Geschichte der Firma VOLLMER

Die Geschichte der Firma VOLLMER ist ein faszinierendes Beispiel für unternehmerische Weitsicht und technische Innovation in der Nachkriegszeit. Gegründet 1945 von Eberhard VOLLMER, entwickelte sich das Unternehmen aus bescheidenen Anfängen in Esslingen-Mettingen zu einem der führenden Hersteller hochwertiger Audiotechnik in Deutschland. Durch seine innovativen Magnetbandgeräte und Studiomaschinen prägte VOLLMER maßgeblich die Entwicklung der Rundfunktechnik und erweiterte seine Produktpalette später auf den privaten Audiomarkt. Mit technischen Fortschritten wie dem modularen Bausteinsystem und der Einführung robuster Kopfträger setzte VOLLMER neue Standards und etablierte sich in einem wachsenden Markt. Dieser Artikel beleuchtet die Entwicklung der Firma von den ersten Bandmaschinen und Heimgeräten bis hin zu professionellen Studiomaschinen und zeigt, wie Eberhard VOLLMER mit seiner Leidenschaft für Technik und Musik die Audiotechnik nachhaltig beeinflusste.

 

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AEG T 8 Umbau Labormuster

 

Inhaltsverzeichnis:

1. Die Anfänge der Firma VOLLMER und Eberhard VOLLMERs Weg
2. Die ersten Produkte: Lautsprecher und Tonaufzeichnungsgeräte
3. Der Aufstieg in der Rundfunktechnik
4. Heimtongeräte und deren Einfluss auf den Markt
5. Technologische Entwicklungen und das Erbe von VOLLMER
6. Die Zukunft von VOLLMER: Weiterentwicklung und Innovation

 

1. Die Anfänge der Firma VOLLMER und Eberhard VOLLMERs Weg

Die Geschichte der Firma VOLLMER, begründet von Eberhard VOLLMER, hat ihre Wurzeln in der unmittelbaren Nachkriegszeit Deutschlands. Bereits im Jahr 1945, nur Monate nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, wagte Eberhard VOLLMER, der 1920 in Esslingen geboren wurde, den Schritt in die Selbstständigkeit. Als Sohn einer Handwerkerfamilie – sein Vater war Schlosser und seine Mutter Hausfrau – brachte er sowohl handwerkliches Geschick als auch ein tiefes Verständnis für Technik mit. Mit 25 Jahren und der Unterstützung seiner Eltern, die ihm als Startkapital zur Seite standen, gründete er in Esslingen-Mettingen seine erste Firma. Diese frühen Jahre waren geprägt von Entbehrungen und Unsicherheit, doch sie waren auch eine Zeit der Entdeckung und des Aufbaus neuer Möglichkeiten in einer zerstörten Welt.

 

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Tonschreiber C

 

VOLLMERs frühe Leidenschaft für Musik und Technik begleitete ihn während seiner Jugend. Als Geiger in der Jugendspielschar des Reichssenders Stuttgart entwickelte er ein tiefes Verständnis für Musik, die später eine zentrale Rolle in seiner Arbeit spielen sollte, als er Bandmaschinen konstruierte, die die Musik aufzeichneten. Sein Interesse an Technik wurde durch seine Schulzeit an der Grund- und Oberrealschule in Esslingen gefördert, wo er alle erreichbaren Radios in der Umgebung reparierte und die Grundlagen der Hochfrequenztechnik erlernte, die ihn schließlich an die Hochschule in Köthen führten. Nach seiner Rückkehr vom Wehrdienst, wo er als Funker in Berlin diente, nutzte er seine Kenntnisse und Erfahrungen, um die ersten Schritte in der Bandaufzeichnungstechnik zu machen. Sein Kontakt zur Tonaufnahmetechnik wurde während seiner Zeit in Berlin gefestigt, als er in der Schreibstube des Abnahmeleiters der AEG Tonschreiber arbeitete, was sein Interesse an der Bandtechnologie erheblich verstärkte.

 

2. Die ersten Produkte: Lautsprecher und Tonaufzeichnungsgeräte

In den ersten Jahren nach der Gründung, zwischen 1945 und den frühen 1950er Jahren, kämpfte die Firma VOLLMER, wie viele Unternehmen in der Nachkriegszeit, ums Überleben. Es war eine Zeit, die von einem Mangel an Rohstoffen und einem ungewissen Markt geprägt war. Um im Geschäft zu bleiben, musste VOLLMER die Herausforderungen meistern, die sich aus der Notwendigkeit ergaben, Materialien zu beschaffen und kreative Lösungen zu finden. Anstatt die bekannten Kochtöpfe aus umgeformten Stahlhelmen zu produzieren, entschied sich VOLLMER, Lautsprecher als Chassis oder in Gehäusen zu fertigen, die sich besser an den Bedürfnissen der Nachkriegszeit orientierten.

 

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VOLLMER Lautsprecher

 

Die Anfänge seiner Produktpalette waren vor allem von der Reparatur von Studio-Bandmaschinen geprägt, wobei VOLLMER Material für Reparaturen akquirierte und teilweise auf Materialien von Wehrmachts-Tonschreibern zugreifen konnte. Eine der ersten Maschinen, die er 1947 produzierte, ging an das Nationaltheater Mannheim. Obwohl keine der Maschinen aus dieser Zeit mehr erhalten ist, zeigen Berichte, dass die Konstruktionen möglicherweise experimentell und improvisiert waren. VOLLMERs Werbespruch „VOLLMER Vielen Voraus“ und die drei VVV im Firmenzeichen, die auf seine Innovationskraft hinweisen, fanden in dieser Zeit ihren Ursprung.

 

3. Der Aufstieg in der Rundfunktechnik

Mit der Übernahme der Kontrolle über den Rundfunk in Deutschland durch die Alliierten nach dem Krieg entstand eine neue Dynamik im Bereich der Tonaufzeichnung und -übertragung. 1949 erhielt Radio Stuttgart als SDR seine Eigenständigkeit. Angesichts des begrenzten Bestands an Bandgeräten im Jahr 1945 und der geringen Produktionskapazitäten der AEG konnte diese Nachfrage nur unzureichend gedeckt werden. VOLLMER ergriff die Gelegenheit und entschloss sich, komplette Magnettongeräte für Radio Stuttgart zu bauen. In Zusammenarbeit mit der Rundfunktechnischen Zentrale (RTZ) erhielt er eine Lizenz zur Nachbildung der AEG R 22 und R 22a, die unter der zivilen Bezeichnung K 4 bekannt waren. So konnte er seine erste eigenständige Maschine, die VOLLMER R 22a, entwickeln und offiziell einführen.

 

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AEG K 4 (R22a)

 

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VOLLMER AEG K 4 (R22a)

 

Die R 22a war eine dreimotorige Maschine, die für ihre Zeit eine bemerkenswerte Leistung bot. VOLLMER führte zwei verschiedene Tonmotoren für diese Geräte ein und begann ab etwa 1950, eigene Wickelmotoren zu bauen, um die Leistung seiner Geräte weiter zu verbessern. Die Produktionszahlen stiegen schnell an, und es wird berichtet, dass 1948 allein 80 Geräte produziert wurden. Diese Preise waren für die damalige Zeit hoch – bis zu 2800 DM – und verglichen mit dem Preis eines VW Käfers, der um 2500 DM kostete, für viele unerschwinglich. VOLLMERs Maschinen waren jedoch innovativ und revolutionierten die Art und Weise, wie Rundfunkanstalten Bandtechnik nutzten.

 

4. Heimtongeräte und deren Einfluss auf den Markt

Die steigende Nachfrage nach Tonaufzeichnungsgeräten in den 1950er Jahren führte dazu, dass VOLLMER sein Produktangebot erweiterte. Um 1950 gab es kaum private Tonaufnahmegeräte, insbesondere nicht mit Bandtechnik. Die Vorstellung, dass die Aufzeichnung von Musik oder Sprache in den eigenen vier Wänden möglich war, war für viele noch weit entfernt. Die meisten Geräte orientierten sich stark an den großen Studiomaschinen, und die Technologien waren teuer und kompliziert. VOLLMER stellte jedoch seine HTG-Heimtongeräte vor, um gegen den großen Konkurrenten AEG Telefunken zu bestehen. Diese Geräte waren als erschwingliche Alternativen konzipiert, mit Bandgeschwindigkeiten von 77 cm/sec und wahlweise 38 cm/sec. Die Preise lagen zwischen 800 und 1200 DM, was die Geräte für viele erschwinglicher machte, jedoch immer noch hoch war.

 

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Prospekt HTG 6

 

Die HTG-Serie, bestehend aus verschiedenen Modellen, stellte einen wichtigen Schritt in Richtung einer breiteren Zugänglichkeit von Tonaufzeichnungstechnologien dar. Mit der Einführung von erschwinglicheren Bandmaterialien und der Entwicklung benutzerfreundlicherer Geräte begann die Marktakzeptanz für Heimtonaufzeichnungsgeräte zu steigen. VOLLMER reagierte auf diese Entwicklung, indem er zusätzliche Modelle wie das MTG 9-54 und das MTG 9-57 entwickelte, die noch benutzerfreundlicher gestaltet waren und die Nachfrage nach Heimgeräten befriedigen sollten. Das MTG 9-54 bot bereits wesentliche Verbesserungen gegenüber den Vorgängermodellen, allerdings mit einer Preisspanne, die viele private Anwender weiterhin abschreckte. Die Unfähigkeit von VOLLMER, in größeren Stückzahlen zu produzieren, und die Unmöglichkeit, mit den großen Herstellern zu konkurrieren, drängten ihn dazu, neue Strategien zu entwickeln.

 

5. Technologische Entwicklungen und das Erbe von VOLLMER

Die verschiedenen Modelle, die VOLLMER während dieser Zeit produzierte, hatten ihre jeweiligen Herausforderungen, darunter technische Mängel und eine schwierige Bedienung. VOLLMER konzentrierte sich jedoch auf kontinuierliche Verbesserungen seiner Geräte und setzte auf ein Bausteinsystem, das es ihm erlaubte, spezielle Kundenwünsche zu berücksichtigen und Anpassungen ohne hohen Aufwand vorzunehmen. Diese Flexibilität war ein großer Vorteil in einem sich schnell entwickelnden Markt. VOLLMERs Ansatz zur Gestaltung seiner Produkte kombinierte technische Effizienz mit einem ansprechenden Design, was es seinen Maschinen ermöglichte, sich im Markt durchzusetzen. Obwohl die Produktion seiner Geräte im Vergleich zu größeren Herstellern begrenzt war, setzte er weiterhin auf Innovation und kundenspezifische Lösungen.

 

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Maschine 007 in einem SDR Tonträger

 

Seine Röhreneinheiten und die Entwicklungen im Bereich der Magnetbandgeräte zeugen von einem tiefen Verständnis für die Bedürfnisse der Benutzer und der technischen Herausforderungen der Zeit. Das Design und die Konstruktion der Kopfträger seiner Maschinen waren fortschrittlich und boten eine qualitativ hochwertige Lösung für die Anforderungen der Rundfunkanstalten und Studios. VOLLMER erwarb sich einen Ruf für innovative Lösungen und hohe Qualität, die in der Branche respektiert wurde. Diese Fähigkeiten trugen dazu bei, dass VOLLMER eine Nische im Markt für professionelle und halbprofessionelle Tonaufzeichnungsgeräte besetzen konnte.

 

Die Informationen und Bilder stammen unter Zustimmung von Funkstunde VOLLMER selbst: https://funkstunde.com/technik/vollmer/firmenchronik-eberhard-vollmer/

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