8.19 Alle rechnen mit einer Erholungsphase – erhoffen höhere Renditen

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Ein Grund dafür, dass die letzten acht Seiten des Artikels vornehmlich mit Wirtschaftsnachrichten gefüllt sind, könnte darin liegen, dass es in dieser Zeit kaum bedeutende technologische Fortschritte in der Radiotechnik gab. Die bestehenden Konstruktionen waren bereits ausgereift und boten dem Hörer alles, was er benötigte. Die Tatsache, dass HiFi als Standard angesehen wurde, deutet darauf hin, dass die Qualität der damaligen Audiogeräte bereits sehr hoch war und es wenig Bedarf für weitere Innovationen gab. Daher konzentrierte sich die Berichterstattung in der "Funkschau" vermutlich auf wirtschaftliche Entwicklungen und Trends in der Branche.

Im Jahr 1975 wurden in der "Funkschau" im Rahmen eines Messeberichts über 30 Modelle vorgestellt, von denen die meisten im neuen "Einheitsstil" gestaltet waren. Da es zu dieser Zeit nur wenige bedeutende technologische Fortschritte gab, war es schwierig für die Redakteure, über interessante Neuheiten zu berichten. Sie mussten sich daher auf Aspekte wie Bedienungskomfort konzentrieren, obwohl sie zuvor selbst solche Funktionen als "Schnickschnack" abgetan hatten. Auch französische Kollegen kritisierten die deutsche Sucht nach Neuem, die oft als überflüssig angesehen wurde. Der Ausdruck "gadgets" hatte sich bereits in der französischen Sprache etabliert und wurde oft verwendet, um überflüssige Spielereien zu beschreiben. Der Bericht zeigt, dass die Radiotechnikindustrie in den 1970er Jahren größtenteils stagnierte und es wenig Raum für bedeutende Innovationen gab.

 

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Das Quadrofoniegerät von Elac (Körting) war mit vielen Tastenfeldern und Instrumenten ausgestattet, die an Regie-Steuerpulte erinnerten. Einige Käufer legten Wert darauf, dass sie nicht nur optimal hören konnten, sondern auch mit vielen Knöpfen und Reglern spielen konnten. Dies zeigt, dass es zu dieser Zeit immer noch eine gewisse Nachfrage nach komplexen und vielseitigen Audiogeräten gab. In den USA wurde berichtet, dass Hi-Fi bei jüngeren Menschen bereits das Statussymbol Nummer 1 war, noch vor dem Auto. Dies unterstreicht den hohen Stellenwert, den Musik und Klangqualität in der Popkultur der 1970er Jahre hatten.

Im Jahr 1976 veröffentlichte Dr. J. Mantel in der "Funkschau" einen Aufsatz mit dem Titel "Warum sind Hi-Fi-Anlagen so schlecht?", der auf fünf Seiten diskutiert wurde. Es ist nicht bekannt, ob dies dazu führte, dass einige Hersteller ihre Produkte überdachten. Dennoch gab es einige Entwicklungen, die Aufmerksamkeit erregten, wie zum Beispiel der Synthesizer-Tuner (PLL-Quarz-Digital-Tuner) und die Senderidentifikation.

"Die Großen" der Branche, angeführt von den Grundig-Werken, widmeten sich auch dem Hi-Fi-Markt, der in Deutschland einen Anstieg der Umsätze um 10 bis 12 % verzeichnete. Grundig konnte dadurch über 1.000 neue Arbeitsplätze schaffen. Die Exportumsätze florierten ebenfalls, mit Ausnahme der Schweiz, wo es zu dieser Zeit noch keine Stereo-Hörfunksendungen gab. Stereo-Hi-Fi-Fans im Alpenland mussten sich daher mit der Wiedergabe von Schallplatten begnügen.

In der zweiten Hälfte der 1970er Jahre verlagerte sich der Fokus der Elektronikindustrie. Japan konzentrierte sich zunehmend auf die Entwicklung neuer Technologien und ließ aufgrund gestiegener Lohnkosten die Geräte in anderen asiatischen Ländern fertigen. Wie erwartet, wollten auch diese Länder ihren Anteil am Markt und begannen, eigene Produktionen aufzubauen, was sie zu neuen Konkurrenten für etablierte Unternehmen machte. Dieser Wandel spiegelte sich auch in der "Funkschau" wider, wo vermehrt über internationale Entwicklungen und Trends berichtet wurde.

 

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Vorspann zu einem Bericht in der „Funkschau“, Heft 3/1977

 

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Notiz aus der „Funkschau“, Heft 3/1977

In den späten 1970er Jahren begannen auch osteuropäische Länder wie Finnland, Geräte der Unterhaltungselektronik herzustellen, was sich negativ auf deutsche Hersteller auswirkte. Im Schaub-Lorenz-Werk Rastatt musste die Produktion aufgrund zunehmender Importe und einer verschlechterten Absatzlage vorübergehend eingestellt werden. Prof. Tetzner veröffentlichte in der "Funkschau" (Heft 13/1977) beunruhigende Zahlen zur Überproduktion in der Branche: "500.000 Farbfernsehgeräte liegen auf Lager". Die Industrie reagierte darauf mit Preisnachlässen und Sonderangeboten, um die Lagerbestände abzubauen.

 

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Aus der „Funkschau“, Heft 6/1977

 

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In den späten 1970er Jahren gab es auch schlechte Nachrichten von der Halbleiterfront. Ein Artikel in der "Funkschau" (Heft 5/1977) trug die Überschrift "Europa fast hoffnungslos unterlegen". Es wurde berichtet, dass die Amerikaner aufgrund des jährlichen Militärbudgets von 30 Milliarden DM für die Elektronikindustrie so erfolgreich seien. Es schien, dass es kaum möglich war, in Europa jemals in die erste Reihe aufzurücken, insbesondere da Japan bereits einen beachtlichen Vorsprung hatte. Die Elektronikindustrie befand sich weltweit im Umbruch.

In einem Artikel in der "Funktechnik" (Heft 23/1977) warnte K. Tetzner unter dem Titel "Zenith - ein Warnsignal" vor den Herausforderungen, denen sich die Industrie gegenübersah. Die kommende Funkausstellung wurde als Hoffnungsträger angesehen, aber auch hier gab es Bedenken, da selbst der "Mikrocomputer im Hi-Fi-Gerät" aus Japan kam.

 

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Die IFA 1977 erfüllte die Erwartungen, zumindest was den Zuwachs von Hi-Fi-Anlagen (15%) und Autoradios betraf. Obwohl die Rundfunkwerke nur eine Rendite von etwas über 1% vom Umsatz erwirtschafteten, zeigten sie sich dennoch zufrieden. Auch in der Schweiz stieg das Interesse an Hi-Fi-Stereoanlagen. Es wurde prognostiziert, dass etwa 1978/79 die Hälfte der Rundfunkteilnehmer in der Schweiz Stereosendungen empfangen könnten. Nur unverbesserliche Optimisten rechneten noch mit gewinnbringenden Zuwachsraten. Stattdessen wurden Rationalisierungsmaßnahmen erwogen, auch im Rundfunkhandel, wo die Lohnkosten zwischen 1971 und 1975 um 50% gestiegen waren, ohne eine entsprechende Steigerung des Umsatzes oder des Ergebnisses zu erzielen.

Freiwerdende Stellen wurden nicht mehr besetzt, und man konnte auf die alten "Röhrenradio-Techniker" verzichten. Der Rundfunkhändler empfahl den Kunden, ihre alten Röhrenradios durch neue Geräte zu ersetzen, die zur Hälfte des Preises erhältlich waren, den sie für ihr altes Röhrengerät bezahlt hatten, und die auch noch einen geringeren Stromverbrauch aufwiesen.

 

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Der Artikel beschreibt, wie sich für Radiofabrikanten im Jahr 1978 durch automatische Bestückung neue Möglichkeiten zur Einsparung von Löhnen eröffneten. Diese Entwicklung wurde als Meilenstein bezeichnet, führte aber auch zur Freistellung vieler Arbeitskräfte und zwang die Rundfunkindustrie dazu, sich gesund zu schrumpfen, um zu überleben. Obwohl die Aussichten für 1978 unsicher waren, gingen die Sparmaßnahmen möglicherweise zu weit, als sich die meisten deutschen Hi-Fi-Fabrikanten entschlossen, nicht mehr auf der "Hi-Fi 78" auszustellen. Die Stückzahlen waren im ersten Quartal des Jahres rückläufig, was einige als Anzeichen für eine Marktsättigung betrachteten. Nur Telefunken war bereit, auf der "Hi-Fi 87" auszustellen, nachdem sie zunächst gezögert hatten.

Hi-Fi-Geräte waren immer noch beliebt, aber Heim-Rundfunk- und Reiseempfänger aus deutscher Produktion wurden immer weniger gefragt. Dies spiegelte sich auch in den Veröffentlichungen der Funkschau wider. Dort fand man fast nichts mehr über Radios, sondern die Redakteure berichteten stattdessen über elektronische Geräte jeglicher Art - von Treppenhaus-Schaltautomaten über CB-Funk bis hin zu Computern.

Der Titel "Funkschau" war nur noch bedingt zutreffend, abgesehen von den Amateurfunkberichten. Der Franzis-Verlag reagierte darauf und gründete die Fachzeitschriften "ELEKTRONIK" und "ELO", die auf großen Zuspruch stießen.

 

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Nachdem die Möglichkeiten der automatischen Bestückung von Platinen bekannt geworden waren, gab es in der Unterhaltungsindustrie neue Nachrichten, die für Aufregung unter den Beschäftigten sorgten. Im Heft 12/1978 veröffentlichte die "Funkschau" eine Abhandlung von Dr. Lorenz mit einer provokanten Überschrift. In dem Artikel wurde behauptet, dass die Mikroelektronik mehr Arbeitsplätze vernichten als schaffen würde.

Dr. Lorenz glaubte jedoch nicht an einen massiven Stellenabbau. Seiner Meinung nach wäre es falsch, den Fortschritt durch bürokratische Hemmnisse zu behindern und Innovationen zu unterlassen. Dies war ein brisantes und aktuelles Thema, das von den Fachzeitschriften fortan ausführlich behandelt wurde.

 

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Im Leitartikel im Heft 21/1978 der "Funkschau" mit dem Titel "Wir werden dicker" kündigte Herwig Feichtinger eine neue Rubrik an. Diese trug den Titel "Mikrocomputer" und erweiterte die Zeitschrift um eine weitere Themenkategorie. In dem Artikel machte Feichtinger humorvoll deutlich, dass nicht die Leserinnen und Leser dicker werden, sondern dass die "Funkschau" durch die Einführung der neuen Rubrik an Umfang zunimmt. Das Thema Mikrocomputer wurde damals als innovativ und zukunftsweisend betrachtet und war daher von großem Interesse für die Leserschaft der "Funkschau".

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