8.4 Deutschland bekommt die „Welle der Freude“ – und ganz Europa wird neugierig
Im Jahr 1949 wurde in Amerika UKW noch nicht als notwendig angesehen, obwohl fast tausend frequenzmodulierte Sender betrieben wurden. Im selben Jahr wurde in Deutschland die Ultrakurzwelle eingeführt und stark beworben. Der Fachbuchautor Eduard Rhein bezeichnete die Ultrakurzwelle als "Welle der Freude". Obwohl die Grundlagen der Sende- und Empfangstechnik bekannt waren, glaubte man, dass UKW nur auf Sichtweite im Drei-Meter-Band in guter Qualität empfangen werden könnte. Aus diesem Grund wurden zahlreiche Regionalsender geplant, um zumindest einen störungsfreien Empfang eines Programms tagsüber und insbesondere in den Abendstunden zu gewährleisten.
Ursprünglich wurde für den UKW-FM-Rundfunk der Frequenzbereich von 87,5 bis 100 MHz freigegeben. Am 1. Juli 1987 wurde dieser Bereich auf 87,5 bis 104 MHz erweitert, und am 1. Januar 1996 wurde der Bereich auf 87,5 bis 108 MHz erweitert.
Bekanntmachung in „Das Radio-Magazin“, Heft 7/1949
Ende Februar/Anfang März 1949 wurden Versuchssender in München und Hannover für UKW in Betrieb genommen, gefolgt von Hamburg, Berlin, Nürnberg, Frankfurt, Kassel und Stuttgart mit UKW-Sendern höherer Leistung bis Jahresende. Allerdings fehlten noch Empfänger für UKW-Signale. Die Sendeanstalten erinnerten sich an die Kreativität der Amateure aus den Anfängen der Funktechnik und ermutigten Konstrukteure im Frühjahr 1949 zur Entwicklung preiswerter UKW-Empfangsteile. Die ersten Ergebnisse wurden im Oktober 1949 von einem Preisgericht bewertet und prämiert. Bis 1949 gab es bei den Radioherstellern nur Empfänger, die für amplitudenmodulierte Sendungen geeignet waren und deren Mittelwellenbereiche teilweise bis 1605 kHz erweitert waren, um auch Sender im damaligen "Grenzwellenbereich" (unterhalb von 200 m) empfangen zu können.
Im Jahr 1950 kamen nur wenige Radios mit integriertem UKW-Teil auf den Markt, die meisten waren lediglich "vorbereitet" für den Empfang von frequenzmodulierten Sendern. Stattdessen gab es Einbau-Aggregate in verschiedenen Qualitäts- und Preisbereichen. Zu dieser Zeit bevorzugte man die Pendelrückkopplung, von der bereits seit Mitte der dreißiger Jahre bekannt war, dass sie für den Empfang von UKW-Signalen geeignet war.
In der November-Ausgabe von 1949 äußerte sich ein "Radio-Händler" positiv zur Pendelrückkopplung wie folgt: "Wussten Sie, dass aller Voraussicht nach bei geeigneter Abwandlung das Pendelrückkopplungsaudion die zweckmäßigste Lösung der Empfangs- und Demodulationsfrage bei UKW-Empfang darstellen wird, da bisher kein günstigerer Kompromiss zwischen Preis und Leistung gefunden wurde..."
Inserat aus der „Funkschau“, Heft 6/1949
Einfache Pendel-Rückkoppler konnten benachbarte Empfänger stören, wenn sie keine entsprechenden Kunstschaltungen hatten. Daher wurden sie in der Regel durch Vorstufen ergänzt. Von den 46 UKW-Zusatzgeräten, die im Modelljahr 1950/51 angeboten wurden, arbeiteten die meisten, nämlich 33, als Pendler und nur 13 als Superhet. Letztere waren für größere Geräte erhältlich, wobei anfänglich noch die multiplikative Mischung bevorzugt wurde. Geräte der Mittelklasse, wie zum Beispiel der Jupiter MU von Philips, mussten sich meist mit einem Pendler mit Flankengleichrichtung begnügen. Die Bedienungsanleitung empfahl, den Empfänger nicht auf die Sendermitte (Maximum) einzustellen, sondern etwas links oder rechts davon. Zu dieser Zeit war das Magische Auge bei UKW-Empfangsteilen dieser Art noch nicht in Funktion.
Um Radios, die nicht für den Einbau eines UKW-Teils vorbereitet waren, zu ergänzen, konnte man separat aufstellbare Zusatzgeräte kaufen, die über Tonabnehmerbuchsen an Radios jeder Art angeschlossen werden konnten, auch an Vorkriegsmodelle. Diese temporären Lösungen verschwanden jedoch schnell wieder. Schon im Jahr 1951 wurde UKW zum Standard. In vielen Gebieten war der abendliche Mittelwellenempfang so schlecht, dass die Ultrakurzwelle nicht mehr als zusätzliches, sondern teilweise bereits als Hauptempfangsgebiet angesehen wurde. Nur den kleinen Zweit- und Küchenradios wurde aufgrund der Kosten der technische Aufwand für den Empfang von UKW-Signalen noch nicht zugestanden.
Im Jahr 1950 bot Telefunken drei verschiedene Versionen von UKW-Empfängern an. Das Chassis UKW 4 war mit ECH 11, 2 x EF 14 und EAA 11 ausgestattet und konnte nachträglich in die Modelle Operette, Viola, Lyra und Csardas eingebaut werden. Als Unterbaugerät mit eigenem Netzanschluss wurde die Type UKW 5 B angeboten. Das dritte Modell war der "UKW-Spezial-Empfänger" UKW 6 A, der neben den zuvor genannten Stahlröhren auch ECL 11 und AZ 11 enthielt. Zu einem Preis von DM 348.- glaubte Telefunken wirklich, ein Gerät verkaufen zu können, mit dem 1950 in der Regel nur ein Sender empfangen werden konnte? Kein Wunder, dass die Erstauflage der auf den Markt gekommenen UKW 6 A zu Ladenhütern wurden. (Sammlung Dr. Windisch)
Zunächst konnte das Thema "Bezirksempfang auf UKW" abgehakt werden. Allerdings waren weder die HF-technischen Möglichkeiten noch die zu erwartenden Vorteile der neuen NF-Frequenzbreite vollständig ausgeschöpft. Es war an der Zeit, dass sich die Entwickler mit geeigneten Maßnahmen zur Perfektionierung der Empfangsgeräte auseinandersetzten. Dazu waren auch neue Funktionsteile und Röhren erforderlich, die nicht nur für den Kurz-, Mittel- und Langwellenempfang, sondern auch für UKW geeignet waren.
Die rundfunktechnischen Entwicklungslabors der bedeutenden Werke befassten sich nun intensiv mit solchen Problemen, deren Techniker sich im Klaren darüber waren, dass die Erforschung viel Zeit in Anspruch nehmen würde. Der Hörer, der zuvor auf dem Mittelwellenband keinen ungestörten Empfang mehr hatte, erwartete noch keine Klangwunder und war von der "Welle der Freude" von Anfang an begeistert. Auch im Ausland, wo die Empfangsverhältnisse oft nicht viel besser waren, wurde neugierig auf die neue deutsche Technik geschaut. In Italien waren Ende 1950 bereits acht UKW-Sendestationen in Betrieb, und die Finnen bekundeten großes Interesse und baten Dr. Nestel nach Helsinki, wo Telefunken einen UKW-Versuchssender installierte. Die mit diesem Sender erzielten Reichweiten und die Güte der Modulation waren allgemein überraschend gut. Schweden erhielt etwas später auch einen solchen Versuchssender und im Februar 1952 wurde in "radio mentor" berichtet, dass die Hälfte des Jahreskontingentes von 4 Millionen skr. für die Einfuhr von Radiogeräten aus Deutschland nach Schweden freigegeben wurde. Das war ein Aufbruchssignal für die deutsche Funkindustrie.