Die Elektronenröhre in der Mikrofon-Verstärkertechnik

 

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Triode aus dem Jahre 1919, eingesetzt in den ersten Verstärkern der damaligen Reichspost

 

Inhaltsverzeichnis:

1. Die Anfänge der Elektronenröhre und ihre Entdeckung
2. Der Durchbruch: Triode, Tetrode und Pentode
3. Fortschritte und Spezialisierung in der Röhrentechnologie
4. Die Elektronenröhre in der Audiotechnik und Mikrofonverstärkung
5. Die einzigartige Klangcharakteristik von Röhrenverstärkern
6. Die Wiedergeburt der Röhrentechnik in der modernen Audiowelt

 

1. Die Anfänge der Elektronenröhre und ihre Entdeckung

Die Geschichte der Elektronenröhre begann mit einer zufälligen Entdeckung des US-amerikanischen Erfinders Thomas Edison im Jahr 1883. Edison experimentierte mit seinen Glühlampen und stellte fest, dass nach einiger Zeit eine Schwärzung des Glaskolbens auftrat. Um dieses Phänomen zu untersuchen, brachte Edison eine Metallplatte in die Glühlampe ein und schloss diese nach außen an. Er beobachtete, dass ein Stromfluss zwischen dem Glühfaden und der Metallplatte entstand, ohne jedoch eine Erklärung für die Schwärzung des Kolbens zu finden. Edison maß dieser Beobachtung keine große Bedeutung bei, doch sie bildete die Grundlage für eine völlig neue Technologie.

 

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Demo-Edison-Röhre zum Nachweis eines Elektronenflusses durch Vakuum.

 

Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts griffen andere Wissenschaftler wie Robert von Lieben, John Fleming und Lee de Forest dieses Prinzip auf und entwickelten auf dessen Basis die ersten Röhren mit steuerbarem Elektronenfluss. Sie patentierten Erfindungen wie das Kathodenstrahlen-Relais, das Audion und die Gitterröhre. Durch das Einfügen eines sogenannten „Gitters“ zwischen Kathode und Anode konnte der Elektronenfluss kontrolliert und verstärkt werden, was der Technik einen neuen Aufschwung gab und die Grundlage für moderne Verstärker bildete.

 

2. Der Durchbruch: Triode, Tetrode und Pentode

Der nächste große Fortschritt in der Röhrentechnologie erfolgte mit der Einführung der Triode. Diese Dreielektrodenröhre ermöglichte es, den Stromfluss von der erhitzten Kathode zur Anode mithilfe eines Gitters zu steuern, das wie ein Ventil agierte. Die Triode bot eine bedeutende Verbesserung der Verstärkungsleistung und ermöglichte es, elektrische Signale gezielt zu verstärken und zu modulieren. Dieser Durchbruch wurde in der Entwicklung der Tetrode und schließlich der Pentode fortgeführt. Die Tetrode fügte ein zweites Gitter, das Schirmgitter, hinzu, um die Abhängigkeit des Anodenstroms von der Anodenspannung zu reduzieren und die Leistung zu stabilisieren.

 

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Teile einer Röhre: 1. Gitter, 2. Gitter, 3. Gitter und Anode einer Pentode

 

Die Einführung des Bremsgitters in der Pentode stellte eine weitere Innovation dar, da es unerwünschte Sekundärelektronenemissionen reduzierte, wodurch der Wirkungsgrad und die Effizienz der Röhre erheblich gesteigert wurden. Diese Erfindungen trugen zur raschen Verbreitung der Röhrentechnik in verschiedenen Bereichen bei, von der Radiotechnik bis hin zur Hochfrequenztechnik, wo sie in Anwendungen wie RADAR und Mikrowellentechnologie bis in den GHz-Bereich hinein genutzt wurden. Die technische Entwicklung wurde durch unzählige Patente unterstützt, die sich auf die Optimierung des Elektronenflusses und die Reduzierung des Energieverbrauchs konzentrierten.

 

3. Fortschritte und Spezialisierung in der Röhrentechnologie

Mit zunehmender technologischer Reife der Elektronenröhre entwickelte sich eine Vielzahl an speziellen Röhrentypen, die auf bestimmte Anwendungen abgestimmt waren. Die Vielfalt der Röhren spiegelte sich in unterschiedlichen Konstruktionen und Schaltungsmöglichkeiten wider. Hersteller optimierten die Röhren für spezielle Einsatzgebiete wie die Hochfrequenztechnik, wo sie zur Signalverstärkung und -modulation eingesetzt wurden. Der Bedarf an präziser und rauschfreier Signalverstärkung führte zur Entwicklung von Niederfrequenz- und Hochfrequenzröhren, die für unterschiedliche Frequenzbereiche optimiert waren.

 

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Demo-Triode durchlassend. Man erkennt das Durchlassen der Elektronen deutlich an dem blauleuchtenden Innern.

 

Dabei spielten auch technische Verbesserungen wie die Barium-Beschichtung der Kathoden eine Rolle, die die Elektronenemission verbesserte und so zu einer höheren Effizienz führte. Die Einführung des Schirmgitters und des Bremsgitters in Tetroden und Pentoden trug dazu bei, dass Röhren mit hoher Verstärkungsleistung und minimalen Verzerrungen produziert werden konnten. Im Laufe der Zeit wurde das Konzept der „Universalröhre“ zugunsten spezialisierter Röhrentypen aufgegeben, die für spezifische Aufgaben wie die Verstärkung in Mikrofonen oder die Signalübertragung in der Radiotechnik optimiert waren.

 

4. Die Elektronenröhre in der Audiotechnik und Mikrofonverstärkung

Eine besonders interessante Anwendung der Röhrentechnologie findet sich in der Audiotechnik, insbesondere bei Mikrofonvorverstärkern und Röhrenmikrofonen. Der deutsche Ingenieur Georg Neumann, ein Pionier der Studiomikrofone, erkannte das Potenzial der Röhre als Impedanzwandler, um den hohen Innenwiderstand eines Kondensatormikrofons auf Studiotechnik-übliche Werte zu senken. Neumann entwickelte das erste kommerzielle Röhrenmikrofon, bekannt als die „Neumann-Flasche“, das dank seiner hervorragenden Klangqualität schnell zum Standard in der Tonstudiotechnik wurde. Die von ihm entwickelte Technik ermöglichte es, Schallschwingungen präzise in elektrische Signale umzuwandeln.

 

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Typisches Beispiel für eine Ia „Ug“ Kennlinie einer Triode, entnommen aus dem „Röhrenhandbuch“; der „Bibel“ für Verstärkerbauer – von L. Ratheiser

 

Das Neumann U 47, ein Mikrofon mit umschaltbarer Richtcharakteristik, wurde aufgrund seines weichen und vollen Klanges zur Legende. Auch andere Hersteller wie Microtech Gefell nutzten Röhrentechnologie, um Mikrofone wie das UM 57 oder das UM 900 zu entwickeln, die nicht nur eine hohe Klangtreue boten, sondern auch innovative Anpassungsmöglichkeiten wie die Fernumschaltung der Richtcharakteristik ermöglichten. Die Röhre blieb über Jahrzehnte hinweg die bevorzugte Technik zur Signalverstärkung und wird auch heute in High-End-Audiogeräten aufgrund ihrer einzigartigen klanglichen Eigenschaften geschätzt.

 

5. Die einzigartige Klangcharakteristik von Röhrenverstärkern

Die Röhrenverstärkertechnik wird insbesondere wegen ihrer klanglichen Eigenschaften hochgeschätzt. Im Gegensatz zu Transistoren, die dritte Harmonische erzeugen und ein härteres Klangbild schaffen, produzieren Röhren harmonische Verzerrungen der zweiten Ordnung. Diese erzeugen ein „wärmeres“ Klangbild mit runderen und volleren Bässen sowie weicheren Höhen. Diese Eigenschaften werden vor allem in der Musikproduktion und bei hochwertigen Audioanlagen geschätzt, da sie dem Klang eine natürliche und organische Qualität verleihen. Triodenverstärker, die aufgrund ihrer Struktur eher sanfte Übersteuerungen zulassen, sind besonders beliebt, da sie den Klang auf eine angenehme Weise beeinflussen. Pentodenverstärker hingegen erzeugen eine härtere, direktere Klangwiedergabe, da die Abhängigkeit des Anodenstroms von der Anodenspannung entkoppelt ist. Die spezifische Klangcharakteristik von Röhrenverstärkern wird durch die nichtlineare Kennlinie der Röhre und die entstehende Verzerrung geprägt, die von Musikern und Audiophilen als „wärmer“ und „runder“ empfunden wird. Dies macht Röhrenverstärker auch heute noch zur bevorzugten Wahl in High-End-Audiogeräten.

 

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ECC 81 – eine der meistverwendeten Trioden auf dem Röhrenmeßplatz des Verfassers.

 

6. Die Wiedergeburt der Röhrentechnik in der modernen Audiowelt

Trotz der Einführung des Transistors in den 1950er Jahren, der viele Vorteile wie geringeren Energieverbrauch, längere Lebensdauer und kompaktere Bauweise mit sich brachte, ist die Röhrentechnologie in der Audiowelt nie vollständig verschwunden. Insbesondere in der Musik- und Audiotechnik hat die Elektronenröhre aufgrund ihrer einzigartigen klanglichen Eigenschaften eine Renaissance erlebt. High-End-Röhrenverstärker und Röhrenmikrofone werden heute wieder von führenden Herstellern produziert, da sie eine unvergleichliche Klangqualität bieten. Die Rückkehr zur Röhrentechnik spiegelt die Wertschätzung der einzigartigen klanglichen Ästhetik wider, die Röhren bieten, und verdeutlicht die Bedeutung von Klangnuancen in der modernen Audiotechnik. Selbst im Zeitalter digitaler Technik bleibt die Röhrentechnik aufgrund ihrer unverwechselbaren, analogen Klangeigenschaften und ihrer Fähigkeit, Wärme und Charakter in die Musikwiedergabe zu bringen, eine bevorzugte Technologie für Audiophile und Klangliebhaber weltweit.

 

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UM 57 – des ehemaligen VEB Mikrofontechnik Gefell

 

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UM 900 – phantongespeistes Röhrenmikrofon von Microtech Gefell

 

Die Informationen und Bilder stammen unter Einstimmung des Betreibers von: https://funkstunde.com/technik/die-roehre/

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