4.5 Minerva,Wien

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Wilhelm Wohleber gründete 1919 ein elektrotechnisches Unternehmen in Wien und fügte 1924 eine Radioabteilung hinzu. Neben dem Vertrieb von Empfängern und Zubehörteilen produzierte die Firma auch eigene Produkte, anfangs in Zusammenarbeit mit ausländischen Firmen. Es ist unklar, ob die von der Firma vertriebenen "Aeriola" -Geräte aus Berlin bezogen wurden oder in Wien produziert wurden. Bei den "Radiola" -Produkten hingegen wird die Eigenproduktion angenommen, spätestens ab 1926, als der Firmenname offiziell in "Radiola - Spezialerzeugung für Radioapparate und Bestandteile, W. Wohleber & Co." geändert wurde. Im Bereich der Lautsprecher arbeitete Wohleber mit der französischen S.F.R. (Radiolavox) und der deutschen Lenzola aus Krefeld zusammen. 1926 tauchte erstmals der Name "Minerva" auf, der zunächst zur Kennzeichnung von Wohlebers Einzelteilen wie Übertragern, Röhrenfassungen und Klinkensteckern verwendet wurde. Ab 1929 trugen alle Produkte den Schriftzug "Minerva", später auch das Emblem. Der Firmenname wurde ebenfalls angepasst und lautete fortan "Minerva-Radio W. Wohleber & Co.". Das Unternehmen war in den 1930er Jahren gut im Geschäft und produzierte bis 1936 hauptsächlich Hochformat-Radios. Ab 1937 wurde das typische Minerva-Gehäuse im Querformat produziert, meist mit einem Skalen-Drehknopf, der einer Telefon-Wählscheibe ähnelte. In den Handbüchern des Deutschen Rundfunkhandels von 1938 und 1939 wurde das Wiener Fabrikat mit mehreren Modellen vertreten, wobei die Type 407 W als Spitzengerät galt.

 

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Im Jahr 1938 gab es den großen Minerva - Typ 397 W. Um diesen zu beschreiben, schaut man sich zuerst den Röhrensatz an, der aus ECH 11, EBF 11, EFM 11, 2 x EL 11, EM 1 und AZ 11 besteht. Ein sachkundiger Betrachter würde jedoch einen Druckfehler vermuten, da es unwahrscheinlich ist, dass zwei magische Augen vorhanden sind. Doch tatsächlich steckt in diesem Gerät, wie vom Konstrukteur beabsichtigt, eine EFM 11 mitten unter den Stahlröhren im Chassis und schaut mit einem (unnützen) Auge nach oben. Sie ist wie eine gewöhnliche NF-Verstärkerpentode geschaltet und der Leuchtschirm liegt an Masse. Die EM 1 hingegen tut nur das, was das M-System der EFM 11 auch tun könnte. Minerva erklärt uns, dass die teure Lösung aufgrund der guten NF-Schwundregelungseigenschaften der EFM 11, insbesondere beim Kurzwellenempfang, und der empfindlicheren Anzeige im Abstimmkreuz der EM 1 gewählt wurde. Übrigens arbeiten die beiden EL 11 nicht im Gegentakt, sondern jeder Lautsprecher hat seine eigene Endröhre. (Sammlung Dr. Ahrens)

 

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Im Jahr 1939 wurde das neue Spitzenmodell von Minerva, der Typ 407 W, vorgestellt und mit einer HF-Vorstufe mit der EF 13 aufgewertet. Statt der EFM 11 befindet sich nun eine EF 11 auf dem Chassis und als Magisches Auge leuchtet eine EM 11. Die beiden Endröhren arbeiten wie zuvor im 397 W. (Sammlung W. Kull)

 

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Im sogenannten "Reichsprotektorat Böhmen und Mähren" wurde eine Anordnung erlassen, dass bei allen Radioapparaten, die in Werkstätten repariert wurden, der Kurzwellen-Empfangsbereich entfernt oder stillgelegt werden musste. Diese Anordnung wurde in einem Minerva-Gerät gefunden, das abgebildet ist. Der Besitzer bestätigte, dass er gemäß der Verordnung des Reichsprotektors in Böhmen und Mähren vom 10. März 1943 die Kurzwellenempfangseinrichtung des Geräts Minerva 407 W, F 53489 ordnungsgemäß entfernt hat und der Empfang auf Mittel- und Langwelle bei dem Gerät ungestört ist.

Minerva überlebte den Krieg und kehrte 1946 auf den Markt zurück, indem sie mit interessanten Entwicklungen, wie dem Doppelsuper 700 U, überraschte. Das Modell 510, das in Heft 12/1950 der Zeitschrift "Funk-Technik" ausführlich beschrieben wurde, war besonders schön und technisch hervorragend und arbeitete in seinen sieben KW-Bändern ebenfalls mit doppelter Überlagerung. Das Unternehmen produzierte bis 1968 erfolgreich (seit 1957 auch Geräte in Transistortechnik), bis sich die Witwe des 1950 verstorbenen Kommerzialrats Wohleber 1968 zum Verkauf der Werke entschloss. Max Grundig kaufte das Unternehmen und ließ den Firmen- und Markennamen "Minerva" bis 1971 bestehen. Danach wurde er in "Grundig-Minerva" geändert und 1972 verschwand "Minerva" vorübergehend. Die Produktion wurde durch einen Werksneubau in Meidling erweitert, aber als der Fürther Konzern nur noch Verluste schrieb, wurde erwogen, das Werk in Wien zu schließen. Das Werk wurde jedoch nicht geschlossen und fertigte bis ins neue Jahrtausend TV-Geräte und Videorecorder der unteren Preisklasse - wieder unter der Marke Minerva. Mit dem Konkurs von Grundig wurde das Werk stillgelegt, aber die Grundig-Firmenschilder waren im Jahr 2006 immer noch vorhanden.

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