8.10 Sollte man den „Transistor“ wirklich ernst nehmen? Es gab da nämlich andere Probleme

1947 kam aus den USA, genauer gesagt von den "Bell Telephone Laboratories", die Nachricht, dass sie dabei seien, einen steuerbaren Halbleiter aus der Germanium-Diode zu entwickeln. Sie planten, ein "neuartiges Kristall-Relais" zu entwickeln, das möglicherweise in absehbarer Zeit die Dreipol-Vakuumröhre in bestimmten Bereichen ersetzen könnte. Diese Prognose war jedoch nicht neu, ähnliches hatte man bereits 1924 gehört, und auch in den 1930er Jahren wurden Hoffnungen auf den steuerbaren Kristalldetektor geweckt.

 

Kristaldetektor_oder_Röhre.jpg

 

Die Experten waren der Meinung, dass die Amerikaner das Geld für solch teure und ungewisse Experimente haben sollten und somit die Forschung den Amerikanern überlassen sollten. Im Weihnachtsfest 1947 war es dann wirklich so weit. William Shockley, John Bardeen und Walter Brattain waren die Väter des Transistors, der mit großem Aufwand und Engagement entwickelt wurde und später mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde. Die Entdeckung des Transistors wurde jedoch relativ gelassen aufgenommen, da niemand so recht erkannte, dass er eine Revolution im Bereich der Elektronik auslösen würde. Auch in Europa gab es keine große Reaktion, da die Amerikaner selbst dieser Erfindung keine größere Bedeutung beizumessen schienen und die Fachpresse nur kurze Notizen darüber veröffentlichte. Der Spitzentransistor war eine Wackelkontakt-Konstruktion, die mit Röhren in puncto Funktionssicherheit nicht konkurrieren konnte, jedoch hatte es entscheidende Vorteile wie seine geringe Größe und minimale Energieanforderungen. Der Transistor wurde zuerst in Hörgeräte eingesetzt, wo er nach und nach die Subminiaturröhre verdrängte.

 

Skizze_copy_copy.jpg

 

Die berühmt gewordene Skizze stammt aus dem Laborbuch von Walter Brattain und kann in der Quelle BTL bzw. CQDL 12/1997 im Aufsatz von Prof. Dr. Dr. B. Bosch gefunden werden.

 

Transistorschaltung.jpg

 

Im Dezember 1948 berichtete die "Funkschau" endlich von der Entdeckung der Bell Telephone Laboratories, dass Germanium-Kristalle als Verstärkertrioden geeignet sind. Die Herstellungskosten waren damals jedoch noch höher als bei gleichwertigen Röhren. Es wurde jedoch erwartet, dass es in Zukunft zu erheblichen Kostensenkungen kommen würde, da die Herstellung von Transistoren noch in den Anfängen steckte und die Röhrentechnik viele Jahre benötigte, um den heutigen Stand zu erreichen. Die außerordentlich geringe Größe des Transistors, der Wegfall eines Vakuums und die Unabhängigkeit von Heizstromquellen würden ihm eine große Verbreitung sichern. Doch diese Verbreitung sollte noch einige Jahre auf sich warten lassen. Obwohl 1952 bereits sechs amerikanische Unternehmen Germanium-Transistoren herstellten, waren deren Umsätze zunächst unbedeutend, da die Zuverlässigkeit des Spitzentransistors zu wünschen übrig ließ. Es war unklar, welche Anwendungsgebiete außerhalb von Hörgeräten für diese nur für Tonfrequenzen geeigneten Transistoren geeignet waren, und der massenhafte Einsatz in Computern und der Raumfahrt lag noch in weiter Ferne.

Radiomentor.jpg

 

Aus „radio mentor“ Heft 4/1952

 

Valvo.jpg

 

Nach und nach ergänzten Röhrenfirmen ihr Produktionsprogramm um Germaniumtransistoren. 1954 brachte Regency auf Initiative von Texas Instruments das erste Transistorradio auf den Markt. Obwohl es heute ein begehrtes Sammlerstück ist, wurde dem TR 1 im eigenen Hause keine besondere Beachtung geschenkt und die Fertigung wurde wieder auslaufen gelassen. Im Gegensatz dazu zeigten die Japaner Akio Morita und Masaru Ibuka Weitsicht und begannen 1953 mit einer intensiven Forschungsarbeit. Die neue Dotierungstechnik der "Tokyo Telekommunikations Engineering Company" führte schließlich zu einem hochfrequenztauglichen Flächentransistor, mit dem 1955 Moritas erstes volltransistorisiertes Radio TR 55 bestückt wurde. Ein Jahr war Morita zu spät gekommen, um als erster Transistorradio-Hersteller der Welt in die Radiogeschichte einzugehen. Die spielzeugähnlichen Kleingeräte wurden langsam auch bei der Jugend Europas populär, jedoch war noch keine Konkurrenz zum Röhrenradio zu erkennen.

Die Radioröhre erfreute sich noch rund zehn Jahre ihres Lebens. Zunächst wurde die Kontaktierung des Germanium-Transistors verbessert. Der Siegeszug des viel stabileren, aber schwieriger herzustellenden Silizium-Transistors folgte erst später. In Deutschland geschah dies etwa 1957. Deutsche Radiowerke begannen ebenfalls, sich mit dem Transistor zu befassen, insbesondere die Koffer- und Autoradio herstellenden Betriebe. Im NF-Bereich wurden 1956 erstmals Transistoren anstelle von Röhren eingesetzt, z.B. im Philips Babette. Diese Transistoren kamen oft von Philips (Valvo), aber auch schon bei Intermetall (ITT), Siemens, TeKaDe und Telefunken im Lieferprogramm waren.

 

TR1.jpg

 

Der erste Telefunken-Transistor-Super TR 1 von 1956. Eine ausführliche Be- schreibung des TR 1 enthält die „Funk- schau“ Heft 5 vom März 1956.

 

SP.jpg

 

Die ersten in Deutschland hergestellten Taschensuper in Transistortechnik wurden 1957 auf den Markt gebracht, wie zum Beispiel der Partner von Telefunken (mit OC 613, 2 x OC 612, 2 x OC 604 und OA 154). Allerdings waren sie nicht mehr allein in diesem Marktsegment, denn auch Akkord und Philips hatten bereits volltransistorisierte Geräte im Angebot. Ein weiteres Pionierunternehmen war Graetz, dessen Professor Harmans bereits 1957 an einem volltransistorisierten UKW-Empfänger experimentierte, der jedoch nie produziert wurde.

Die Bezeichnung der Halbleitertypen orientierte sich an der der Röhren. Der erste Buchstabe kennzeichnete die Heizung, während alle Halbleiter mit einem "O" begannen, da sie "ohne Heizung" arbeiteten. Dioden erhielten wie die Röhren ein "A" als zweiten Buchstaben, Transistoren (Trioden) ein "C" und NF-Leistungstransistoren ein "D".

 

Valvo_PReise.jpg

TelefunkenPreise.jpg

 

In 1957, Blaupunkt made some timid attempts to incorporate transistors in car radios, with its model Wiesbaden. Along with four vacuum tubes, the radio received three transistors (TF 80/30, TF 77), making it a test case. However, concerns about the reliability of operation at high temperatures, as they can occur in hot summer conditions in cars, were not unfounded.

Bereits im Jahr 1958 gab es mehrere Kofferempfänger auf dem Markt, die vollständig mit Transistoren ausgestattet waren. Ein Beispiel hierfür war der Taschen-Transistor-Boy von Grundig, der in Abmessungen von 14,5 x 9 x 4,5 cm erhältlich war. Obwohl einige vollständig transistorisierte Geräte auch in der Lage waren, Ultra-Kurzwellen zu empfangen, waren die HF-Teile vieler hochwertiger Koffergeräte bis zum Jahr 1959 noch mit D-90er-Röhren bestückt. Allerdings konnte der Vormarsch des Transistors in allen "mobilen" Geräten nicht mehr aufgehalten werden.

 

Reklame.jpg

 

Reklame aus „radio-fernseh-händler“ Febr. 1962. Das Telefunken-Lieferprogramm von 1962 mit neuen Typenbezeichnungen.

 

Inserat.jpg

 

Im Jahr 1960 war der Paladin 382 von Philips, ein AM-Empfänger mit Röhrentechnologie, in den Katalogen zu finden. Der Paladin 484 von 1958 war zwar NF-seitig mit Transistoren ausgestattet, jedoch waren die HF-Teile noch mit Röhren bestückt. Obwohl im eigenen Hause schon UKW-tüchtige Drift-Transistoren gefertigt wurden, bevorzugte Philips noch immer Röhrentechnologie.

Die ersten volltransistorisierten Autoradios kamen 1960 auf den Markt, jedoch zunächst nur für den AM-Empfang. Die Hersteller, die diese Produkte auf den Markt brachten, waren Wandel & Goltermann, Blaupunkt, Becker und sogar Emud, aber nicht Philips.

Valvo und Telefunken hatten bereits die neuen UKW-tauglichen Drift-Transistoren im Lieferprogramm. Trotzdem dauerte es bis 1961, dass Philips die Niedervolt-HF-Röhren in ihren Autoradios durch Transistoren ersetzte. Ab diesem Zeitpunkt waren auch die FM-Teile der Philips-Autoradios mit Transistoren ausgestattet.

Im Jahr 1960 waren unter den Tischempfängern nur wenige Modelle mit Transistoren ausgestattet. Ausgenommen davon war der Kleinstsupers "Bobby" vom VEB Sternradio Sonneberg. Die meisten batteriebetriebenen Modelle, wie der Kobold, waren jedoch bereits mit Transistoren bestückt. Die Röhren saßen damals noch relativ stabil im Sockel und die netzbetriebenen Heimgeräte sollten (noch) nicht auf Transistoren umsteigen.

Zu diesem Zeitpunkt dachte kaum jemand in der deutschen Rundfunkindustrie daran, dass der Transistor und seine weiterentwickelten Funktionsteile eines Tages dazu beitragen könnten, die Röhren endgültig zu ersetzen. Die Röhre galt noch immer als bewährte Technologie und hatte sich in der Praxis bereits vielfach bewährt.

 

Kobold.jpg

 

Loewe bezeichnete sein erstes mit Transistoren bestücktes batteriebetriebenes Heimradio, den Kobold 5960 TR, als "schnurlosen Volltransistor-Tischempfänger". Das Gerät war eine der ersten Innovationen auf dem Markt und markierte einen wichtigen Schritt in Richtung vollständiger Transistorisierung der Radiotechnologie. Der Name "schnurlos" bezog sich darauf, dass das Gerät ohne Netzkabel betrieben werden konnte und somit eine größere Mobilität ermöglichte. Die Transistoren ermöglichten eine kompaktere Bauweise und eine längere Batterielaufzeit im Vergleich zu den älteren Röhrenradios.

 

Philetta_Alttransistor.jpg

Entdecken Sie auch unsere weiteren Websites: burosch.de, fernsehgeschichte.de, tvlab.de


Über uns Impressum Datenschutz