8.5 Mit den „Allglas-Serien“ begann nicht nur das „UKW-Zeitalter“ – auch das letzte Kapitel der „Röhrenradio-Geschichte“
Die alten Vorkriegs-Röhrenserien und die ersten Rimlockröhren waren für die hohen UKW-Frequenzen nicht besonders geeignet, weshalb Telefunken 1949 und 1950 noch einige UKW-tüchtige Stahlröhrenmodelle einführte. Allerdings wurden diese schließlich durch UKW-geeignete Rimlocks der 42er-Serie ersetzt, mit denen die Neuzeit der Röhrengeschichte begann. Die Rimlocks wurden unmittelbar von den Novalröhren der 80er-Serie mit den Typen ECC 81, EF 80 und EABC 80 abgelöst. Allerdings gab es in dieser Bauform noch keine Hochleistungs-Endröhre. Die EL 41 entsprach nur knapp der Vorkriegstyp EL 11, weshalb vereinzelt zwei EL 41 in Gegentakt- oder Parallelschaltungen verwendet wurden. Erst nachdem sich die 1952/53 erschienene 5,5 Watt-Endpentode EL 84 dauerhaft bewährt hatte und bedenkenlos betrieben werden konnte, verzichtete man schließlich auf die gute alte Hochleistungstype EL 12. Die EL 12 konnte jedoch als Ausnahmeerscheinung bis 1955/56 überleben.
Im Jahr 1952 war der Graetz-UKW-Einbausuper UK 83 W/GW mit den Röhren ECC 81, 2 x EF 41, 2 x PL 205, E 220 und C 50 sehr beliebt.
Es scheint, dass Telefunken den Trend zur Verwendung von Glasröhren im Vergleich zu Stahlröhren nicht rechtzeitig erkannt hat. Die schwierigen Nachkriegsbedingungen und die finanziellen Schwierigkeiten, die das Unternehmen belasteten, könnten dazu beigetragen haben. Die hohen Kosten und die begrenzte Verfügbarkeit von Stahlröhren sowie die wachsende Konkurrenz auf dem internationalen Röhrenmarkt könnten jedoch auch Gründe dafür sein, warum Telefunken schließlich auf Glasröhren umsteigen musste. Möglicherweise spielte auch die Sorge um das Image und die Wettbewerbsfähigkeit eine Rolle bei der Entscheidung, auf Glasröhren umzusteigen, da diese von vielen als moderner und fortschrittlicher angesehen wurden.
Mit der fortschreitenden Entwicklung konnte Telefunken nicht mehr ignorieren, dass die Welt sich auf eine neue Generation von Röhren zubewegte. Obwohl die Amerikaner bereits auf Allglas-Röhren umgestiegen waren, entwickelte Telefunken immer noch neue Stahlröhren in seinen Labors. Es ist offensichtlich, warum sich die Menschen wunderten, dass Telefunken trotzdem an der Produktion von Stahlröhren festhielt, während die Amerikaner längst auf Allglas-Röhren umgestiegen waren. Die Allgemeine Rundfunk-Technik Heft 10/1950 zeigte, dass Telefunken eine Million DM aus dem Marshall-Plan erhalten hatte, um die neue Röhren-Generation zu entwickeln. Obwohl Telefunken finanzielle Unterstützung erhalten hatte, hielten die "Stahlröhren-Fabrikanten" immer noch an der Idee fest, dass die neuen Allglas-Röhren für Heimradios unnötig seien. Nur für Kfz-Empfänger sah man Vorteile in ihnen.
Telefunken beschränkte sein 1950 erschienenes "Pico-Röhren"-Programm auf die Typen, die für Autoradios benötigt wurden, nämlich ECH 42, EAF 42, ECL 113 und EZ 40. Man wollte der Konkurrenz nicht gestatten, Vorreiter bei der Entwicklung zu sein, weshalb ursprünglich alle Röhrentypen als "113" bezeichnet werden sollten. Schließlich erkannte man jedoch, dass es besser war, die Einsicht zu siegen zu lassen. Nur die Endröhre musste nicht zwingend "ECL 41" genannt werden, da es keine Konkurrenztypen gab. Telefunken musste jedoch schließlich einsehen, dass die Allglas-Röhren die Zukunft waren und nicht mehr auf die alten Stahlröhren setzen.
Die Telefunken-Pico-Röhrenserie (aus „Funk-Technik“ Heft 3/1950)
Die Schöpfer der ECL 113 waren der Meinung, dass man durch den Betrieb von zwei dieser Röhren im Gegentakt-AB-Betrieb mühelos 4 Watt Sprechleistung erzielen könnte, was auch für das Auto ausreichend wäre. Trotzdem fand dieses Konzept keine breite Anwendung. Sogar Telefunken hat die ECL 113 in keinem ihrer Heimgeräte eingesetzt, obwohl sie durchaus sinnvoll war. In den Jahren 1950 bis 1953 fand man die ECL 113 nur in einigen wenigen Geräten, wie beispielsweise im Körting-Modell Neos 51 W, im Dira Zeitklang, im Jotha Export und im Jotha-Einkreiser Liliput. In den Grundig-Zweikreisern 810/840 wurde sie ebenfalls eingesetzt. Im Jahr 1955/56 wurden die Kleinsuperhets 80 U und 90 U von Grundig letztmals mit der ECL 113 bestückt, während Telefunken ihre Jubilate-Modelle mit der EL 41 ausstattete. Es scheint fast so, als ob die Geräteentwickler von Telefunken die Röhren-Kollegen von Grundig ärgern wollten.
Auch für Autoradios hatte die ECL 113 kein Glück. Nur ein Autosuper wurde mit zwei dieser Röhren in der Gegentakt-Endstufe ausgestattet, und zwar der Telefunken II A 51 bzw. II D 51 aus dem Jahr 1951. Im schlichteren I A 51 des gleichen Baujahrs war die ECL 113 nicht vorhanden, da sie für den Eintakt-Betrieb zu schwach war. Die EL 41 beherrschte den Markt, selbst in Telefunkens Autosuper 1 A 51 saß sie.Die Telefunken-Geräteentwickler wollten die ECL 113 anscheinend nur in Autoradios dulden, was auch schon in den Dreißigerjahren der Wunsch war, als die neue E-Glasröhren-Serie auf den Markt kam. Doch da gab es noch das Monopol.
Nur in diesem Telefunken-K-M-L-Autosuper II D 51 M findet man zwei Stück ECL 113
In den Autosuperhets aus dem Jahr 1952 konnte man keine E-Stahlröhren mehr finden, genauso wie in Heimempfängern. Die D-Stahlröhren, die ursprünglich für den Batteriebetrieb entwickelt wurden, hatten dasselbe Schicksal ereilt. Nur wenige ältere Modelle wie der Nora-Reisesuper Noraphon 53 und die Batterie-Heimsuperhets 453/651B von Brandt wurden noch mit ihnen ausgestattet, während der Batterie-Heimsuper Fox B aus dem Wega-Netzanschlussempfänger von 1950 im Jahr 1953 das letzte Modell war, das noch D-Stahlröhren verwendete.
Im Jahr 1949 überraschte Grundig die Fachpresse mit dem "Weltklang-Reisesuper", der mit Miniaturröhren bestückt war. Diese wurden bereits 1939/40 in den USA entwickelt und waren 1950 in acht deutschen Koffermodellen zu finden. Im Jahr 1951 wurden sie auch im Telefunken Bajazzo 52 verbaut. Letztendlich haben die Miniaturröhren auch die D-Stahlröhren-Serie verdrängt.