplattenindustrie. Trotz dieser Herausforderungen war die Schallplatte eine bedeutende Technologie, die die Aufnahme und Verbreitung von Musik und Informationen revolutionierte.
Die Auseinandersetzungen zwischen der Schallplattenindustrie und dem Rundfunk führten zu zwei "Schallplattenkriegen" in den Jahren 1932 und 1935. Im ersten Konflikt sperrten einige Schallplattenhersteller ihre Lieferungen an den Rundfunk, der bisher kostenlose Plattensendungen für Werbezwecke verwendet hatte. Dieser Krieg endete mit einer Einigung, bei der der Höchstumfang der Plattensendungen auf 60 Stunden pro Monat begrenzt wurde. Während der zwei Stunden täglich, in denen Platten gesendet wurden, sollten alle Fabrikate gleichmäßig berücksichtigt werden.
Im Jahr 1935 kam es erneut zu Spannungen, als die sieben größten deutschen Schallplattenfirmen auf Unterlassung der Plattensendungen klagten. Die Reichs-Rundfunkgesellschaft reagierte, indem sie die Schallplattenarchive der Reichssender versiegelte. Die Klage wurde daraufhin zurückgezogen. Die Industrie betonte, dass sie nicht die Absicht hatte, die Plattensendungen im Rundfunk generell zu verbieten, forderte jedoch angemessene Entschädigung.
Bild 228
Schließlich entschied der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda, dass die Schallplattenarchive der Sender wieder geöffnet werden sollten, und die Plattensendungen wurden wieder aufgenommen. Die Konflikte zeigten, wie bedeutend die Schallplatte als Werbemittel und Verbreitungsmedium für Musik und Informationen im Rundfunk war.
In Deutschland wurde nach den Konflikten zwischen der Schallplattenindustrie und dem Rundfunk beschlossen, dass der Rundfunk weiterhin Platten senden durfte, jedoch für die Nutzung eine Entschädigung an die Industrie zu zahlen hatte. Die Rundfunkplatten wurden fortan als "Industrieschallplatten" bezeichnet, um sie von den eigenen Wachsaufnahmen der Reichs-Rundfunkgesellschaft zu unterscheiden.
Bild 229
In den USA hingegen gab es keine derartigen Auseinandersetzungen zwischen Rundfunk und Schallplattenindustrie. Stattdessen gab es Konflikte zwischen Musikern und Plattenfirmen. James C. Petrillo, Präsident der American Federation of Musicians (AFM), führte während des Kriegseintritts der USA einen Schallplattenaufnahme-Streik durch. Dieser Streik dauerte vom 1. August 1942 an und führte dazu, dass Schallplattenfirmen auf ihre Lagerbestände an unveröffentlichten Aufnahmen zurückgreifen mussten und diese als Neuerscheinungen herausbrachten. Dies geschah als Gegenmaßnahme gegen die Konkurrenz der 400.000 Musikboxen und der Schallplattenmusiksendungen des Rundfunks, die als Bedrohung für die direkten Musikaufführungen angesehen wurden. Es ist ein historisches Ereignis, das eher einem gewaltlosen Protest ähnelte, als einem Konflikt mit Waffen und Gewalt.
Bild 230
Ein Unternehmen mit dem Namen DECCA aus den Vereinigten Staaten war involviert. Eine Firma namens RCA-Victor wurde im Herbst 1943 ebenfalls in die Knie gezwungen und unterzeichnete einen Vertrag mit der AFM. Dadurch wurden sie verpflichtet, für jede verkaufte Platte einen Beitrag an die Gewerkschaft zu leisten, der den arbeitslosen Musikern zugutekam. Diese Verpflichtung kam zusätzlich zu den Abgaben für die Urheberrechte. Columbia und RCA-Victor folgten diesem Beispiel im Sommer 1944.
Bild 231
Das Taft-Hartley-Gesetz von 1947 machte diese von Pedrillo auferlegten Abgaben illegal. Als Reaktion darauf startete er 1948 einen zweiten Streik bezüglich Schallplattenaufnahmen. Dieser Streik erwies sich jedoch als weniger wirksam, da die streikenden amerikanischen Musiker durch ausländische Musiker ersetzt werden konnten. Schließlich einigten sich die Parteien, und es wurde ein Fond eingerichtet, dessen Verwaltung einem von beiden Seiten akzeptierten Delegierten übertragen wurde. Diese Ereignisse zeigen die immense Bedeutung, die das Medium der Schallplatte bereits zu der Zeit erlangt hatte, als es nur 78er Platten mit einer maximalen Spielzeit von 4,5 bis 5 Minuten pro Seite gab.
Der Weg zur Langspielplatte verlief nicht ohne Herausforderungen. Insbesondere bei längeren Musikstücken wie dem berühmten Tschaikowski Konzert Nr. 1 in B-Moll, II. Satz, 1. Teil, 4. Fortsetzung stieß man auf Probleme. Die Spielzeit von 4 1/2 Minuten auf einer Plattenseite war einfach unzureichend. Für längere Programme wie Symphonien oder Opernquerschnitte war selbst die große 78er Platte mit 30 cm Durchmesser viel zu kurz. Die Aufzeichnung musste daher sorgfältig geplant werden, und Dirigenten, Orchester oder Solisten mussten bereit sein, sofort zu spielen, sobald die Signallampe das Starten der Wachsplatte ankündigte, um keine wertvolle Aufzeichnungskapazität zu verschwenden.
Bild 232
Oftmals reichte die Zeit nicht aus, um das gesamte Musikstück aufzuzeichnen, und die Aufnahme musste in beschleunigtem Tempo wiederholt werden. Manchmal wurden auch Takte weggelassen, um das Stück auf einer Plattenseite unterzubringen.
Gerald Moore beschreibt in seinen Erinnerungen, dass mit dem Wachsverfahren nur Platten in zwei Größen hergestellt wurden: eine große mit normalerweise vier Minuten fünfzehn Sekunden und eine kleine mit drei Minuten zehn Sekunden Laufzeit. In besonderen Fällen konnte eine halbe Minute zusätzlich auf eine Platte gequetscht werden, aber das führte zu einer Verschlechterung der Tonqualität, wenn die Nadel dem Plattenzentrum zu nahe kam.
Die Sehnsucht nach einer Schallplatte mit längerer Spielzeit, einer sogenannten "Langspielplatte", blieb lange Zeit ein Wunschtraum. Es gab drei Möglichkeiten, dies zu erreichen:
1. Vergrößerung des Plattendurchmessers.
2. Enger nebeneinanderliegende Tonspuren, um mehr davon auf einer Plattenseite unterzubringen.
3. Reduzierung der Umdrehungszahl pro Minute, um mehr Zeit für eine Rille zu haben.
Die naheliegendste Option war die Vergrößerung des Plattendurchmessers. Bereits um 1905 wurden erste 50 cm Platten von Unternehmen wie Neophone in England und Pathe in Frankreich hergestellt. Jedoch waren diese Platten unhandlich und zerbrechlich und wurden vom Publikum nicht gut angenommen. Ein Kompromiss wurde schließlich mit der Einführung der 40 cm Platte gefunden, die ausschließlich für die Hände sachkundiger Kinovorführer während der Ära der Plattentonfilme bestimmt war.
Bild 233
Bild 133 zeigt den betagten Edison bei der Entwicklung seiner Schallplatte. Obwohl er bereits auf die 80 zugeht, arbeitet der leidenschaftliche Erfinder an seinem Lebenswerk, um eine erste 40-minütige Platte zu realisieren. Ursprünglich ein überzeugter Verfechter der Walze, die eine konstante Abtastgeschwindigkeit während der gesamten Spielzeit gewährte im Gegensatz zur Platte, bei der die Geschwindigkeit nach innen hin abnimmt, musste er auf Drängen seiner Geschäftspartner im Jahr 1910 die Entwicklung einer eigenen Schallplatte in Angriff nehmen.
Bild 234
Obwohl Edison diese Arbeit anfangs widerwillig aufnahm, begeisterte ihn das Projekt bald derart, dass er und seine Mitarbeiter viele Patente in diesem Bereich anmeldeten.
Im Jahr 1912 kamen die ersten Edison-Platten (Bild 234) auf den Markt, zusammen mit speziell für diese Platten konzipierten Abspielgeräten. Edison glaubte fest daran, dass die Tiefenschrift der Seitenschrift qualitativ überlegen sei, daher wurden die Platten mit Tiefenschrift hergestellt und konnten nicht mit herkömmlichen Grammophonen abgespielt werden.
Edisons Platten hatten zunächst einen Durchmesser von 25 cm und wurden mit 80 U/min abgespielt, womit sie in die Kategorie der 78er Platten einzuordnen wären. Man könnte ihn als Vorläufer von Hi-Fi bezeichnen, da er unermüdlich an der Verbesserung der Aufnahmequalität arbeitete. Aufnahmen, die seinen hohen Qualitätsansprüchen nicht genügten, wurden nicht auf den Markt gebracht.
Bild 235
Bild 235 zeigt den Abnahmeraum für die fertigen Platten in West Orange, wo viele nicht freigegebene Platten in den Regalen stehen. In der Fabrik in West Orange existiert ein Saal (siehe Bild 235), in dem alle neuen Platten vor ihrer Freigabe einer sachkundigen Gruppe vorgeführt werden. An den Wänden stehen Regale mit unzähligen Platten, darunter auch viele, die letztendlich nicht auf den Markt gebracht wurden.
Bild 236
Es gab eine Fernsehsendung, bei der einige dieser nicht freigegebenen Platten zusammen mit H. Gotzmer über ein Mikrofon von einer dort stehenden Truhe abgespielt wurden, um das Publikum mit der herausragenden Technik von Edisons Aufnahmen vertraut zu machen, selbst bei den von ihm kritisierten Platten. Als Abtaster verwendete Edison die Dauernadel aus Diamant (siehe Bild 236), die bereits für die Walze entwickelt worden war. Sie wurde schiffchenförmig geschliffen und poliert, eine Spitzenleistung der damaligen Technik.
Im Gegensatz zur üblichen Schellacktechnik wurden diese Platten von Anfang an aus eigenen Materialmischungen hergestellt. Als während des Ersten Weltkrieges einige der aus Deutschland bezogenen Ingredienzien nicht mehr verfügbar waren, begann Edison Experimente, die ihn zu einem eigenen Kunststoff führten, den er "condensite" nannte.
Bild 237
Später stellte sich heraus, dass dieser Kunststoff identisch mit dem von dem Amerikaner H. Bakeland im Jahr 1915 erfundenen härtbaren vollsynthetischen Kunstharz namens "Bakelite" war, das weltbekannt wurde. Dieses Material wurde gehärtet und bildete die Oberfläche eines massiven Kerns aus kostengünstigerem Material. Damit waren die ersten Platten entstanden, bei denen die Nadel auf synthetischem Kunststoff lief.
Als es schließlich möglich war, auch 30 cm Platten aus Bakelite herzustellen - Edison hatte zuvor Schwierigkeiten mit der Vergoldung der 30 cm Masterplatten -, war alles bereit für die Herstellung einer Langspielplatte.
16. Der Traum wurde wahr
Bild 238 Edisons 40-Minuten-Platte
In der frühen Ära der Schallplatten, als die Aufnahmetechnologie noch in den Kinderschuhen steckte, spielte das Kunststoffmaterial eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung dieser damals revolutionären Technologie. Thomas Edison, der Erfinder und Pionier der Schallaufzeichnung, strebte eine bemerkenswerte Rillendichte von 400 Rillen pro Zoll an, was etwa 16 Rillen pro Millimeter entspricht. Um dies zu erreichen, wurde eine besondere Abtastnadel aus Diamant verwendet, die lediglich halb so breit war wie die heutigen Nadeln für moderne Langspielplatten. Diese innovative Kombination aus Kunststoffplatten und einer feinen Diamantnadel ermöglichte es, Töne und Musik auf eine bisher ungekannte Weise aufzuzeichnen und abzuspielen.
Die technischen Herausforderungen waren enorm. Die Schrift in den Rillen konnte aufgrund der begrenzten Einschnitttiefe nicht allzu tief sein. Um dennoch genügend Lautstärke und Klangqualität zu erzielen, musste die Diamantnadel mit einem beachtlichen Druck von mehr als 300 Gramm auf die Platte gedrückt werden. Der spezifische Druck betrug dabei einige 100.000 Kilopond pro Quadratzentimeter, was angesichts heutiger Standards nahezu unvorstellbar ist.
Die Bezeichnung "Edison Record 40 Minute" auf den 30 cm großen Platten für 80 Umdrehungen pro Minute war zwar etwas irreführend, denn sie enthielten tatsächlich nur 2 x 22 Minuten Spielzeit. Dennoch war dies zu der Zeit eine beachtliche Leistung, da eine Seite der Platte eine Spielzeit von 20 Minuten hatte. Im Vergleich dazu boten moderne Langspielplatten (LPs) deutlich weniger Spielzeit pro Seite.
Bild 239 Edison-Abspieltruhe mit auswechselbarer Dose für Normal -und Langspielplatten
Zusätzlich zu den technischen Herausforderungen und den innovativen Entwicklungen sah Edison keine Notwendigkeit, auf die elektrische Schneidetechnik umzusteigen. Statt dessen wurden die auf dem Markt erhältlichen Schallplatten mechanisch-akustisch von Edisons Normalplatten abgeleitet. Dies mag heutzutage merkwürdig erscheinen, insbesondere weil Edison einst die elektromechanische Aufzeichnung von Telegrafensignalen entwickelt hatte. Er wird oft als einer der bedeutendsten elektrotechnischen Erfinder seiner Zeit neben Werner von Siemens angesehen.
Bild 240 Elektrische Schneideapparatur
Im Laufe der Zeit entwickelte sich die Schallaufzeichnungstechnologie von der reinen Mechanik hin zur Elektrik. In einem Versuch, die Tiefenschriftplatte zu verbessern, wagte der alte Thomas Edison widerwillig, dass sein Sohn Charles experimentelle Schnitte mit einer elektrischen Schneidapparatur durchführte. In den Werkstätten in West Orange wurden solche Apparaturen gefunden, die Platten von bemerkenswerter Qualität erzeugten. Dennoch fanden diese Platten keinen nennenswerten Absatz.
Edisons Langspielplatten, die nur für wenige Jahre produziert wurden, stießen nicht auf das gewünschte Interesse beim Publikum. Die Nachfrage tendierte eher zu lauten Platten. Schließlich begann die elektrische Abspielung von Schallplatten, besonders durch die Berliner-Platten, populär zu werden.
Bild 241 43 Centimeter Kino-Platte aus dem Jahr 1925
Im November 1929, einen Monat nach dem "schwarzen Freitag", stellte der 82-jährige Edison die Herstellung von Schallplatten und Plattenspielern ein. Die Ära der Phonographen, Walzen, Platten und Plattentruhen aus seinen Fabriken hatte die Geschichte der Schallaufzeichnungstechnik maßgeblich geprägt und übertraf alles, was später folgte. Edisons Zeit war vorbei, und zwei Jahre später verstarb er. Doch sein Vermächtnis lebte fort, indem er den nachfolgenden Generationen zeigte, dass Langspielplatten mit größerer Rillendichte möglich waren.
Eine weitere Methode, um längere Spielzeiten zu erreichen, bestand darin, die Umdrehungszahl der Platten zu reduzieren. Dies bedeutete eine Herabsetzung der Abtastgeschwindigkeit, um mehr Musik in einer Rille unterzubringen. Maxfield, der während der Entwicklung der elektromechanischen Plattenschnitte arbeitete, entdeckte, dass solche Platten gut als musikalische Untermalung von Stummfilmen verwendet werden konnten.
Bild 242
Schließlich kam die Idee auf, Platte und Film miteinander zu verbinden, sodass die Platte synchron zum Film abgespielt wurde, und das alte Prinzip des Tonfilms wurde neu belebt. Die Qualität des Lichttones, der speziell in Deutschland für den Tonfilm entwickelt wurde, konnte jedoch noch nicht mit der Klangqualität der Schallplatte konkurrieren. Es würde noch einige Zeit dauern, bis die Technologie so weit fortgeschritten war, dass der Tonfilm seine volle Blüte entfaltete und ein fester Bestandteil der Filmindustrie wurde.
Bild 243 40cm Platte
Die Entstehung der Drehzahl von 33 1/3 Umdrehungen pro Minute (U/min) für Schallplatten ist eine faszinierende Geschichte. Ursprünglich wurden Schallplatten mit einer Drehzahl von 78,26 U/min produziert, aber mit der Einführung des Tonfilms entstand die Notwendigkeit, längere Musikstücke auf einer einzigen Platte unterzubringen, um die Filmzeit von 11 Minuten zu begleiten. Dafür musste die Drehzahl der Platten reduziert werden, während der Durchmesser der Platte bei etwa 40 cm bleiben sollte.
Bild 244
Der Antrieb von Aufnahmekameras und Plattenschneidapparaturen musste synchron erfolgen, aber die schweren Plattenschneidapparaturen sollten räumlich getrennt von den beweglichen Filmkameras arbeiten können. Aus diesem Grund entschied man sich für einen Antrieb vom Wechselstromnetz mit einem Synchronmotor. Dieser Synchronmotor lief normalerweise mit 1.800 Umdrehungen pro Minute bei 60 Hz Netzfrequenz.
Um die gewünschte Untersetzung zu erreichen, wählte man ein Verhältnis von 54:1. Dabei wurde eine von dem Motor angetriebene Schnecke verwendet, die im Verlauf einer Umdrehung ein Zahnrad mit 54 Zähnen um einen Zahn weitertransportierte. Dadurch ergab sich eine Drehzahl von exakt 33,3333 U/min. Aus praktischen Gründen wurde diese Zahl auf 33 1/3 U/min gerundet.
Diese ungewöhnliche Drehzahl von 33 1/3 U/min ermöglichte es, längere Musikstücke auf einer einzigen Platte aufzuzeichnen und war daher perfekt für die musikalische Untermalung von Tonfilmen geeignet. So wurde die 33 1/3 U/min zur Norm für Langspielplatten und blieb bis heute in Gebrauch.
Interessanterweise geriet die genaue Herkunft dieser Drehzahl im Laufe der Zeit sogar bei den großen Schallplattenfirmen in Vergessenheit. Dennoch bleibt die 33 1/3 U/min eine wichtige kulturelle und technologische Errungenschaft, die die Geschichte der Schallaufzeichnung maßgeblich geprägt hat.
Bei der Entwicklung der neuen Langspielplatte wurden vor allem zwei Möglichkeiten genutzt, um die Spielzeit zu verlängern: die Verringerung der Drehzahl und die Vergrößerung des Durchmessers der Platte.
Bild 245 35 Millimeter Nadelton Kinofilmprojektor
Durch die Vergrößerung des innersten Durchmessers konnte die kleinste aufzuschreibende Wellenlänge im Vergleich zur 78er Platte nicht nennenswert verkürzt werden. Dies ermöglichte es, im Wesentlichen die bewährte 78er Schneidetechnik beizubehalten. Die Platte wurde von innen nach außen geschnitten, was den synchronen Start der Platte von einer Marke am neu anlaufenden Film weniger problematisch gestaltete. Zudem hatte eine auswechselbare Stahlnadel eine längere Lebensdauer, da sie erst verschlissener war, wenn die kleineren Wellenlängen am inneren Bereich der Platte abgetastet wurden. Diese Technik wurde von Maxfield in einem Patent dokumentiert.
Ähnlich wurde auch bei den Schallfolien des Rundfunks vorgegangen, mit denen Sendungen bis zur Einführung der Magnetband-Aufzeichnung aufgezeichnet wurden. Die Schallfolien wurden von innen nach außen beschrieben, und die nächste Platte startete bereits, bevor die vorhergehende den Rand erreicht hatte. Dadurch wurde sichergestellt, dass keine Information verloren ging.
Bild 246
Die bahnbrechende Idee der "Nadeltonfilme", also Filme mit synchroner Tonspur, wurde von den Brüdern Sam und Harry Warner, den Chefs der Warner Brothers Pictures Corporation, erkannt. Die ersten Vorführungen von Probeaufnahmen dieser Technologie fanden Ende 1926 in den Labors der Bell Telephone Co., einer Tochtergesellschaft der mächtigen Western Electric Corporation, in New York statt. Während viele andere Filmproduzenten den Tonfilm als eine nette Spielerei ansahen, erkannten die Warner Brothers das Potenzial und entschieden sich mutig, ihr gesamtes verfügbares Geld in diese Technologie zu investieren, um ihr in einer kritischen Situation befindliches Unternehmen zu retten. In Zusammenarbeit mit der Western Electric wurde das Unternehmen Vitaphone gegründet, um die Western Electric-Tonfilmpatente zu nutzen.
Ein großer Erfolg des Unternehmens war auch dem Entdecken des talentierten Darstellers Joseph Rosenblatt, alias Al Jolson, zu verdanken. Jolson, der als Sänger in der Synagoge begonnen hatte und dann als Negerimitator die Menschen im Haarlemer Negerviertel mit Schlagern begeisterte, erwies sich als idealer Darsteller für die Einführung des Tonfilms.
Die erfolgreiche Kombination aus technischen Innovationen und dem richtigen Darsteller führte dazu, dass der Tonfilm eine Revolution in der Filmindustrie auslöste und den Weg für die zukünftige Entwicklung von Filmen und Schallplatten ebnete. Es war eine Zeit, in der ein kleines Stückchen Glück und visionäre Entscheidungen die Weichen für die Zukunft stellten.
Bild 247
Im Oktober 1927 feierte der Tonfilm mit der Premiere von "The Jazz Singer" in den Warner-Kinos in New York einen sensationellen Erfolg. Die rührend sentimentale Geschichte des Films zog das Publikum in den Bann, und die Prominenz der Stadt war begeistert. Der Film wurde von den Zuschauern bejubelt, und Warner Bros. war damit vorerst gerettet.
Der darauf folgende Tonfilm "The Singing Fool" mit Al Jolson als Hauptdarsteller erwies sich als noch größerer Erfolg. Erneut erzählte der Film eine rührselige Geschichte und zog die Zuschauer in seinen Bann.
In Deutschland wurde die Aufführung der Tonfilme zunächst durch Patente der Telefunken-Gesellschaft verhindert. Dies gab der deutschen Filmindustrie Zeit, aufzuholen und eigene technologische Fortschritte zu erzielen. Die Telefunken-Gesellschaft erlaubte keine Vorführungen des "Jazz Singer", daher musste das Publikum den Film vorerst stumm erleben. Erst am 3. Juni 1929 wurde die einstweilige Verfügung gegen die Aufführung des Tonfilms "Der singende Narr" aufgehoben, und der Film konnte endlich auch in Deutschland gezeigt werden.
Bild 248 - aus der Berliner Morgenpost vom 4. Juli 1929
Die Premiere des Films "Der singende Narr" im Gloria Palast in Berlin wurde ein ebenso großer Erfolg wie in Amerika. Etwa 300.000 Berliner sahen den Film und waren begeistert. Besonders das Lied "Sonny Boy", gesungen von Al Jolson, wurde ein großer Hit und wurde in riesigen Mengen auf Schallplatten gepresst, was ihn zum ersten "Tonfilmschlager" machte.
Bild 249 Al Jolson verhalf in dem Film „Der singende Narr" auch in Deutschland dem Tonfilm zum Durchbruch
Die deutsche Industrie kam schnell mit eigener Tonfilmapparatur nach, und die Filmvorführer benötigten nun zwei Assistenten. Einer war im Saal, um die Lautstärke mit einem Saalregler zu regeln, während der andere Gehilfe im Projektionsraum alle 11 Minuten eine neue Platte vorbereitete, um den synchronen Start beim Anlauf der nächsten Filmrolle sicherzustellen.
Walter Bruch, der spätere Erfinder des PAL-Fernsehstandards, war einer der Tonvorführer jener Zeit. Die Tonfilmapparatur der Firma Zeiss-Ikon mit einem angebauten Plattenspieler kam zum Einsatz, um die Tonfilme zu zeigen. Die Technologie entwickelte sich schnell weiter, und bald darauf kamen auch Abtaster für Lichtton zum Einsatz.
Bild 250 Eine erste Tonfilmapparatur der Firma Zeiss-Ikon
Der Siegeszug des Tonfilms revolutionierte die Filmindustrie und veränderte die Art und Weise, wie Filme gemacht und genossen wurden. Es war eine aufregende Zeit, in der Technik und kreative Kunst miteinander verschmolzen und das Publikum in Staunen versetzten.
Bild 251 Dr. Peter Goldmark
Bild 251 zeigt Dr. Peter Goldmark, den Initiator der modernen 33er Vinyl-LP. Als junger Student verdiente ich mir damals in einem Provinzkino pro Tag eine Mark und habe somit ein kleines Stückchen Schallplattengeschichte aktiv miterlebt.
Der Lichtton hielt im Jahr 1930 Einzug in die deutschen Tonfilmtheater. Dennoch waren zu dieser Zeit noch 42% der Apparaturen in den Theatern für Nadelton, 26,5% für Licht- und Nadelton und nur 32,3% für reine Lichttonmaschinen ausgelegt. Doch schnell entschied man sich in Deutschland, ganz auf den Lichtton umzusteigen, obwohl er damals noch nicht die Qualität des Nadeltones erreichte. Interessanterweise ermöglichte die erste 33er Langspielplatte dem Tonfilm seinen Massenstart.
Dr. Peter Goldmark, geboren in Ungarn, war ein Experte auf dem Gebiet der Nachrichtentechnik und ein erfahrener Forscher und Ingenieur. Nach seinem Studium an der Technischen Hochschule in Berlin und seiner Promotion in Wien arbeitete er unter anderem bei Pye in England, bevor er in die USA auswanderte. Dort wurde er 1936 Entwicklungstechniker bei CBS (Columbia Broadcasting System) und initiierte dort mehrfach neue Techniken, darunter die LP, das Farbfernsehen und EVR.
Ich hatte das Vergnügen, den charmanten Erfinder persönlich kennenzulernen, da wir gemeinsame ungarische Bekannte in Berlin hatten und uns über die Entstehung der LP unterhielten. In seinem Buch "Maverick Inventor - My Turbulent Years at CBS", das er zusammen mit Lee Edson verfasste, beschreibt er sich selbst als einen Einzelgänger, der manchmal mit dem Kopf durch die Wand rannte, wenn er davon überzeugt war, dass es notwendig war. Dr. Peter Goldmark hat zweifellos einen bedeutenden Beitrag zur modernen Musik- und Tonträgertechnologie geleistet und den Weg für die LP geebnet, die bis heute als beliebtes Format für Musikalben verwendet wird.
LP Entwicklung laut Peter Goldmark
Bild 252
Dr. Peter Goldmark erzählte, dass er während des Krieges in England für CBS arbeitete und mit einem Kriegskameraden in einem Zimmer lebte, in dem ständig dessen Grammophon mit unerträglich blechernem Klang, Knacken, Zischen und Rauschen lief. Er war entschlossen, dieses Problem zu lösen und einen besseren Klang für Musikwiedergabe zu schaffen. Als ihm kurz nach Kriegsende 1945 die Leitung einer kleinen Forschungsgruppe bei CBS übertragen wurde, nahm er sich dieser Aufgabe an.
Dr. Goldmark war besonders an klassischer Musik interessiert und stellte fest, dass 90% aller Symphonien auf einer Platte mit 45 Minuten Gesamtspielzeit untergebracht werden konnten. Er hatte die Vision einer "neuen" Platte mit hervorragender Klangqualität und einer Spielzeit von 22 1/2 Minuten pro Seite, was eine ähnliche Zeit war, die Thomas Edison einmal fast erreicht hatte.
Bild 253 40cm Film-TOn Schellack Platte
Voller Begeisterung begann Goldmark mit einigen wenigen Mitarbeitern an diesem Projekt zu arbeiten. Die Technologie der Aufzeichnung mit 33 1/3 Umdrehungen pro Minute übernahm er aus dem Hause CBS. Während des Krieges wurden damit unzählige Rundfunksendungen auf 40 cm großen Folien geschnitten, die eine Spieldauer von 15 Minuten hatten und zur lokalen Wiederholung von Sendungen in den Regionen dienten, in denen amerikanische Soldaten im Einsatz waren.
Um die gewünschte Spielzeit von 22 1/2 Minuten bei einem kleineren Plattendurchmesser von nur 30 cm zu erreichen, musste die Tonschrift feiner ausgeführt werden. Dies war einfacher als zu Edisons Zeiten, da die neue Platte ausschließlich für elektrische Abtastung bestimmt war.
Dr. Peter Goldmark und sein Team waren Pioniere in der Entwicklung der modernen Langspielplatte (LP). Die LP revolutionierte die Musikaufnahme- und -wiedergabetechnologie und ermöglichte es den Menschen, längere Musikstücke auf einer einzelnen Platte zu genießen. Ihre Einführung war ein Meilenstein in der Geschichte der Schallplattenindustrie und veränderte die Art und Weise, wie wir Musik hören und erleben.
Frank Lewis Dyer, ein amerikanischer Erfinder, hatte bereits 1923 ein Patent erhalten, in dem er die Aufzeichnung von Schallsignalen in ihrer Amplitude so weit verkleinerte, dass nur eine Wiedergabe nach Verstärkung auf elektrischem Wege möglich war. Dyer wollte damit die Wiedergabezeit der Normalplatte um das 20-fache erhöhen. Obwohl Peter Goldmark sich nicht so weit vorwagte, erkannte er die Möglichkeit, die Schallschrift durch besseres Material und eine kleinere Größe zu verbessern.
Im Gegensatz zu Thomas Edison, der sein Material hauptsächlich nach seiner Widerstandsfähigkeit gegen den Auflagedruck der Nadel auswählen musste, konnte Goldmark aufgrund des neuen elektrischen Tonabnehmers den Auflagedruck um das 100-fache verringern. Die Glätte der Oberfläche des Materials wurde daher von größerer Bedeutung, da sie den Signal-Rausch-Abstand und die Grenze der Verkleinerung der Tonschrift beeinflusste.
Bild 254 Kristallines Stück einer Schellackblatte
Goldmark und sein Team wählten als Plattenmaterial einen Kunststoff namens "Vinylite", einen härtbaren Thermoplasten. Die Polyvinylchloride, die heute als PVC bekannt sind, hatten ihren Ursprung bereits 1913 mit einem Patent der I.G.Farben in Deutschland. Es ist interessant zu wissen, dass die ersten Schallplatten aus plastisch verformbaren Massen in Deutschland entstanden sind, aber Goldmark nutzte die Möglichkeiten des neuen Kunststoffs, um fast oder ganz unzerbrechliche Platten herzustellen, die nach ihrer Abnutzung sogar wieder umpressbar waren.
Trotz der Fortschritte in der Entwicklung von Kunststoffplatten in Deutschland und der Verbesserung der mechanischen Haltbarkeit wurden diese nicht verwendet. Die Industrie war zurückhaltend gegenüber den deutschen Kunststoffen und gab dem Ausland dadurch einen bemerkenswerten Vorsprung in diesem Bereich. Letztendlich führte Goldmarks Arbeit zur Schaffung der modernen Langspielplatte (LP), die eine Revolution in der Schallplattenindustrie darstellte und bis heute als beliebtes Format für Musikalben verwendet wird.
Bild 255 Peter Goldmark
Bei einer Vorführung stand Peter Goldmark neben einem Turm von Normalschallplatten, der den gleichen Musikinhalt hatte wie das LP-Paket in seinen Händen. Im Gegensatz zur Schellackplatte mit ihrem groben Korn hatte das von Goldmark verwendete Material eine feinere Oberflächenstruktur, die es ihm ermöglichte, die Rillensteigung und -breite zu verringern. Er führte die Bezeichnung "Microgroove" für diese feine Schrift ein und nannte seine Platte LP, was für "Long Playing Record" steht.
Bild 256 David Sarnhoff auch bekannt als Mister RCA im Jahre 1956
Für Goldmark war es ein Triumph, als er Anfang 1948 seine Platten David Sarnoff, dem Präsidenten der RCA (die das Plattenlabel Victor besaß), vorführen konnte. Sarnoff und seine Ingenieure waren begeistert, aber trotzdem lehnte Sarnoff das Angebot ab, gemeinsam mit CBS die LP weltweit einzuführen. Daher brachte Columbia allein noch im selben Jahr die LP auf den Markt, unterstützt von der Firma Philco, die die dafür erforderlichen Plattenspieler lieferte.
Peter Goldmark verdanken wir die optimale Zusammenstellung der technischen Bausteine zur LP und seine begeisterte Propagierung dieses neuen Formats. Die Einführung der LP wurde ein riesiger Erfolg und entwickelte sich zu einem Billionen-Dollar-Geschäft für CBS im Laufe der Jahre.
Die Geschichte der LP und ihrer Entwicklung weist Parallelen zur Geschichte des PAL Farbfernsehsystems auf, bei dem auch die Bausteine für das System schon lange bekannt waren, aber erst durch das Engagement und die Akribie von Walter Bruch in einem optimalen Kompromiss zusammengeführt wurden. In beiden Fällen spielten diese visionären Erfinder eine entscheidende Rolle bei der Verbreitung und Popularisierung ihrer bahnbrechenden Technologien.
Bild 257 Geheimprojekt der RCA - Madam X
Bei der RCA lief seit 1942 unter dem Tarnnamen "Madame X" eine Entwicklung für ein neues Plattensystem. Die RCA hatte aus den Erfahrungen eines früheren Versuchs im Jahr 1931 mit einer Schellack-Langspielplatte bei 33 1/3 U/min gelernt. Damals hatte RCA es versäumt, gleichzeitig ein billiges Abspielgerät auf den Markt zu bringen, was zum Scheitern des Projekts führte. Deshalb sollte "Madame X" ein integriertes System aus Spieler und Platten werden, um diese Probleme zu umgehen.
Die RCA hatte eine andere Arbeitsphilosophie als die von Peter Goldmark. Sie strebte nach billigen, handlichen Platten und wollte die lange Spielzeit durch einen schnellen Plattewechsler mit mehreren Platten erreichen. Aus der Analyse aller bei RCA-Victor gemachten Aufnahmen hatten sie erkannt, dass die meisten Musikstücke in 5-Minuten-Abschnitte unterteilt werden können. Daher entschieden sie sich für eine Spielzeit von 5 1/3 Minuten pro Plattenseite.
Bild 258 Prinzip des RCA Wechslers
Diese Vorgabe führte zu einer 7-Zoll-Platte (17,78 cm) mit einem großen Zentrierloch von 1,504 Zoll (3,82 cm) Durchmesser. Der kleine Durchmesser sollte ein schnelles Ein- und Ausschwenken des Tonarms beim Wechselvorgang ermöglichen. Das Plattenmaterial war auch hier Vinyl, das im Vergleich zur Schellackplatte einen höheren Materialpreis hatte, aber durch das geringere Materialvolumen mehr als ausgeglichen wurde.
Was die Abspielgeschwindigkeit von 45 U/min betrifft, scheint es keine direkte Erklärung in der vorliegenden Information zu geben. Es ist jedoch möglich, dass die RCA die Geschwindigkeit von 45 U/min aufgrund technischer Überlegungen oder anderer Vorteile gewählt hat.
Die Entwicklung von "Madame X" führte letztendlich zur Einführung von 7-Zoll-Singles, die bei 45 U/min abgespielt wurden. Diese Singles wurden sehr beliebt und fanden weitreichende Akzeptanz im Musikmarkt.
Bild 259 Schokoladen Platte
Bild 260 "Sprechende Schokolade" Werbung
Bild 261
Die Wahl der Abspielgeschwindigkeit von 45 U/min für das neue Plattensystem von RCA hatte technische Gründe und hing nicht mit der Differenz zwischen 78 und 33 U/min zusammen. Vielmehr war es das amerikanische 60Hz Wechselstromnetz, das die exakte Drehzahl bestimmte. Man entschied sich für 45 U/min, weil dies eine ganzzahlige Untersetzung von 40:1 von einem Synchronmotor mit 1.800 U/min ergab.
Das dicke Innenloch bei den 7-Zoll-Singles von RCA war ebenfalls keine Neuerfindung. Schon um die Jahrhundertwende gab es in Amerika kleine Wachsplatten mit einem Durchmesser von 8 cm und einer Dicke von 12,5 mm, die ein großes Mittelloch von 2,2 cm hatten. Ähnlich waren auch die Platten aus Schokolade, die ab 1902 von der Schokoladenautomatenfabrik Stollwerck mit einem eigenen Spieler für Kinder verkauft wurden.
Die Schallaufzeichnung auf den RCA-Singles befand sich natürlich nicht auf der Schokolade selbst, sondern auf einer auf der Schokolade liegenden runden Scheibe aus Metallfolie.
Ende 1948 brachte die RCA ihr neues Plattensystem auf den Markt und es entbrannte ein Wettstreit zwischen den beiden Konkurrenten RCA und Columbia, der in der Presse als "Battle of Speed" (Kampf der Geschwindigkeiten) bekannt wurde. Beide Unternehmen kämpften um die Vorherrschaft in der Schallplattenindustrie und den Markt für Abspielgeräte.
Bild 262 RCA - World Leader in Radio
Bild 263 Debussy auf einer 45er RCA
Bild 264 Enrico Carusoe auf 45er RCA
Die Auseinandersetzungen zwischen RCA und Columbia, bekannt als der "Krieg der Geschwindigkeiten", führten zu einem großen Werbeaufwand und einem intensiven Wettstreit um die Vorherrschaft auf dem Markt für Schallplatten und Abspielgeräte. Die RCA versuchte, ihr System mit einem schnellen Wechsler und Plattenalben, die wie Bücher ins Regal gestellt werden konnten, durchzusetzen. Allerdings zeigte sich bald, dass der schnelle Wechsler nicht so reibungslos funktionierte wie erhofft, und klassische Musikstücke konnten nicht ohne merkbare Unterbrechungen abgespielt werden, was die LP von Columbia mit nur einer Unterbrechung deutlich besser machte.
Im Laufe der Zeit schlossen sich jedoch immer mehr Schallplattenproduzenten dem LP-Konzept von Columbia an, und die RCA konnte dem Trend nicht länger widerstehen. Schweren Herzens musste David Sarnoff schließlich seine Zustimmung zur Aufnahme der eigenen LP-Produktion bei RCA-Victor geben. Am 4. Januar 1950 kündigte die RCA-Victor ihre ersten 33er Vinyl-Platten an. Einige der Mitarbeiter, die Sarnoff zuvor zur Auseinandersetzung mit der CBS "ermutigt" hatten, wurden daraufhin entlassen.
Den letzten Anstoß für die Übernahme der LP durch RCA-Victor soll der Dirigent Arturo Toscanini gegeben haben. Toscanini war beeindruckt, als er bei Columbia eine Aufnahme seines Kollegen Bruno Walter beobachtete. Walter musste eine Symphonie nur einmal unterbrechen, während bei RCA eine Unterteilung in "5-Minuten-Portionen" nötig war. Dieses Erlebnis soll dazu beigetragen haben, dass Toscanini die LP-Technologie bei RCA unterstützte.
17. Verbreitung der Langspielplatte
Bild 265 10fach Wechsler
Nachdem die RCA auch längere klassische Musikstücke auf LPs veröffentlicht hatte, wurde die ursprüngliche Bestimmung der 45er Platte mit dem Schnellwechsler irrelevant. Der Schnellwechsler wurde aufgegeben. Dennoch sah man eine echte Marktchance für die 45er Platte als günstige Einzelplatte. Mit einer neuen Werbekampagne konnte die RCA tatsächlich erreichen, dass auch andere Plattenproduzenten, einschließlich Columbia, die 45er-Platte als sogenannte "Single" übernahmen. Insbesondere für populäre Einzeltitel, darunter Schlager, löste die 45er-Platte bald die 78er-Platte vollständig ab.
Das für den eigenen Wechsler entwickelte große Mittelloch verlor seine Bedeutung, abgesehen von seiner Verwendung in Musikautomaten. Die meisten Hersteller liefern heute Platten mit einem herausdrückbaren Kern, der das normale Mittelloch enthält und je nach Bedarf genutzt werden kann. So wurde das Format der 45er-Platte als Single zu einem beliebten Standard für die Veröffentlichung einzelner Songs und hatte großen Einfluss auf die Musikindustrie.
Bild 266 Wechselachse eines Wechslers für Platten mit normalem Mittelloch
Die Einführung der 30cm LP in den 1950er Jahren in Deutschland brachte viele Firmen dazu, Plattenwechsler für dieses Format anzubieten, obwohl das Stapeln auf der normalen Achse nicht besonders günstig war (Bild 266). Bei Opernaufnahmen, die auf beispielsweise vier Platten aufgeteilt waren, wurden die Teile 1, 2, 3 und 4 jeweils auf den ersten Plattenseiten platziert, während die Teile 5, 6, 7 und 8 auf den anderen Plattenseiten angeordnet wurden. Dadurch konnte der Wechsler nacheinander vier Plattenseiten (oder mehr) abspielen, bevor der Stapel umgedreht werden musste.
Heutige Plattenspieler mit automatischer Tonarmein- und -ausschwenkung werden oft mit einer austauschbaren Wechslerachse geliefert, mit der der Spieler auch als Wechsler betrieben werden kann. Jedoch wird die Wechslerfunktion heutzutage nur selten genutzt, zumindest in Deutschland; in den USA war das möglicherweise anders. Viele Besitzer solcher Spieler haben möglicherweise vergessen, dass ihre Geräte diese Wechslermöglichkeit haben.
Internationale Normblätter legen heute fest, wie Schallplatten hergestellt werden müssen, damit sie auf Abspielgeräten aller Hersteller einwandfrei funktionieren. Dies umfasst auch die genormte Ein- und Auslaufrille, die exakte Dimensionierung des Mittellochs und die Dicke der Schallplatte, da all diese Maße wichtig sind, um einen störungsfreien Betrieb mit automatischen Plattenspielern zu gewährleisten.
Bild 267 Die 30cm-33er Platte
Im Schnittbild der 30cm LP (Bild 267) sieht man den Wulstrand, der sicherstellt, dass sich die im Stapel des Wechslers aneinanderliegenden Platten im tonmodulierten Teil nicht gegenseitig berühren. Seine um 5° geneigte Schräge sorgt dafür, dass die Abtastnadel beim Aufsetzen sicher in die Einlaufrille rutscht. Die Einlaufrille führt von dort mit einer Steigung von 0,8 bis 1,6 mm direkt zur ersten modulierten Rille.
Bei der 17,5cm 45er Schallplatte (Bild 267) ist statt des Wulstes am Plattenrand das Mittelteil verstärkt. So können auch diese Platten gestapelt werden, ohne dass sich die Flächen mit der Tonmodulation berühren. Zur einwandfreien Mitnahme der nur in der Mitte auf dem Stapel aufliegenden Platten sind entweder am Außenrand des Mittelteils 0,15mm hohe Rippen angebracht oder das Zentrierstück ist entsprechend geformt. Die Rippen der übereinanderliegenden Platten greifen ineinander und verhindern das Rutschen während des Abspielens. Weitere Daten der drei Platten (78er, 45er und 33er) wurden bereits in Tabelle 1 beschrieben.
In Deutschland wurden die neuen Plattentypen zunächst nur zögerlich eingeführt, da das Land zuerst die Folgen des verlorenen Krieges verkraften musste. Eine Statistik für das Jahr 1954 zeigte, dass 77,5% der Plattenproduktion aus 78er Platten bestand, 18,3% aus 45er und nur 6,2% aus 33er Platten. Doch diese Situation änderte sich schnell! Die 78er Platten sind längst vergessen, und das gilt auch für die monofonen Platten, deren Entwicklungsgeschichte wir soeben beschrieben haben; auch sie sind schon fast Geschichte, durch Stereo abgelöst.
Bild 268
Die Technik der "Füllschrift" ermöglicht es, die Spielzeit der Schallplatten zu verlängern, ohne die Aufzeichnungsnorm zu verändern. Dies wird erreicht, indem der Rillenabstand an die jeweilige Signalamplitude, also die seitlichen Ausschläge, angepasst wird. Mit dieser Technik kann die Spielzeit bei geeigneten Musikstücken bis auf das Doppelte verlängert werden. Eduard Rhein, ein Erfinder, Journalist und Romanschriftsteller, sowie Gründer und langjähriger Herausgeber der Zeitschrift "Hör zu", prägte den Begriff "Füllschrift" für diese Technik.
Eduard Rhein trieb diese Technik mit großer Leidenschaft voran und glaubte, sie auch grundsätzlich erfunden zu haben. Allerdings musste er nach dem Einreichen seiner ersten Patentschrift vom Patentamt erfahren, dass das Prinzip bereits patentiert war. Das Patent der Columbia Graphophone Comp., das in London am 19. April 1928 angemeldet wurde (meines Wissens nicht verwirklicht), schlägt vor, die radiale Bewegung der Schneiddose, also den Vorschub, von der jeweils aufzuzeichnenden Amplitude abhängig zu machen. Die für die Vorschubsteuerung notwendigen Steuerspannungen müssen jedoch bereits vor dem Aufzeichnen der Nutzamplitude bekannt sein. Das erfordert eine Zwischenaufzeichnung, die nach einem Vorschlag im Patent auf einer Platte mit zwei Tonabnehmern erfolgen sollte.
Während Rhein und seine Konkurrenten die Zwischenaufzeichnung auf Magnetband nutzten, um das Verfahren zu realisieren, könnten heute elektronische Verzögerungsketten verwendet werden, um eine Zeitverzögerung zu erzielen, was sogar den Direktschnitt ermöglichen würde. Eduard Rhein erhielt dennoch eine Menge Patente, und seine Technik wurde von Teldec, einem Plattenlabel, das während der Laufzeit dieser Patente im Besitz war, umgesetzt und realisiert.
Bild 267
Bild 268 Das Prinzip der Füllschrift
Das Prinzip der Füllschrift von Eduard Rhein basiert auf einer Schneid-Apparatur, die es ermöglicht, die Mikrofonströme über ein Verzögerungsglied dem Tonschreiber S zuzuführen. Gleichzeitig gelangen die Mikrofonströme auch zu einem Regelorgan, das den Schneidkopf S bereits vor dem Eintreffen der verzögerten Tonfrequenzen über die Welle A, abhängig von der Lautstärke der aufzuzeichnenden Rille, mehr oder weniger schnell vorwärts oder zeitweilig auch rückwärts bewegt.
Um sicherzustellen, dass jede neue Rille sich eng an die vorher geschnittene anschmiegt, werden von einem Tonabnehmer die Lage und Lautstärke der vorhergehenden Rille bei 1 und 2 elektrisch gemessen und ebenfalls dem Regelorgan mitgeteilt. Das Regelorgan berechnet und bestimmt dann aus den ihm zugeführten drei Werten die endgültige richtige Lage des Schneidkopfes mit einer Genauigkeit von Tausendstelmillimetern.
Eduard Rhein meldete sein Verfahren 1942 zum Patent an und hoffte, innerhalb eines Jahres eine zuverlässig arbeitende Schneid-Apparatur bauen zu können. Allerdings verzögerte der Krieg, der Zusammenbruch und die Geldentwertung seine Pläne. Zudem unterschätzte er die praktischen Schwierigkeiten und hätte sich als Privatmann wohl kaum an diese Aufgabe herangewagt, wenn er die Herausforderungen im Voraus gekannt hätte. Dennoch erhielt Rhein eine Reihe wichtiger Patente für seine Technik, die später von anderen Unternehmen, darunter Teldec, umgesetzt wurde.
Bild 269
Bild 270
Bild 271
Die Bilder 269, 270 und 271 zeigen den Fortschritt, den das Füllschriftverfahren von Eduard Rhein in der Schallplattenherstellung erzielt hat.
Bild 269 zeigt eine normal geschnittene Schallplatte unter der Lupe. Die Rillen sind gleichmäßig nebeneinandergelegt, ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Raumbedarf. Links sieht man sieben Rillen ohne Tonmodulation.
Bild 270 zeigt das Füllschriftverfahren, das mit der Platzverschwendung aufräumt. Ein elektrisch gesteuertes "Rechengerät" regelt den Rillenabstand so ein, dass jeweils gerade noch der notwendige, konstant gehaltene Steg übrig bleibt. Auch hier sind sieben Rillen ohne Tonmodulation zu sehen, jedoch ist der Abstand zwischen den Rillen optimiert.
Bild 271 zeigt einen weiteren Fortschritt. Rhein verändert jetzt auch die Stegbreite mit der Lautstärke. Die sieben Rillen ohne Musik (links) liegen so eng wie möglich nebeneinander. Aber dort, wo die Tonmodulation besonders große Amplituden hat, wird zusätzlich die Stegbreite vergrößert. Dadurch wird noch mehr Platz gespart und die Spielzeit der Schallplatten kann weiter verlängert werden.
Diese Fortschritte haben es ermöglicht, die Effizienz und Kapazität von Schallplatten zu verbessern und eine längere Spielzeit bei gleichbleibender Klangqualität zu erreichen. Eduard Rhein und seine Technik der Füllschrift haben somit maßgeblich zur Weiterentwicklung der Schallplattentechnologie beigetragen.
45-Füllschriftplatte
Bild zeigt eine 45er-Füllschriftplatte in der Hülle, auf der auch Werbung für das Füllschriftverfahren zu sehen ist. Es wird dargestellt, wie der Kern der Platte herauszudrücken ist, wenn das große Mittelloch zur Anwendung kommen soll.
Am 14. Juli 1950 führte Eduard Rhein das nach seinem Verfahren geschnittene Platten der Öffentlichkeit vor, und sie wirkten sensationell. Die Teldec übernahm seine Apparatur im Jahr 1953 und mit ihr wurden Hunderte von Platten geschnitten und wertvolle Erfahrungen gesammelt. Diese Erfahrungen führten zu einer Reihe erfreulicher Verbesserungen. Die Apparatur entwickelte sich aus einem empfindlichen Laborgerät zu einer Gebrauchsmaschine: robuster, präziser, einfacher und billiger.
Das Verfahren lässt sich anhand der Bilder 269, 270, 271, 272 elementar beschreiben und wurde in der Funkschau vorgestellt. Eduard Rhein hat mit seiner Füllschrifttechnik einen bedeutenden Beitrag zur Weiterentwicklung der Schallplattenherstellung geleistet, indem er die Spielzeit der Platten verlängerte und Platzverschwendung minimierte. Sein Verfahren revolutionierte die Produktion von Schallplatten und trug maßgeblich dazu bei, die LP als Standardformat in der Musikindustrie zu etablieren.
Ausschnitt aus der Plattentasche mit der Aufschrift „Schallplatte mit verlängerter Spieldauer durch variable Micrograde 78"
Etikett einer Platte der Deutschen Grammophon mit „Variable Micrograde 78"
Es ist bedauerlich, dass die Leistung von Eduard Rhein bei der Durchsetzung der Füllschriftplatte oft in Vergessenheit geraten ist. Tatsächlich kam die erste auf dem Markt erschienene Platte mit gesteuertem Rillenabstand von der Deutschen Grammophon Gesellschaft, und die Bezeichnung "Verlängerte Spieldauer durch variable Micrograde 78" auf der Plattentasche war sicherlich unglücklich gewählt.
Es ist wichtig, die Ingenieure Dr. Gerd Schöttler von Grammophon und Alexander Schaaf von Siemens, die diese Platte entwickelt haben, aus der Vergessenheit zu holen und ihre Leistungen anzuerkennen. Auch sie erhielten Patente für ihre Arbeit. Bild 200 zeigt das Etikett einer der ersten Platten aus dem Jahr 1950, die die Füllschrifttechnologie nutzte. Diese Platten markierten einen wichtigen Schritt in der Geschichte der Langspielplatte und ermöglichten eine längere Spielzeit mit gesteuerter Rillenbreite und -abstand, was die Musikindustrie revolutionierte.
Telefunken übernimmt
Ein Unternehmen feierte den Triumph
Eine Firma hatte den Wettbewerb gewonnen, und zwar das Unternehmen Telefunken. Sie besaß ein Patent von Dr. Heinz Lübeck, das bereits am 20. Juni 1943 angemeldet wurde und einen einzigartigen Schutzumfang hatte. In dem Patent stand unter anderem: "...bei dem der Frequenzgang des Steuerorgans für den Rillenabstand dem Frequenzgang des die Rillenamplitude bestimmenden Aufzeichnungsorgans des Nadeltonträgers angepaßt ist." Dadurch waren alle Platten, bei denen der Rillenabstand richtig gesteuert wurde, lizenzpflichtig für Telefunken. (Anmerkung: Nur in Deutschland!)
Der Zeitspareffekt beim platzsparenden Schneiden war am größten, wenn die Darbietung eine starke Dynamik aufwies. Mit dem Rheinschen Füllschriftverfahren und der geschickten Ausnutzung aller Erfindungen gelang es beispielsweise, auf einer Seite einer 33er LP mit den üblichen Mikrorillen die Scheherazade von Rimsky-Korssakow mit einer Spieldauer von 40 Minuten unterzubringen. Ohne Rillenverdichtung könnte die gleiche Plattenseite höchstens 24 Minuten Abspielzeit bieten.
Eine 45er-Platte konnte je nach Art der Musik bis zu 9 Minuten für klassische Musik oder nur 7 Minuten für moderne Tanzmusik aufnehmen. Damit war die Entwicklung der analogen Schallplatte in Bezug auf ihre Spielzeit abgeschlossen. Platten mit 8 1/3 U/min und 16 2/3 U/min, die nur für Sprachaufzeichnungen verwendet wurden, können wir vergessen.
Technische Daten für Schallplatten bei verschiedenen Geschwindigkeiten (U/min) und Rillendichten (Rillen pro Zoll bzw. Rillen pro Zentimeter) sowie deren Spieldauer:
78 U/min:
- Normalrillen (Rillenbreite 100-140 µm):
- Rillen pro Zoll: 96
- Rillen pro Zentimeter: 38
- Spieldauer (25 cm): 3,5 Minuten
- Spieldauer (30 cm): 4,8 Minuten
- Engster Schnitt (Rillenbreite 50-70 µm):
- Rillen pro Zoll: 106
- Rillen pro Zentimeter: 42
- Spieldauer (25 cm): 3,8 Minuten
- Spieldauer (30 cm): 5,2 Minuten
45 U/min:
- Mikrorillen (Rillenbreite 50-70 µm):
- Rillen pro Zoll: 218
- Rillen pro Zentimeter: 86
- Spieldauer (17 cm): 5,5 Minuten
- Spieldauer (25 cm): 15,5 Minuten
- Spieldauer (30 cm): 22 Minuten
- Engster Schnitt (Rillenbreite nicht angegeben):
- Rillen pro Zoll: 241
- Rillen pro Zentimeter: 95
- Spieldauer (17 cm): Nicht angegeben
- Spieldauer (25 cm): 6 Minuten
- Spieldauer (30 cm): 17 Minuten
- Spieldauer (33 cm): 24,3 Minuten
Teldec-Füllschrift (Rillenbreite 50-140 µm):
- Spieldauer (17 cm): 7 Minuten
- Spieldauer (25 cm): 9,5 Minuten
- Spieldauer (30 cm): 9 Minuten
- Spieldauer (33 cm): 26 Minuten
- Spieldauer (40 cm): 40 Minuten
Bitte beachten Sie, dass die angegebenen Werte nur ungefähre Schätzungen sind und je nach Herstellungsverfahren und Plattentyp variieren können.
Stereo
Vor 20 Jahren (Anmerkung: im Jahr 1978) wurden Schallplatten eingeführt, die eine zweite Information für die stereophone Wiedergabe in der Rille enthalten. Dadurch hat die für die mechanisch-elektrische Wiedergabe bestimmte Schallplatte ein vorläufiges Endstadium erreicht. Die Entwicklungen der letzten 80 Jahre seit Edisons erstem Phonographen vor 100 Jahren sind nun Geschichte. In meinem Bericht habe ich von den vielen einzelnen Erfindern gesprochen, deren Leistungen diesen Entwicklungsabschnitt geprägt haben, ohne dabei tief nachzuforschen.
Nach der Einführung der Stereophonie hat die Verfeinerung der Schallplattentechnik im Sinne von High-Fidelity viele Ingenieure herausgefordert, deren Leistungen in der Geschichte Bestand haben werden. Für weitere Informationen dazu empfehle ich die Lektüre der FUNKSCHAU, insbesondere der beiden Sonderhefte "FUNKSCHAU-Spezial High-Fidelity" 1 und 2.
Für diejenigen, die sich mit der Technik vertraut machen wollen und nach weiteren Literaturnachweisen suchen, empfehle ich das Buch "Phonotechnik ohne Ballast" von Günther Fellbaum und Wolfgang Loos aus dem Franzis-Verlag, das besonders geeignet ist, um eine Einführung zu erhalten.
Die Geschichte der Stereophonie, die durch Schallplatte, Rundfunk und Tonband alltäglich geworden ist, ist etwa so alt wie der Phonograph selbst. Die Erkenntnisse darüber, wie das Richtungshören funktioniert, sind jedoch nicht viel älter. Im Jahr 1838 bestritt der Schotte Alexander Bain, bekannt als einer der ersten Erfinder einer Bildübertragungseinrichtung, ernsthaft, dass unser beidohriges Gehörsystem eine Rolle bei der Schallokalisation spielt. Dies forderte den deutschen Physiologen Ernst Weber heraus, der mittels einfacher Experimente mit zwei Uhren eindeutig das Gegenteil bewies.
Zur akustischen Schallokalisation hatte man bereits 1880 die Basis der Ohren durch ein Gerät vergrößert, das den Namen „Topophon" erhielt. Dieses patentierte Gerät sollte es den Kapitänen erlauben, im Nebel die Richtung exakt zu bestimmen, in der sich ein anderes, mit seinem Nebelhorn tutendes Schiff befand.
Lord John Rayleigh, der Nobelpreisträger von 1904, gelang es schließlich, in eindeutigen Experimenten den Nachweis zu erbringen, dass der Abstand unserer Ohren primär für die Möglichkeit der Ortung einer Schallquelle verantwortlich ist. Eine ähnliche Erkenntnis wurde bereits vom Erfinder des in Bild 279 dargestellten Gerätes angewendet, der zur Ortung von Schallquellen die Basis seiner Ohren durch zwei gespreizte Schallempfänger vergrößert hatte.
Lord Rayleigh führte ein Experiment durch, bei dem er sich mit geschlossenen Augen auf einer Rasenfläche inmitten eines Kreises seiner Assistenten positionierte, von denen jeder eine Stimmgabel als Tonquelle in der Hand hielt. Er konnte die Richtung jedes angeschlagenen Tons einigermaßen genau bestimmen, wenn er beidohrig hörte. Jedoch konnte er einen direkt hinter ihm angeschlagenen Ton nicht von einem direkt von vorn kommenden Ton unterscheiden.
Eine wichtige Erkenntnis, die auch für uns von Bedeutung ist, ergab sich daraus: Die Ortung eines Tons mit tieferer Frequenz ist viel schwieriger als die eines Tons mit höherer Frequenz. Zudem stellte Lord Rayleigh fest, dass das Ohr, das der Richtung der Schallquelle mehr zugewendet ist, den Schall mit mehr Intensität wahrnimmt als das Ohr, das in die entgegengesetzte Richtung zeigt.
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Lord John Rayleigh stellte zunächst die Theorie der "Intensitätsstereophonie" auf, wonach die Lokalisierung eines Schalls durch die unterschiedliche Intensität bestimmt wird, mit der er beide Ohren erreicht. Diese Theorie galt vor allem für höhere Frequenzen, etwa oberhalb von 400 Hz. Später erkannte Rayleigh jedoch, dass bei tieferen Frequenzen auch die unterschiedliche Phasenlage eine Rolle bei der Lokalisierung spielt.
Bei höheren Frequenzen, die symmetrisch vor dem Hörer angeordnet sind, kann man zwei Schallquellen als aus der Mitte kommend orten, wenn sie auf beide Ohren mit gleicher Intensität treffen. Mit einem Balanceregler bei der stereophonen Wiedergabe kann man die Mitte verschieben, indem man das Intensitätsverhältnis des von beiden Lautsprechern kommenden Schalls ändert. Dies funktioniert umso besser, je weniger auf tiefe Frequenzen geachtet wird, da deren Ortung durch das Phasenverhältnis bestimmt wird.
Die elektronische Stereophonie geht auf das Jahr 1881 zurück, also nur vier Jahre nach Edisons Erfindung des Phonographen. Im August 1881 erhielt der Pariser Ingenieur Clement Ader ein Patent für eine Einrichtung zur direkten Übertragung von der Bühne zum Fernsprechteilnehmer in Stereo für Theater. Es wurden ähnliche Mikrofone wie das Kohlemikrofon von Edison verwendet, um eine zweikanalige Übertragung aus der Pariser Oper in Stereo zur "Exposition Internationale d'Electricite" durchzuführen.
Die Bilder 280, 281, 282 und 283 zeigen die Anordnung der Mikrofone auf der Bühne der Pariser Oper und deren Übertragung zur Ausstellung. Die Stereophonie und deren Entwicklung haben seitdem große Fortschritte gemacht und sind zu einem wesentlichen Bestandteil der heutigen Audio- und Unterhaltungstechnologie geworden.
Patent von Clement Ader
Das Patent von Clement Ader beschrieb eine Einrichtung zur direkten Übertragung von der Bühne zum Fernsprechteilnehmer in Stereo für Theater. Die Aufnahmegeräte wurden auf der Bühne in zwei Serien eingeteilt, eine linke und eine rechte, und jeder Empfangsapparat beim Abonnenten war mit einem Sender einer der beiden Serien verbunden. Dadurch konnte der Hörer mit beiden Ohren die verschiedenen Laute verfolgen, und die Variationen in der Intonation entsprachen den Bewegungen und Ortsveränderungen der Schauspieler auf der Bühne. Clement Ader war sich bewusst, dass dieses "doppelte Hören" ähnlich dem Stereoskop für das Sehen ist.
AEG Magnetophon K7 in Stereo - 1944
Hätte man zu dieser Zeit bereits ein Tonband mit zwei Spuren oder eine entsprechende Schallplatte gehabt, wäre die Stereo-Aufzeichnung wohl schon früher erfunden worden. Leider war es um 1935 noch nicht so weit. Telefunken hatte zu dieser Zeit zwar mit der Stereophonie experimentiert, aber noch nicht besonders erfolgreich.
Die Stereomusikaufnahmen mussten im Laufe der Zeit weiterentwickelt werden, um optimale Ergebnisse zu erzielen, basierend auf den Erkenntnissen von Lord Rayleigh und anderen Forschern. Für weitere Informationen zur Tonstudio-Technik und Stereophonie empfiehlt der Autor das Buch "Tonstudio-Technik" von Johannes Webers. Während in Deutschland aufgrund des Zweiten Weltkriegs keine weiteren Fortschritte bei der stereophonischen Aufzeichnung gemacht werden konnten, überließen die Amerikaner dies nicht dem Zufall. Kurz vor Amerikas Eintritt in den Krieg führten sie eine interessante Vorführung durch.
Das verblüffende Ergebnis des Experiments war, dass die Zuhörerschaft sich in zwei Lager spaltete. Die Hälfte der Hörer glaubte, dass der erste Satz tatsächlich von den Musikern auf der Bühne gespielt worden sei, während die andere Hälfte darauf bestand, dass die Musiker den zweiten Satz gespielt hätten. In Wirklichkeit war der erste Satz tatsächlich live vom Orchester gespielt worden, während der zweite Satz eine Stereo-Aufnahme war, die über die Lautsprecher ausgestrahlt wurde.
Das Experiment demonstrierte eindrucksvoll, dass durch die Kombination von hochentwickelter Elektroakustik und wissenschaftlichen Kenntnissen über den Hörweg die Illusion einer Live-Aufnahme erzeugt werden konnte. Für eine Generation, die zuvor nur monaurale Schallplatten mit geringer Wiedergabequalität kannte, war dies eine bemerkenswerte Erfahrung. Das Konzert im Jahr 1941 zeigte das Potenzial und die Möglichkeiten der Stereophonie und elektronischen Aufzeichnung auf, die in den folgenden Jahrzehnten zu einer grundlegenden Veränderung der Audioaufnahmetechnologie führen sollten.
Lächerliche Vorstellung des Raumtons um 1906
In der Vergangenheit wurde für diese Technik ein besonderes Verfahren eingesetzt, das auf zwei Kanälen auf der Schallplatte beruhte. Fehlten diese Kanäle, griff man auf eine clevere Methode zurück, bei der eine zeitlich verschobene zusätzliche Abspielung der gleichen Aufnahme verwendet wurde - ganz anders als die humorvolle Darstellung eines Spaßvogels im Jahr 1906.
Es gab eine Reihe von Plattenspielern, bei denen zwei miteinander verbundene Tonabnehmer gleichzeitig die gleiche Rille abtasteten und den dadurch gewonnenen Schall gemeinsam an den Trichter weitergaben. Eine Herausforderung dieses Ansatzes bestand jedoch darin, dass sich der zeitliche Abstand auf dem Weg zu den inneren Rillen verlängerte, wenn die Tonabnehmer mit einem konstanten Abstand die gleiche Rille abtasteten.
Schalldosenführung des Raumtongerätes "Ultraphon"
Ultraphon-Gerät
In 1925 präsentierte Küchenmeister sein "Ultraphon" auf dem Markt, ein bemerkenswertes Gerät mit zwei Schalldosen und zwei Schallführungen. Die Markteinführung wurde sensationell beworben und das Gerät verkaufte sich in beträchtlicher Stückzahl (DRP 418 667). Die gewünschten Effekte wurden durch die Verwendung von zwei unterschiedlich langen Tonarmen und Schalleitungen verschiedener Dimensionen und Materialien erzielt. Die Konstruktion der Schalldosenführung ist zu sehen, während ein Foto eines funktionsfähigen Geräts aus dem Besitz der Polydor International zeigt.
1925/1926 untersuchte H. E. Hollmann in einer preisgekrönten Arbeit an der Technischen Hochschule Darmstadt, was man durch die Zugabe von "Vorhall" und "Nachhall" zur normalen Tonaufnahme erreichen kann, um einen raumakustischen Effekt zu erzeugen. Hollmann verwendete bereits einen Magnetspeicher für die Klangveredelung (Bild 288). Zusätzlich wurde bereits ein Patent für die zeitversetzte Abtastung derselben Rille mit zwei elektrischen Tonabnehmern eingereicht.
Hollmanns Arbeit, bei dem durch einen umlaufenden Stahldraht zeitversetzte Vor- und Nachläufer für einkanalige Raumtoneffekte erzeugt wurden.
Ein amerikanisches Patent, bei dem zwei elektrische Tonabnehmer zwei zeitlich verschobene Signale für den Raumton liefern.
18. Doch nur Pseudostereophonie?
a) Auszug aus der Patentschrift von Blumlein, die 45/45° -Zweikomponent aufzeichnung betreffend,
b) Realisierung eines modernen Zweikomponentenschreibers. Durch entsprechende Matrizierung der beiden Signale (auch die Matrizierung der Signale erfand Blumlein) können damit folgende Schriften geschnitten (und abgetastet) werden:
c) Tiefenschrift nach Edison, d) Seitenschrift nach Berliner (übliche Monoschrift) und e) 45°-Flanken- schrift (im Bild ist zur Verdeutlichung nur eine Flanke mit einem Signal moduliert; wird auch die zweite Flanke moduliert, dann entsteht die Zweikomponenten- schrift, also unsere Stereoschrift)
Als die wahre "Intensitätsstereophonie" eingeführt werden sollte, beschäftigte man sich erneut eingehend mit der "Pseudostereophonie", bei der es nur einen monophonen Aufnahmekanal gibt, die Wiedergabe jedoch über zwei oder mehr Kanäle erfolgt. Im Experimentalstudio Gravesano führte Wolfgang Grau solche Untersuchungen durch und veröffentlichte sie unter dem Pseudonym Hans Raug. Diese Erkenntnisse hatten keinen Einfluss auf die Wiedergabe, nachdem die zweikanalige Schallplattenstereophonie so herausragend gelöst werden konnte. Dennoch geben sie Anregungen für die Umwandlung alter einkanaliger Aufnahmen in Stereoplatten.
Die heutige zweikanalige Schallplattenschrift, 1958 in den USA eingeführt, wurde tatsächlich bereits am 14. Dezember 1931 erfunden und kurze Zeit später bereits in einer ersten Platte umgesetzt. Walter Bruch, der von sich selbst spricht, besitzt einen Tonbandausschnitt von dieser ersten Platte, auf der alle Demonstrationsaufnahmen enthalten sind, mit denen Stereo bei uns eingeführt wurde, wie zum Beispiel: "Ich gehe jetzt von links nach rechts" usw.
Alan Dower Blumlein, ein Genie, wurde kurz nachdem die Western Electric durch ihre Patente die elektrische Schallplattenaufnahme blockierte, von Isaac Shoenberg, dem Forschungschef der EMI, beauftragt, eigene Methoden für den Plattenschnitt zu entwickeln. Alan Dower Blumlein war einer der ideenreichsten Erfinder, die jemals bekannt wurden. Leider verunglückte er Anfang des Krieges, gerade 35 Jahre alt geworden, tödlich bei einem Flug zur Erprobung neuer elektronischer Geräte. Seine vielversprechende Karriere endete tragisch.
Viele Jahre nach der Wiederaufnahme des Fernsehens musste die deutsche Industrie immer noch Lizenzen an die EMI für jeden Fernsehempfänger bezahlen. Denn Blumlein hatte auch die stromsparende Zeilenablenkschaltung bei der EMI erfunden, die weltweit verwendet wurde. Die Ergebnisse von Blumleins Forschung im Bereich der Schallplatte sind in dem genannten Patent veröffentlicht. Seine 70 Patentansprüche bieten eine Fülle von Informationen. Darunter befindet sich auch die orthogonale 45°-Stereoschrift
An dieser Stelle kann ich glücklicherweise einige bisher unveröffentlichte Bilder von Blumleins Aufnahmeapparatur zeigen (Bild 292 und 293), sowie einen Tonabnehmer.
Mit dieser Apparatur schnitt Blumlein im Jahr 1932 die weltweit erste Stereoplatte in 45/45°-Zweikomponentenschrift.
Detailansicht von Blumleins Zweikomponenten-Schreiber aus dem Jahr 1932.
Blumleins Stereotonabnehmer von 1932.
Einkomponentenschrift mit Träger - trägerfrequente Aufzeichnung mit einem Träger oberhalb des Hörbereichs (z. B. 20 kHz) nach RCA (Patent DRP 483 542 vom 5. Mai 1925).
Zweikomponentenschrift mit Träger - das Stereosystem von Decca (1955): Dem normal niederfrequent aufgezeichneten Kanal 1 wurde auf einem Träger von 14 kHz (im oberen Seitenband moduliert) der Kanal 2 überlagert.
Blumlein schnitt im Jahr 1932 die weltweit erste Stereoplatte - eine 78er Platte - mit dieser Technik. Jedoch war es zu dieser Zeit noch zu früh, um Stereoplatte erfolgreich zu vermarkten. Erst in den 1950er Jahren, als die monaurale Platte bereits Hi-Fi-Qualität erreicht hatte, erwachte das Bedürfnis nach einer Schallplatte mit zwei Tonsignalen in einer Rille für die zweikanalige Stereowiedergabe.
Die Idee der Bell, den einen Kanal in Tiefenschrift und den anderen in Seitenschrift festzuhalten, tauchte erneut auf. In England hatte man jedoch ein anderes System entwickelt, das mit einem trägerfrequenten Signal für den zweiten Kanal arbeitete. Dieses System wurde später zum Vorbild für das in Japan entwickelte CD-4 Quadrophoniesystem, das mit zwei Trägern arbeitet. Es ist interessant festzustellen, dass die Aufzeichnung eines Tonsignals in einer auf einen Träger modulierten Form bereits seit 1925 durch ein Patent bekannt war.
19. Die Entwicklung ist nicht zu stoppen
Decca Modulation
Das DECCA-Verfahren zeichnete nur den einen Kanal in normaler niederfrequenter Form auf, nachdem er durch einen Tiefpass bei 12 kHz scharf bandbegrenzt wurde. Oberhalb dieser 12 kHz wurde das zweite Signal auf einen Träger von 14 kHz mit unterdrücktem unteren Seitenband gelegt. Durch eine erneute Bandbegrenzung bei 12 kHz ergab sich eine obere Grenzfrequenz von 26 kHz, bis zu der der Schneid- und Wiedergabefrequenzbereich reichen musste.
Die Wiedergabeapparatur war aufgrund der für das Einseitenbandsignal notwendigen Synchrondemodulation etwas kompliziert, funktionierte jedoch hervorragend. Obwohl Columbia ebenfalls an einem Verfahren arbeitete, gab es keine Auseinandersetzungen um das zur Norm zu erklärende System, da man sich an die geschäftsschädigenden Streitigkeiten während des Kampfes um die Geschwindigkeiten erinnerte.
Angeregt von den Erfolgen der englischen DECCA (die mit der amerikanischen DECCA nur den Namen gemeinsam hatte), gaben in Amerika die dortige DECCA, RCA-Viktor und Capitol den Auftrag an die zur Western Electric gehörende Westrex, ein einheitlich für Amerika geeignetes System zu entwickeln. Im August 1957 war das heute benutzte 45°/45°-System fertiggestellt und erste Probepressungen standen für Versuche zur Verfügung. Es wurde zusammen mit dem Senkrecht/Seitwärts-Verfahren von einem Ausschuss der "Record Industry Association of America" (RIAA) geprüft.
Im Jahr 2012 hatte die RIAA (Recording Industry Association of America) einen ähnlich schlechten Ruf wie die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) und andere Rechtevertreter. Doch die Entscheidung über das Stereo-Schallplattensystem wurde der RIAA auf recht unkonventionelle Weise vorweggenommen: Die Westrex-Stereo-Muster wurden absichtlich mit künstlichen Störungen versehen, um zu verhindern, dass sie für den allgemeinen Gebrauch verwendet werden konnten (sie waren kompatibel mit Mono-Wiedergabe).
Trotz dieser Störungen produzierte ein kleiner Unternehmer 3000 Kopien dieser Muster, die schließlich in den Händen von Amateuren landeten. Um den Schaden zu begrenzen, stellte Westrex der "Audio Fidelity Inc." - die für den kleinen Unternehmer die Platten gepresst hatte - eine Schneidapparatur zur Verfügung.
Mit dieser Apparatur wurden dann die ersten vier Stereoschallplatten für diesen Produzenten hergestellt, diesmal ohne störende Unterbrechungen. Die Interessenten konnten sich nun Stereoanlagen zusammenbauen, denn es gab bereits geeignete Tonabnehmer zum Kauf. Die RIAA wurde somit überflüssig, und die Einführung der Schallplattenstereo war vollzogen! Die RIAA akzeptierte die neue Norm, und Bell, Columbia und die englische Decca zogen ihre eigenen Systeme zurück. Die Umstellung von Mono auf Stereo erfolgte langsam, aber stetig. Bereits 1960 machten Stereoausführungen 25% der in Amerika verkauften Langspielplatten aus.
Der offensichtliche Vorteil von Stereo war die räumliche Wiedergabe, die dem Hörer den Eindruck vermittelte, als würde das Geschehen im Raum vor ihm stattfinden. Die meisten Menschen, einschließlich meiner Freunde, waren mit dieser räumlichen Stereophonie zufrieden. Um jedoch alle vier Richtungen zu erfassen, bräuchte man vier Lautsprecher, die entsprechende aufgenommene Signale über vier Kanäle erhalten.
Ein Schallortungsgerät aus dem Ersten Weltkrieg mit vier Aufnahmeorganen. Dieses Gerät, ein Vorläufer des Radars, könnte möglicherweise auch als Vorbild für die quadrophonische Aufnahme gedient haben.
Obwohl es Verfahren gibt, die es ermöglichen, alle vier Informationen in eine Schallrille zu schneiden, hat sich die Rundumstereophonie (Quadrophonie) bisher nicht durchgesetzt. Der Autor glaubt nicht, dass eines dieser Systeme sich in Zukunft durchsetzen wird. Hinweis: Als diese Artikel in 1977 geschrieben wurden, war das Thema Quadrofonie mit all seinen Varianten bereits so stark in Verruf geraten, dass die meisten Hersteller die Quadro-Produkte still und heimlich aus den Katalogen verbannten.
Es gibt jedoch Verfahren, die es erlauben, aus den zwei Stereosignalen Signale für drei oder vier rundum angeordnete Lautsprecher zu erzeugen, was eine Pseudoquadrophonie ermöglicht. Dies kann durchaus gut klingen. Das erste Gerät, das von der amerikanischen Firma Audio Pulse entwickelt wurde, arbeitete mit einem digitalen Nachhallgerät, das die Steuerspannungen für die beiden zusätzlichen Kanäle lieferte. Ähnlich wie damals Hollmann erzeugte man auf diese Weise den Nachhall eines Konzertsaals mit Verzögerungsleitungen und entnahm an Abgriffen viele Miniechos, um ein recht realistisches Klangerlebnis zu erzeugen.
Aufgrund von Vereinbarungen ist der Plattenschnitt heute den Tonabnehmern angepasst und um 15° gegen die Senkrechte geneigt.
In Deutschland werden Geräte angeboten, die verschiedene Methoden verwenden, um einen Nachhall für die hinteren Lautsprecher zu erzeugen. Diese können klein sein, da sie nur die höheren Frequenzen abstrahlen müssen.
Die CD wurde im März 1979 von Philips in Eindvoven zum ersten Male öffentlich vorgestellt
Die Flankenschrift kann in zwei Komponenten zerlegt werden, wie es Bild 305 gezeigt hat - eine senkrechte (Tiefenschriftkomponente) und eine horizontale (Seitenschriftkomponente). Nach der Einführung schien es vorteilhaft, die Schrift mehr den gebräuchlichen Abtastern anzupassen und den Schnitt um 15° zu neigen. Die CD wurde im März 1979 von Philips in Eindhoven zum ersten Mal öffentlich vorgestellt. Auf dem Weg zum perfekten Klang gibt es noch viele Möglichkeiten, aber dies ändert nichts daran, dass die Schallplatte mit analoger Schallschrift ein gewisses Endstadium erreicht hat.
Eine digitale Studer D827 - feinste Technik - die Maschine kam aber erst nach 1977.
Es mag viele Verbesserungen an Plattenspielern, Tonabnehmern, Verstärkern, Lautsprechern oder Kopfhörern geben, die das entnommene Signal täglich optimieren, wie auf HiFi-Ausstellungen und in zahlreichen Publikationen im HiFi-Bereich gezeigt wird. Eine völlig neue Technik, die Platte mit digitaler Aufzeichnung - nicht kompatibel mit den heutigen Platten -, steht kurz vor der Einführung.
Dennoch wird eine Schallplattenwiedergabe nie besser sein als die ursprüngliche Aufnahme. Es ist bemerkenswert, dass die Stars der Schallplatte heute von Technikern gemacht werden. In der Vergangenheit waren es Techniker wie Thomas Alva Edison und Emile Berliner, die die ersten beiden Stars der Schallplatte waren.
Dieses hundertjährige Jubiläum begann man bereits früh im Jahr 1977 zu feiern, auch durch die Herausgabe von Sonderbriefmarken (Bild 307). Doch meiner Ansicht nach hätte der eigentliche Tag der Feier der 6. Dezember 1977 sein sollen, denn es war am 6. Dezember 1877, als zum ersten Mal ein Mensch seine Stimme auf eine Folie bannte und sie danach reproduzierte. Am 6. Dezember 1977 jedoch war man des vielen Feierns müde.
Drei Briefmarken, die drei Erfinder ehren, die für die Schallaufzeichnung bedeutend waren: 1877 hatte Charles Cros die Idee für ein Schallaufzeichnungsgerät, das er "Paleophone" (Stimme der Vergangenheit) nannte, doch er blieb bei der Idee. Im selben Jahr (1877) realisierte Thomas Alva Edison den "Phonographen", den Ton- und Klangschreiber, der den Weg zur Schallplatte als Massenprodukt ebnete. 1888 führte Emile Berliner mit seinem "Grammophon" die Schallplatte als Massenprodukt ein.
"Was das Reich der Musik angeht, so kann man sich schwer entschließen, den Grammophonen einen Platz unter den Musikinstrumenten einzuräumen, und es ist sogar recht zweifelhaft, ob sie ihn sich je erobern werden. Heutzutage jedenfalls gehören sie in das Kapitel der Verirrungen des Kunstbetriebes, indem sie Zerrbilder gerade von den besten Originalen entwerfen und so den Geschmack breiter Massen, statt ihn zu heben, hoffnungslos verderben." Auerbach sah die technischen Begrenzungen der damaligen Zeit und zweifelte an der künstlerischen Wertigkeit der Schallplatte. Doch kurz danach äußerte sich der Komponist Engelbert Humperdinck (1854-1921):
"Wenn nicht alle Zeichen trügen, so ruht die Zukunft unserer Hausmusik nämlich - sit venia verbo - auf der Maschine. Meine anfängliche Abneigung gegen diese Art des Musikmachens ist allmählich in Toleranz und schließlich sogar in Bewunderung übergegangen, und ich glaube nunmehr, dass die Herstellung derartiger Instrumente es schließlich so weit bringen wird, dass man das eigentliche Musizieren in Zukunft nur den Musikern vom Fach im Besonderen und den wirklich musikbegabten Teilen der Menschheit im Allgemeinen überlassen kann, während der restliche, überwiegende Teil sich mit 'künstlicher' Hausmusik gut und gern zufriedengeben wird." Dank der professionellen leistung der vielen Ingenieure, die in dieser umfangreichen Dokumentation beschrieben wurden, wurde das wahr, was Humperdinck vorausgesagt hatte. Die Schallplatte eroberte die Herzen der Menschen und wurde zu einem bedeutenden Medium der Musikwiedergabe und des Musikgenusses.